Sie wollen doch betrogen werden!. Michael Aulfinger

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Sie wollen doch betrogen werden! - Michael Aulfinger

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mit Sabine befreundet. Er hatte inzwischen eine Anstellung als Kurierfahrer erhalten, deren Touren ihn überallhin innerhalb Europas führte. Die ganze Woche über war er unterwegs. In seinem Jumper Kastenwagen von Peugeot brachten die Touren ihn von Portugal bis Schweden, und von England bis Österreich. Seinen Golf hatte er auf Harrys Namen angemeldet, weil er sich davon einen Vorteil versprach. Auch wenn Harry keinen Führerschein hatte, konnte dieser trotzdem Eigentümer eines Kfz sein. Der Vorteil wäre auch weiterhin beständig gewesen, wenn nicht eines Tages, als Thomas sich gerade auf einer Tour befand, der Golf einen größeren Schaden gehabt hätte. Sabine wußte nicht, daß Thomas der eigentliche Eigentümer des Golfes war. So war sie erstaunt, als Harry bei ihr in der Vorweihnachtszeit vorsprach, und um eine größere Summe Geld bat.

      „2000,- Mark möchtest Du, das ist aber viel Geld. Das wäre alles was ich habe.“

      Zähneknirschend ließ sie Harry ins Wohnzimmer treten.

      „Ich weiß,“ Harry blieb in seiner äußeren netten Art ruhig und bescheiden. Aber er hatte herausbekommen, daß man auf der Freundschaftstour reitend viel mehr erreichen konnte.

      „Aber Thomas hat es mir versprochen, und wenn ihr mal Hilfe braucht, bin ich sofort da, und helfe euch. Wir sind doch Freunde, oder?“

      Er lächelte Sabine herzerwärmend an, so daß sie gar nicht anders konnte.

      „Also, gut. Nur muß ich mich noch mal absichern. Dafür hast Du sicherlich Verständnis. Thomas ruf ich auf dem Handy an. Er müßte noch in Schweden sein, wenn er sein Einverständnis gibt, bekommst Du das Geld, aber nur unter der Voraussetzung, daß ich es so bald wie möglich wieder bekomme, schließlich ist es alles was ich habe, und ich habe lange darauf gespart.“

      „Aber natürlich. Ich verspreche es.“ Harry legte wie unter Eid seine rechte Hand auf seine Brust, worunter sich sein Herz befand.

      Sabine griff nach dem Handy und wählte Thomas Nummer. Die Verbindung war schlecht, so daß sie nicht lange reden konnten. Der Ton war miserabel, so daß nur Wortfetzen an ihr Ohr drangen. Sie fragte ihn nur, ob es in Ordnung sei, wenn sie Harry für das Auto Geld leihen würde. Eine Summe wurde nicht genannt. Thomas bejahte es am anderen Ende, und schon war die Leitung unterbrochen. Danach ging sie beruhigt mit Harry zur Sparkasse. Eine halbe Stunde später bedankte sich Harry recht nett für die 2000,- DM in bar, und ging auch gleich weiter.

      Als Thomas wieder aus Skandinavien zurück war, klärte es sich auf. Er hatte angenommen, daß es sich um eine geringere Summe handeln würde, und Sabine erfuhr, daß Harry gar keinen Führerschein, und auch gar kein Auto besaß. Sie suchte gleich Harry auf, aber außer einen Achselzucken inklusive der Bemerkung, daß er das Geld nicht mehr habe, bekam sie nichts. Wem wundert’s, das Sabine angesichts des Vorfalls an diesem Abend noch mit Thomas Schluß machte, mit der Bemerkung: „Schöne Freunde hast du. Betrüger nenn ich so was. Eigentlich müßte ich zur Polizei gehen und diesen Mistkerl anzeigen. In den Knast gehört er.“

      Thomas war äußerst schlecht auf Harry zu sprechen, doch schaffte dieser es immer wieder, Thomas an seiner weichen Stelle des Herzens zu erfassen. Ein treuer, bereuender Blick verbunden mit der Zusage, das dies wirklich nie wieder geschehen würde, gepaart mit einem eindringlichen Appell an die Freundschaft, und seine Wut ließ allmählich nach. Es ist nicht immer ein Vorteil, wenn man ein gutes Herz hat. Es besteht zu leicht die Gefahr, daß andere Mitbürger, die weniger Skrupel haben dies erkennen und radikal ausnutzen. So auch in diesem Fall. Sabine hat bis heute die 2000,- Mark nicht wieder gesehen.

      Kapitel 5

      Im Laufe der Zeit hatte Harry heraus bekommen, daß man sehr leicht Ware bestellen kann. In Warenhäusern, an Kiosken und anderswo kann man sich verschiedene Kataloge und Prospekte mitnehmen. Ein Anruf, und die neuesten Kataloge werden umgehend an die angegebene Anschrift versandt. Dann sitzt man zuhause auf der Couch und hat vor sich einen Stapel mit Prospekten und Katalogen. Harry, der ja arbeitslos war und dadurch viel Zeit hatte, stöberte Tagelang durch diesen Berg von angebotenen Konsumartikeln. Seine Gier wurde geweckt. In der Werbebranche gibt es den Begriff AIDA – Aufmerksamkeit, Interesse, Desire (Wunsch/Begierde, Aktion(Kauf). Bei ihm war es nicht anders. Er wollte die Sachen haben, ob er sie unbedingt benötigte oder nicht, war ihm einerlei. So wählte er in aller Ruhe aus, und bestellte das Erwünschte.

      Wenn die Ware kommt, kann man sich an ihnen erfreuen, oder unter der Hand weiter verkaufen, beziehungsweise Freunden schenken. Wer redet den von bezahlter Ware? Rechnungen, Zahlungserinnerungen und Mahnungen wurden umgehend dem Mülleimer überantwortet. Es interessierte ihn auch nie, wenn er nach einigen Malen bei der jeweiligen Firma wie Quelle nichts mehr bekam, und sie sein Einkaufskonto sperrten. Es gab ja noch reichlich andere Versandhäuser. Die Kataloge waren überall zu bekommen. In Ruhe setze er sich weiterhin auf seine Couch und suchte Neues aus. Da kam das Kind in ihm zum Vorschein, daß unbekümmert eine Liste der Wünsche wie vor Weihnachten zusammenstellt. Seine Wunschliste wurde immer umfangreicher.

      Allmählich verlor er auch die letzten Hemmungen und die Gier andere hereinzulegen artete in einem regelrechten Sport aus. Es war wie ein Zwang, der ihm immer neuere Methoden entdecken ließ.

      Ein Beispiel zeigt seine Naivität, und das diese Wirtschaftsform, in der einer für seine zur Verfügung gestellte Arbeit oder Dienstleistung ein Entgelt erhält, nichts für ihn war. Er begriff nicht, daß andere arbeiten und Ware verkaufen wollen, um leben zu können. Das dieser in sich greifende Zyklus die Grundlage unseres Wirtschaftssystems darstellt. Wenn es dann Subjekte wie Harry in unserer Gesellschaft gibt, die nur aus Spaß und Gier gemischt, Ware bestellen, ohne dafür den reellen Gegenwert zu entrichten, ist es nur eine Frage der Zeit bis die Konjunktur lahmt, die allgemeine Zahlungsmoral singt, und es noch mehr Arbeitslose gibt. So weit dachte Harry aber nicht. Damit wollte er sich nicht belasten, denn er wollte nur Spaß.

      Das oben angesprochene Beispiel beinhaltete, daß er sich in Hamburg zwei Autoradios, zwei Handys und drei Verstärker bestellte. Dabei hatte er natürlich nicht auf den Preis geachtet, und nur das Beste vom Besten bestellt. Wie ein Schneekönig freute er sich, als er die Ware in den Händen hielt. Nachdem die erste Euphorie verflogen war, überlegte er, was damit geschehen sollte. Er erinnerte sich an seine Freundschaft mit Thomas, und das dieser trotz aller Schwierigkeiten, die er ihm bereitet hatte, immer wieder zu ihm hielt. Das war Harry bewußt, so daß er es ihm mit einem neuen Autoradio und einem Verstärker zu danken gedachte.

      Die übrig gebliebenen Technikartikel machte er zu Bargeld. Er hatte Oliver aus dem kleinen Dorf Klein-Schretstaken kennen gelernt. Dieser hatte Beziehungen in Hehlerkreise, so daß jener Harry 400,- Euro für die Artikel gab. So hatte Harry eine Möglichkeit heraus bekommen, aus Ware Bargeld machen zu können, ohne arbeiten gehen zu müssen.

      Thomas sagte wegen dieser Illegalität nicht viel, weil er merkte, daß für ihn auch etwas abfiel. Damit ließ er sich regelrecht kaufen. Aber ihm war es auch um der Freundschaft willen gegangen. Öfters hatte er auch wegen Harrys Lebenswandel Streit mit ihm. Im Dezember kam einmal eine Telefonrechnung, für den gemeinsamen Anschluß, die sich auf 1500,- Euro belief. Harry hatte wegen seiner Bestellungen eben viel telefonieren müßen gab er lapidar als Erklärung ab. Es war notwendig. Das müßte Thomas doch verstehen. Damit war für ihn die Angelegenheit erledigt.

      Ein weiterer Streitfall war, als Harry eines Abends nach Hause kam, mit einem Autoschlüssel und dem dazu gehörendem VW Golf, einem Lautsprecher, einem Telefon, mehreren CDs und Levi’s Jeans. Die Polizei hatte ihn wegen Diebstahls angezeigt, aber nach ein paar Wochen wurde dieses Strafverfahren eingestellt. Immer mehr fühlte er sich unantastbar. Dieses erneute Erlebnis verstärkte das Gefühl das er sich alles erlauben könnte, ohne erwischt zu werden, immer mehr. Keiner kann mich erwischen, dachte er im geheimen.

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