Sie wollen doch betrogen werden!. Michael Aulfinger

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Sie wollen doch betrogen werden! - Michael Aulfinger

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Ware bekam, hatte er sich unter anderem eine Prepaid-Karte fürs Handy zugelegt, um seine telefonischen Bestellungen bequem von zu Hause aufgeben zu können. Auf seinem Sessel machte er es sich bequem, und ließ die schlanken Beine langgestreckt baumeln. In der rechten Hand hielt er das Telefon und sprach zielgerichtet und selbstbewußt mit den freundlichen Herrschaften von der Auftragsannahme. In der linken Hand hielt er dementsprechend zum jeweiligen Telefonat den dazugehörigen Katalog, und rasselte die Bestellnummern herunter. Es machte einen Heidenspaß, und er wurde allmählich süchtig, nach dieser Form der Selbstbefriedigung. Warnungen von seinen Freunden wie Jule und Thomas hatte er in den Wind geschossen.

      Und wenn? Er brauchte diesen Kick.

      Na und? Andere machen Bungee Jumping und springen 100 Meter tief vom Fernsehturm. Jeder braucht wohl für sich seinen speziellen Adrenalinschock. Er lehnte sich wohlgefälliger zurück, und wählte die nächste Nummer für die nächste Bestellung.

      Manchmal bestellte er auch per Post, weiterhin unter verschiedenen Namen. Martin Koslowski befand sich inzwischen auch auf der schwarzen Liste. Er mußte lachen. Dieser böse Bube.

      Einen Flurschrank vom Versandhaus Otto benötigte er dringend.

      Die Firma Impressionen lieferte ihn im Wert von zweihundert Euro ein wunderschönes modernes Regal. Das neueste Badezimmerdesign. Es gefiel ihm sehr gut, und beim anschauen fiel ihm ein Werbespruch einer Firma ein, bei dem er schmunzeln mußte: ...und Papi hat nicht einen Pfennig dazu bezahlt.

      Bei der amerikanischen Firma Amway probierte er eine neue Masche aus, indem er sich als angeblichen Vertreter anstellen ließ. So lieferten sie ihm Sanitätsprodukte im Wert von 2000,- Euro, vom Duschgel über Körperlotion, Spray bis zum Haargel. Viele Kartons stapelten sich in seiner Wohnung. Es war so viel, daß er einiges an Freunde verschenkte. Was sollte er auch damit. Er konnte spendabel sein, wenn er genug hatte. Dies war sein positiver Charakterzug Dann ließ er sich nicht geizen. Nur leider hatte er nicht immer genug.

      Zu Weihnachten hatte er zum Beispiel Jule und Thomas auch reich beschenkt. So richtig wollten sie gar nicht wissen wo die Geschenke herkamen. Sie konnten es sich denken, doch wollten sie sich damit nicht belasten, obwohl ihnen bewußt war, daß es unbezahlte Ware sein könnte, ja sicherlich wahrscheinlich war. Artig nahmen sie die Geschenke an.

      An den Weihnachstagen waren sie bei Jules Mutter zum Essen eingeladen. Es gab bekannter weise immer reichlich und gut zu essen. Dies nutze er auch gut aus, und griff reichlich zu, aber mehr als essen konnte er auch nicht. Der Gänsebraten war hervorragend. Dazu gab es Knödel mit Rotkohl und viel Soße. Bald konnte er nicht mehr. Aber es war besser als das ständige McDonald-Essen.

      Den Heiligabend, hatten sie bei Rebecca zugebracht. Ihr Freund Martin, und ihr Sohn waren auch anwesend. Nach dem Essen spielten sie alle am Tisch sitzend ein Spiel, bei dem man würfelnd ein eingepacktes Geschenk – deren Inhalt unbekannt war - aus einem Haufen sich aussuchen konnte, das dann spielend von anderen wieder weggenommen wird, wenn dieser eine eins oder sechs würfelt. Aber beim nächsten Würfeln, hat man die Chance sich dieses wieder zu erlangen, oder sich ein anderes auszusuchen.

      Sie saßen zu acht am Tisch. Es machte ihm viel Spaß, aber was ihm wichtiger war, zum ersten Mal im Leben erlebte er so etwas, wie eine familiäre Atmosphäre, die er vorher gar nicht so kannte. Im familiären Kreis den Heiligen Abend zu verbringen war ihm bisher oft versagt geblieben. Entweder war er bisher alleine, oder es wirkte in den Jugendheimen künstlich, kalt, und unnatürlich fröhlich. Er fühlte sich wohl, und deshalb war er auch eingeladen worden, um ihm so etwas wie einen familiären Abend geben zu können, denn es war allgemein bekannt, daß er nicht immer ehrlich war. So sollte ihm auf dieser Art geholfen werden, beziehungsweise ihm eine gewisse Stütze im Leben gegeben werden.

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