Todesangst in der Nordeifel. Jean-Louis Glineur
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Читать онлайн книгу Todesangst in der Nordeifel - Jean-Louis Glineur страница 6
Jana Kohlstock schnäuzte sich und dachte einen Augenblick nach.
„Das Auto war recht hoch und kurz. Zwei Türen, steile Heckklappe. Ich finde, er hatte mehr einen Touch von einem Geländewagen.“
Google spuckte ein Foto von einem Toyota Landcruiser aus, aber die Kohlstock schüttelte energisch mit dem Kopf. „Es war keine dieser bekannten Automarken.“
Ich ging auf die Suche nach einem DKW Munga, aber auch hier verneinte sie. Hoch, kurz und kein bekannter Name. Ich überlegte und gab den nächsten Namen in die Suchmaschine.
„Das …das ... das ist er! Das ist er ganz sicher. Aber das Auto von dem Typ war weiß und ziemlich verrostet. Und es hatte ein Euskirchener Kennzeichen. Daran erinnere ich mich auch noch.“
Kalter Schweiß stand auf der Stirn von Jana Kohlstock. Ich zwinkerte ihr zu und legte ihr die versprochenen 50 Euro auf den Tisch und bezahlte auch die drei Hemden von Masso Giotto.
Ich musste telefonieren, Welsch anrufen und meine Partnerin erreichen, die heute offenbar verschlafen hatte. Anne und ich würden viel Arbeit haben. Der Hemdenkäufer fuhr einen Lada Niva.
Kapitel 4
Ich entschied mich anders und rief Kommissar Welsch nicht an. Seinen Tobsuchtsanfall wollte ich mir nicht entgehen lassen und fuhr zur Polizeistation Schleiden.
„Verdammte Scheiße! Verdammte Anfänger! Wieso wissen wir nichts von dem Lada? Den Kollegen, der das verbockt hat, werde ich in der Luft zerreißen!“
Welsch kannte keine Bremse und hämmerte wie ein Wilder auf den Schreibtisch. Bei seiner Körpermasse ging ihm die Energie bald aus und er schnaubte wie ein Nilpferd. Der Kollege, den er zusammenstauchen wollte, tat mir irgendwie Leid.
„Es ändert nichts an der Tatsache, dass wir jetzt einen Schritt weiter sind. Der Schupo konnte doch nicht ahnen, dass so ein Typ frech mit seinem Auto in die Fußgängerzone fährt. Und wenn die Verkäuferin bei seinem Besuch auch noch ihre Tage hatte, war sie auch nicht so fit.“
Welsch überlegte und spielte nervös mit einem Bleistift, den er immer noch wütend in der Mitte zerbrach. Er nahm den Hörer vom Telefon und schnauzte: „Ich will eine Aufstellung aller Euskirchener Autokennzeichen, die in den letzten sechs Monaten gestohlen wurden. Und das sofort!“
Ich lehnte mich gegen die Fensterbank und roch den Schweiß von Kommissar Welsch. Wenn er sich aufregte, schwitzte er aus allen Poren. Ich schnipste ihm eine Gauloises mit zwei Fingern und Welsch steckte sie in den Mund. Der nächste Tobsuchtsanfall war vorbestimmt, denn er zündete versehentlich das falsche Ende an und schmeckte verbrannten Filter. Ich warf ihm die restliche Schachtel auf den Schreibtisch. Nur für den Fall, dass er noch mehr Filterstücke abbrennen wollte. Er sog den Rauch tief in die Lungen und sah mich an. Wir schwiegen einige Augenblicke, bis ein Polizist mit einer Liste in das Büro trat.
„Elf gestohlene Autokennzeichen im Kreis Euskirchen in den letzten sechs Monaten. Eines ist in München aufgetaucht. Wurde bei einem Banküberfall benutzt. Wurde auf einen Audi geschraubt, den man in Unterhaching fand. Ein anderes Kennzeichen wurde für einen Überfall auf eine belgische Bank in Lüttich benutzt. Ein BMW, den die Gauner in der Nähe von Robertville abstellten und abfackelten. Die anderen sind nicht mehr aufgetaucht.“
Mein Handy klingelte. Anne meldete sich endlich und war jetzt im Büro. „Ich komme gleich. Bin noch bei unserem Freund Welsch und versorge ihn mit Zigaretten und Informationen.“
Welsch deutete eine Ohrfeige an und grinste unmittelbar. Es war unser guter Ton.
Kapitel 5
Auf der Fahrt nach Dedenborn jagte ich den Honda über die alte Panzerstraße von Schleiden nach Herhahn. Wenn ich nachdenken muss, fahre ich am liebsten schnell, und ich kenne die Strecke wie im Schlaf. Ich dachte an Marianne Belder, ehemals Zeyen. Seit der Schulzeit hatte ich sie nie mehr gesprochen und sie war meine erste große, wenn auch unerfüllte Liebe. Ihre Augen hatten mich schon als Teenager fasziniert. Große, traurige Augen. Sie schaute nie an einem Menschen vorbei, sie schaute ihm immer gerade in die Augen.
Ich erinnerte mich, dass sie mit siebzehn Jahren auf dem Rückweg von einer Fete überfallen und in ein Gebüsch gezerrt wurde. Den Vergewaltiger konnte man schnappen, denn er war einer unserer Klassenkameraden. Ich habe keine Regung empfunden, als er sich in der Untersuchungshaft das Leben nahm. Marianne blieb erhobenen Hauptes, wie sie immer gewesen war. Nur das Leuchten in ihren Augen erlosch und der gerade Blick in die Augen anderer wurde selten.
Viele Jungs wussten nicht, wie sie mit einer vergewaltigten Frau umgehen sollten. Angst, ihr zu nahe zu treten, Angst sie mit dummen Witzen zu verletzen? Die ersten Monate nach dieser Tat sah man sie selten. Nur in der Schule. Ich mied sie nicht und verbrachte oft den Nachmittag mit Marianne. Manchmal machten wir auch gemeinsam Schulaufgaben oder lernten für eine Klausur.
„Ich weiß, dass du mich sehr lieb hast“, sagte Marianne irgendwann. „Du bist der einzige, der mich auch mal in den Arm nehmen darf.“
Das war 23 Jahre her. Es kam mir vor, als sei es gestern gewesen. Es waren noch keine acht Stunden vergangen, ich hatte einen neuen Auftrag, Wehmut nach meiner ersten großen Liebe und musste Anne noch berichten, was heute geschehen war. Anne saß am Schreibtisch und grinste: „Ich habe deine Küche auf Vordermann gebracht, bevor das die Maden tun.“
Ich berichtete ihr von dem Mord zwischen Broich und Winzen, vom Besuch von Wolfram Belder und zeigte ihr die Zeitungsberichte über den Überfall auf Marianne. Und ich holte alte Fotoalben aus dem Wohnzimmer und zeigte ihr alte Bilder von Marianne.
Anne war geblieben. Für sie war das Gästezimmer die zweite Heimat, wenn wir bis tief in die Nacht arbeiteten oder redeten. Wir waren nie ein Paar, waren nie miteinander ins Bett gestiegen und wie Bruder und Schwester. Über ihre Liebschaften sprach sie selten. Anne ist ungeheuer attraktiv, sportlich und als Blondine in den Augen vieler Männer Frischfleisch. Sie wissen nicht, auf welche Abfuhr sie sich einlassen, wenn sie Anne mit zu plumper Anmache ankommen.
Kapitel 6
Wolfram Belder rief bereits gegen acht an und ließ das Telefon durchklingeln. Ich schälte mich aus dem Bett.
„Marianne ist gestern in eine Klinik eingewiesen worden. Ihre Depressionen waren immer stärker geworden und gestern ist sie fast durchgedreht, als sie von dem Mord an dem jungen Mädchen hörte.“
„Wo ist sie?“
„Der Psychiater hat sie in die Rheinklinik in Bad Honnef eingewiesen. Da gibt es meistens Wartezeiten, aber sie haben sie als Akutfall aufgenommen und ruhiggestellt.“
„Ist es eine... eine...?“
„Nein,