Sie wollen doch betrogen werden!. Michael Aulfinger

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Sie wollen doch betrogen werden! - Michael Aulfinger

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heran, um das Gefühlte ergreifen zu können. Als er es mit den Fingern fassen konnte, riß er mit einem Schwung die Plastiktüte vom Holz ab. Sie war mit Tesafilm von unten angeklebt. Schnell sah er nach, und freute sich über dreitausendfünfhundert Mark. Hastig steckte er das Geld ein, und griff nach der fertig gepackten Tasche für Herrn Wenzel. Nachdem er die Tasche seinen Vorgesetzen übergeben hatte, und dieser mürrisch nachgefragte, warum es so lange gedauert hatte, ging Harry zu seinem Spind, und versteckte das Geld. Zuerst hatte er ein schlechtes Gewissen. Was ist wenn Herr Wenzel bald wiederkommt, wieder gesund ist, und nach dem Gelde sehen will? Dann wäre viel Ärger vorprogrammiert.

      Die nächsten Tage waren nervenbelastend für Harry. Ständig lebte er in der Furcht, daß eine Nachricht von Herrn Wenzel käme, daß er wieder gesund wäre. Aber auf das Geld, das sich bereits in seinen Händen befand, wollte Harry auch nicht verzichten. Bald kam aber eine Nachricht die von Herrn Wenzel handelte. Nach einer Woche wurde ihm bekannt gegeben, daß Herr Wenzel nicht mehr wiederkomme, da er am gestrigen Tage verstorben sei. Äußerlich ein betroffenes Gesicht machend, aber innerlich hoch erfreut, vernahm Harry diese Meldung. Jetzt konnte er entspannt das Geld ausgeben. Herr Wenzel brauchte kein Geld mehr, und seine Kinder wußten nichts davon. Ergo gehörte ihm das Geld alleine. Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Keiner vermißte es, so daß Harry nun beruhigt war. Nun war es ganz sein Eigentum. Dreitausendfünfhundert Mark waren für einen achtzehnjährigen viel Geld. Er sah es als seine Erbschaft an. Kein schlechtes Gewissen hatte ihn ergriffen. Warum auch? Wenn das Geld beim ausräumen der Wohnung gefunden worden wäre, hätte es sich eben jemand anderes in die Tasche gesteckt. Da war er sich sicher. Dann nahm er es lieber. Er gab das Geld bald aus.

      In den nächsten Wochen war der Alltag wieder eingekehrt, und es kamen dann die zu erwartenden Probleme mit den Vorgesetzen hinzu. Zunehmend kritisierte er die an ihn gerichteten Weisungen. Und seine Kollegen ließen sich auch nicht alles von diesem Anfänger gefallen.

      Es war nicht die richtige Arbeit für ihn. Täglich arbeiten, für so wenig Geld, und sich dann noch das Gemeckere von den Vorgesetzen anzuhören, daß war nicht sein Geschmack, war nicht seine Welt. Es mußte doch andere und bequemere Wege geben, sein Leben genießerisch zu gestalten. Wenig arbeiten, dafür aber an leicht zu beschaffendes Geld kommen, wie beim alten Wenzel. Das hatte ihm gefallen. Wenn sich wieder die Gelegenheit bot an so viel Geld zu gelangen, wollte Harry erneut zugreifen. Das nahm er sich ernsthaft vor. Er kündigte sein Arbeitsverhältnis im Seniorenwohnsitz, als er verdächtigt wurde einer Dame ihre Handtasche entwendet zu haben. Entrüstet über diesen unglaublichen Vorwurf blieb er von einem Tag auf den nächsten der Arbeit fern.

      Kapitel 2

      Das Burgtheater in Ratzeburg war ein Kino mit zwei Sälen und einer dazugehörenden Gastronomie. Dort konnten die Kinobesucher vor und nach dem Film Getränke und Essen zu sich nehmen. Der Besucheransturm hielt sich in Grenzen, aber das kulinarische Angebot war doch umfangreich.

      Harry hatte dort eine Anstellung als Kellner mit 18 Jahren bekommen. Der Chef führte ihn herum, und zeigte ihm alles. Dann machte er ihn mit den Kollegen bekannt.

      „Harry, du arbeitest mit Thomas zusammen. Versteht Euch gut, damit mir keine Klagen kommen. Thomas wird hinterm Tresen arbeiten, und Du wirst bedienen.“

      Er zeigte auf Harry, und damit war die Einweisung schon fast beendet. Danach zeigte er Harry noch, wo die Vorräte und die Gläser standen, worauf er auch bald verschwand. Bald darauf kam der Chef noch mal wieder, um die Benutzung der Kasse zu erklären. Es wurde auch Zeit, da die ersten Gäste zur Nachmittagsvorstellung schon eintrafen.

      Thomas erklärte Harry noch verschiedene Betriebsvorgänge, und dann ging es auch gleich los. Sie verstanden sich auf Anhieb gut miteinander. Thomas war gebürtiger Österreicher, Mitte 20 und ebenfalls von schlanker Gestalt. Seine Gesichtsform wirkte rundlich, obwohl er kein Gramm Fett zuviel hatte. Was Thomas gleich an Harry auffiel, war dessen penetranter Geruch, der eine Beleidigung für jede Nase war. Auch sonst machte Harry einen ungepflegten Eindruck. Thomas bemerkte für sich, daß Harry zwar menschlich einen guten Eindruck auf ihn machte, aber das dem Chef das ungepflegte Äußere sicherlich auch nicht entgangen sei.

      In den nachfolgenden Wochen hatten sich Harry und Thomas so gut verstanden und angefreundet, daß sie privat viel zusammen unternahmen. In der privaten Zeit besuchte Harry öfters Thomas zu Hause.

      Während einer Kinovorstellung, als im Lokal gar nichts los war, ging Harry zu seinem Kollegen, lehnte sich locker mit dem Rücken an den Kühlschrank und hatte dabei die Hände in den Taschen. Thomas merkte sofort, daß seinem Kollegen etwas drückte. Trotzdem wartete er, und sprach ihn nicht darauf an, während er gespülte Gläser in den Schrank einräumte.

      „Wir sind doch Freunde, oder?“ Harrys Frosch im Hals war nicht zu überhören.

      „Ja, denk ich schon. Wie kommst Du jetzt darauf?“

      „Ach nur so. Ich meine nur Freunde sollten doch einander helfen.“

      „Das find ich auch Harry, also sag schon. Was liegt Dir auf dem Herzen?“

      „Mein Vermieter hat mich gekündigt. Er will, daß ich sofort die Wohnung verlasse. Weißt Du, da sind noch cirka 4000,- Mark Mietschulden drauf, und ich habe nicht das Geld. Könnt ich erst mal bei dir unterkommen?“ Sein treuherziger Blick, dessen Ausdruck seine Wirkung nicht verfehlte, ließ Thomas Herz vor Mitleid erweichen. Zwar hatte er für den Bruchteil einer Sekunde, das Gefühl, das die Wohngemeinschaft ein Fehler sein könnte, aber sein gutes Herz ließ jeden schlechten Gedanken gleich verblassen. Sie gaben sich die Hand, und gleich am nächsten Tag zog Harry bei seinem Freund ein. Der Vermieter hat die ausstehende Mietschuld bis heute noch nicht gesehen.

      Die nächsten Wochen vergingen. Sie verstanden sich prächtig. Ein Grund des Ärgernisses war nur, daß Harry zum wiederholten mal beim fahren ohne Führerschein ertappt wurde. Thomas wurde dabei so wütend, daß er ihm eine gehörige Standpauke hielt. Harry hatte nämlich sein Auto zum fahren, ohne dessen Wissen, benutzt.

      „Mach das nicht noch einmal, sonst kannst Du dir eine andere Bleibe suchen.“ Seine Wut stieg, wenn er daran dachte das die Polizei, Harry, in seinem Golf erwischt hatte. Denn er war nun mal EU-Ausländer, und durfte sich in Hinblick auf eine Arbeitsgenehmigung nicht allzu viel Negatives zu Schulden kommen lassen.

      „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist,“ Harry mußte innerlich selber über seinen Wortwitz lachen. Aber Thomas sollte es nicht wissen, so daß er schnell eine bereuende Miene aufsetzte.

      „Ich mach es nie wieder, versprochen. Ich will doch nicht, daß Du Ärger bekommst.“ Sein Blick verfehlte auch diesmal wieder nicht seine Wirkung.

      Es war Sommer, als beide die Hiobsbotschaft zusammen erhielten.

      „Ihr seid sofort entlassen. Hier ist Euer restliches Geld, und jetzt verschwindet, ich will Euch nicht mehr sehen.“ Der Chef hatte sich in seiner kurz angebundenen Art schon umgedreht, und war im Begriff zu gehen, als Thomas ihn ansprach.

      „Warum denn, Sie können wenigstens sagen, was los ist, und uns nicht einfach so kommentarlos rausschmeißen.“

      „Na gut, wenn ihr es wirklich wissen wollt. Harry hab ich öfters drauf hingewiesen, daß er sich mal waschen sollte, aber seht ihn Euch mal an. Und stinken tut er immer noch. Die Kunden haben mich deswegen öfters schon angesprochen. Und der andere Grund ist, daß in letzter Zeit Ware verschwindet. Da mir handfeste Beweise fehlen, kann ich nur Mutmaßungen anstellen, aber ich habe da meinen Verdacht. Also verschwindet jetzt.“ Das war eine der längsten Reden, die der Chef je gehalten hatte. Er duldete auch keine Widerrede und war gleich

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