REVOLUTIONÄRE. Jacques Varicourt

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REVOLUTIONÄRE - Jacques Varicourt

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Kommune die Koffer sowie die Kartons gepackt. Drei riesige Umzugswagen waren erforderlich, um alles, was Harry und Co. nicht zurück lassen wollten, korrekt sowie unbeschädigt unterzubringen. - Es war an einem Mittwoch, als die Wagen sich langsam, Richtung Osten, in Bewegung setzten. Die Münchner Kommune war ebenfalls, komplett, mit dem Flugzeug nach Berlin-West gereist, weil Heiner ihnen, aus politischen Gründen, dazu geraten hatte. Ja, und am Freitag, dem 15. März 1968, spät am Abend, war dann endlich alles unter Dach und Fach, in Berlin, in der neuen WG, die frisch renoviert war und zudem sogar noch etwas luxuriöser war, als das, was man in München zurückgelassen hatte. Die Zimmer (sowie ein Gemeinschaftszimmer) erschienen höher, der Ausblick war irgendwie spannender und die Berliner waren auch irgendwie netter, als die Münchener Bevölkerung, redete Biggi den anderen immer wieder energisch ein. „Ich müsst da nur mal eben mehr drauf achten, dann werdet ihr mir schon recht geben,“ verkündete sie beim gemeinsamen Abendbrot. Harry sagte: „In den nächsten Tagen werde ich mich mit Rudi Dutschke treffen. Vielleicht gelingt es mir, ihn, hierher einzuladen, denn von dem, können wir alle noch was lernen.“ Doch soweit kam es unglücklicherweise nicht mehr.

      Am Donnerstag, dem 11. April, schoss der völlig unbekannte Hilfsarbeiter „Josef Bachmann“ vor dem Büro des SDS am West-Berliner Kurfürstendamm dreimal auf Rudi Dutschke. Zweimal traf er ihn in den Kopf, und einmal in die linke Schulter. Dutschke erlitt lebensgefährliche Gehirnverletzungen und überlebte nur ganz knapp nach einer mehrstündigen Operation. Die Linken in Deutschland, besonders in Berlin, waren geschockt. Ina, Biggi und Penny weinten den ganzen Tag und rauchten Hasch. Harry, Sunny und Jimmy verfolgten hingegen die Meldungen zum Attentat auf Dutschke im Radio, und später dann im Fernsehen, bevor sie der Springer-Presse blutigste Rache schworen. - Es war so um 23 Uhr, da marschierten mindestens fünftausend Menschen, aufgeheizt, mit Schaum vor dem Mund und grölend, zum Hochhaus des Springer-Verlags. Dort trafen sie auf ein großes Polizeiaufgebot, das bereits, gut vorbereitet, auf sie gewartet hatte. Ina, Penny und Biggi schrien unnatürlich laut, sowie hysterisch vor sich hin; hierbei beschimpften sie die Polizisten als militante Nazischweine. Harry, Sunny und Jimmy schmissen wutentbrannt Scheiben ein, sie waren völlig außer Kontrolle, keiner konnte sie aufhalten. Im allgemeinen Hass-Ausbruch, wurden von ihnen, sowie von vielen anderen, die unverkennbaren Auslieferungsfahrzeuge des Springer-Konzerns angezündet oder umgekippt, die Stimmung war so aggressiv, dass das alles an den Beginn eines weiteren Krieges erinnerte, der nicht mehr aufzuhalten war. Es war, ohne wenn und aber, der Auftakt für Straßenschlachten, und zwar „nicht nur“ in Berlin, sondern auch in anderen deutschen Großstädten, die Revolution hatte ihren Anfang genommen. - Irgendwann endete die Demo jedoch.

      Harry und Co., besonders Harry, Sunny und Jimmy hatten einiges abbekommen. Von den Polizeiknüppeln schwer gezeichnet, ließen sie sich von Ina sowie Biggi, daheim in der WG, fürsorglich verarzten. Penny baute unterdessen für jeden einen Joint, goss die Rotweingläser immer wieder voll und legte Musik von den Rolling Stones auf. Dazu tanzte sie, mit einem glimmenden Joint in der Hand. Sie war ganz woanders mit ihren Gedanken, aber das störte niemanden. Es war offensichtlich, dass nicht nur Hasch für ihre gute Laune der Auslöser war, Penny hatte gespritzt. Das wurde einen Tag später zu einem Thema, weil die anderen sich benachteiligt fühlten. Harry sagte, zu den anderen, die vor ihm, mit glasigen Augen, auf dem Boden hockten: „Wer mit anderen Revolutionären nicht teilt, oder nicht spritzt, der, oder von mir aus, diejenige, hat alle Eigenschaften eines faschistischen Kontra-Revolutionärs, und dieses Subjekt ist somit auf dem besten Wege sich in ein reaktionäres, kapitalistisches Weltbild einzufügen, welches letzten Endes nur dem Faschismus dient.“ Penny sagte daraufhin: „Wir sollten alle ganz generell auf Heroin umsteigen, oder Hasch und „H“ im Wechsel nehmen, ich teile gerne mit euch, schließlich will ich nicht als kontra-revolutionäre Faschistin abgestempelt werden. Bisher haben wir das Heroin aus Amsterdam ja immer weiterverkauft, das ist zwar in Ordnung, aber die Wirkung kommt irgendwie viel intensiver als Hasch. Ich habe noch etliche Tütchen da, das reicht für einige Tage. Und wenn der Stoff alle ist, dann kaufen wir eben neuen. Also, was ist, Leute?“ „Woher hast du überhaupt die Kohle für den Extra-Stoff?“ Fragte Sunny. „Das solltest du Jimmy fragen.“ Also sah Sunny zu Jimmy. Und der meinte nur ganz lapidar: „Ich habe einen Vertrag bei einem Musikverlag, per Post, in Hamburg unterschrieben. Und die haben mir vorab, für meine Kompositionen, 10.000 Mark auf mein Konto überwiesen, damit ich denen nicht untreu werde. Vielleicht steige ich auf lange Sicht, bei denen sogar mit ein. Das sind alles intellektuelle Anti-Faschisten, und guten Stoff liefern die mir, oder von mir aus: Uns-, auch noch, damit mir die Ideen nicht ausgehen, wenn ich am Komponieren bin. Die haben ne´ gute „Connection“ in den mittleren Orient; das mit Amsterdam wird in Zukunft nicht mehr unbedingt notwendig sein. Versteht ihr?“ Alle klatschten begeistert, fast schon euphorisch, in die Hände. Jimmy sagte: „Tja, damit wäre das Problem Heroin, für alle, ja wohl gelöst, wenn wir mal Bock drauf haben, oder?“ Ina küsste ihn daraufhin auf den Mund, und auch Harry strahlte vor Freude. Penny sowie Biggi grinsten allerdings nur so eigenartig vor sich hin, bevor sie sich küssten, um dann, im Gemeinschaftszimmer, vor den Augen der anderen, miteinander zu schlafen. Als die anderen, Penny und Biggi, so zusahen, wie sie es miteinender trieben, da verspürten sie auch „kollektiv“ eine irre Lust... Harry stürzte sich auf Ina, Jimmy und Sunny holten ihre Pimmel raus, und holten sich, jeder für sich, einen runter. - Und nachdem jeder, also alle 6, sich befriedigt fühlten, da wurde was zu saufen aus der Küche geholt, und man knallte sich die Birne zu, bis nichts mehr ging. Der nächste Morgen wurde mit einer Flasche Wodka begrüßt, 2 glimmende „Tüten Hasch“ machten die Runde, das Radio lief, Penny öffnete die Fenster im Gemeinschaftszimmer, ja und Harry blätterte in einem Buch herum, welches sich mit der Revolution und dem Sozialismus, zu Beginn des 20igsten Jahrhunderts, in Deutschland beschäftigte. Durch die Wirkung des Haschisch und des Wodkas, kam schon sehr bald eine sehr entspannte, gedämpfte Stimmung auf, die auf Jimmy jedoch inspirierend wirkte. Erst erhob er sich-, dann „verzog“ er sich, wie in Zeitlupe, in Richtung seines Zimmers, um einen Songtext zu schreiben, der sich mit der Revolution und dem Anti-Faschismus beschäftigten sollte, ließ er noch kurz die anderen wissen, bevor man ihn für den Rest des Tages gar nicht mehr sah.

      Heiner´s Ratschläge

      Bis tief in den November 1969 hinein lebte die Kommune unter dem Eindruck von Drogen, Alkohol und politischen Parolen. Man registrierte, mehr und mehr, die Gewaltbereitschaft der Studenten, die Umbruchstimmung, und Willy Brandt seinen weltbewegenden Satz: „Wir wollen ein bisschen mehr Demokratie wagen.“ Diese paar besinnlichen Worte hatten alle irgendwie verändert. Brandt war plötzlich der politische Übervater, der „immer“ recht hatte, der ständig zitiert- und für alles Mögliche herhalten musste, wenn die Argumente zu dünn waren, um selber einen Weg zu finden, der annehmbar sowie vertretbar war, in einer politischen Diskussion. Dennoch wurde auch weiterhin kräftig diskutiert, demonstriert und analysiert, vor allem, wenn es zu politischen Abweichungen innerhalb der WG kam. Harry sein Stuhl begann zu wackeln, er hatte den Bogen, mehr als nur einmal, überspannt. Seine ständigen Phrasen, sein ständiges Genörgel, seine ständigen Unterstellungen, dass die, oder der, nicht revolutionär genug sind oder seien, bzw. zu faschistisch sind, nein, diesen Schwachsinn konnte keiner mehr hören. Während Jimmy den ganzen Tag mit seiner Gitarre in seinem Zimmer verbrachte, und alternative, politische Musik schrieb, mussten die Frauen ständig: Putzen, waschen, bügeln sowie einkaufen - und allzeit bereit sein, weil man (also Harry, Jimmy und Sunny) das damals in München so festgelegt hatten, und keinen Grund sahen, dass das geändert werden sollte. Unter diesem Aspekt übernahm kurzerhand Sunny die Führung. Harry lag aufgrund dieser politischen sowie menschlichen Niederlage, wie er sie bezeichnete, meistens mit Heroin vollgepumpt in seinem Bett, hörte Musik oder las irgendetwas über Marx. Das Gemeinschaftszimmer bezeichnete er als: „Brutstätte des Faschismus mit kontra-revolutionären Marionetten, die überhaupt nichts begriffen hätten.“ Seine Mahlzeiten brachte ihm fortan Ina ins Zimmer, denn er wollte mit den anderen nicht mehr an einem Tisch sitzen, weil sie ihm zu spießig, zu kontra-revolutionär und zu faschistisch waren. „Das ist doch völliger Blödsinn, was du da hinter unserem Rücken behauptest,“ hatte Sunny zu ihm gesagt. Aber Harry interessierte die Meinung von Sunny und den anderen nicht mehr, sie hatten bei ihm verschissen. Er war bereits auf einem eigenen Trip,

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