Die Legende der irischen Wolfskönigin. Gerhard Kunit
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Читать онлайн книгу Die Legende der irischen Wolfskönigin - Gerhard Kunit страница 2
Medbh schlug Ulgacha auf die Schulter und ihr Speer wies der Wagenlenkerin den Weg. Eilleans Streiterinnen folgten ihr in ungewohnter Schweigsamkeit, und so näherten sie sich unbemerkt.
Da taumelte einer aus dem Getümmel, die Hand an die blutende Stirn haltend. Seine Augen weiteten sich, als er Medbh und die anstürmenden Furien erkannte. Der Anblick der nackten Kriegerinnen mit den blauen Kriegsrunen erschreckte ihn ebenso, wie der von Wölfen gezogene Streitwagen. Er schrie und schlug seinen Gefährten auf den Rücken um sie zu warnen, doch letztlich stellten sich nur acht Kämpfer dem Ansturm entgegen.
Erstmals sah Medbh ihren Feind aus der Nähe. Einige kämpften mit Speeren, doch die meisten verließen sich auf kurzstielige Kriegsäxte. Die großen Rundschilde zeigten rote Strahlen auf einem dunkelgrünen Grund, und die Männer trugen hohe, seltsam gerundete Helme, die ihren bärtigen Gesichtern eine ungewohnte Form verlieh. Anders als die braunen, roten und blonden Coughnacht war das Haar der Fremden schwarz wie das Gefieder der Raben, schwarz wie Medbhs Haar, doch die braune Haut unterschied sich von ihrem bleichen Teint, war dunkler als bei allen Menschen, die sie bislang gesehen hatte.
Medbhs erster Wurfspeer traf auf den Schild eines breitschultrigen Hünen, und ihr zweiter Wurf durchbohrte seinen Hals. Während sie nach Fangzahn, ihrem Kriegsspeer griff, trafen die Furien auf die wankenden Verteidiger, doch deren Lederrüstungen waren mit Metallringen verstärkt und hielten den Stichen und Schnitten der leichten Klingen stand. Ulgacha lenkte Fangrir um die kurze Front herum, und Medbh griff aus der Flanke an. Ihr Stoß fuhr dem nächstbesten Gegner in die Seite. Er brach in die Knie und schrie, bis eine Klinge seine Kehle aufschlitzte.
Zwei Frauen sprangen über die hartnäckigen Söldner hinweg und fielen jenen in den Rücken, die den Dorfeingang berannten, doch eine dritte bezahlte den Versuch mit ihrem Leben. Medbh rächte die Tapfere auf der Stelle, konnte Fangzahn aber nicht mehr von dem zusammenbrechenden Kämpfer befreien. Der Anführer der Fremden wurde der Bedrohung gewahr und führte seine Männer gegen den Feind in seinem Rücken, wodurch der Druck auf die Verteidiger des Dorfes nachließ. Eine der Frauen fiel unter der Klinge seines Schwerts, und Medbh brüllte ihm ihre Herausforderung entgegen.
Zwei seiner Männer gingen dazwischen. Einen fällte sie mit einem wuchtigen Hieb ihrer Streitaxt und den anderen stieß sie mit ihrem Schild beiseite. Seine gellenden Schreie verrieten ihr, dass ihr die Wölfe das Weitere abnahmen, und sie fokussierte sich wieder auf den Recken, der seine blutige Klinge gerade aus einem leblosen, nackten Körper zog. Medbh stürmte auf ihn ein, und die Schilde prallten aneinander, während seine Klinge ihren Hieb parierte. Ihr Rückhandschlag kam ansatzlos – und wurde dennoch von seinem Schild abgefangen. Mit knapper Not tauchte sie unter seinem Gegenschlag weg, und sein Vorstoß brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie taumelte und hielt seinem Ansturm nur mit Mühe stand.
Furien eilten ihr zu Hilfe, doch seine Männer verstanden ihr Handwerk und deckten seine Flanken. Medbh sammelte sich und griff erneut an, doch seine ebenso ungewohnten wie wirksamen Kombinationen brachten sie in Bedrängnis. Ihr Schildarm schmerzte, und an ihrer rechten Schulter klaffte ein Schnitt, der ihren Hieben die nötige Präzision raubte. Da huschte ein Schatten hinter ihrem Gegner vorüber, und gleich darauf tauchte Eilleans Gesicht zwischen seinen Beinen auf. Sie lachte, während sie ihre Klingen nach oben stieß und die Innenseiten seiner Oberschenkel vom Knie bis zur Leiste aufschlitzte, und sie lachte, während sein Blut auf ihr Gesicht und über ihren Körper spritzte.
In stillem Einvernehmen stieß Medbh den Sterbenden zur Seite und sprang vor, um die am Rücken liegende Gefährtin zu schützen, doch mit dem Tod des Anführers brach auch der Kampfeswillen seiner Männer. Einige fielen noch unter den Streichen der wütenden Weiber, ehe die Übrigen die Waffen streckten und sich in ihr Schicksal ergaben. Noch heute würden sie als Opfer für die ewige Wölfin ihr Leben lassen, und das Leid der erschlagenen Coughnacht sühnen.
Ulgacha wollte Medbhs Schulter verbinden, doch sie winkte ab, streichelte Fangrir über den Nacken und stieg wieder auf den Wagen. In diesem Moment hörte sie vom Wald her den Jubel ihrer Männer, die ihre Gegner zwischen dem unerbittlichen Schildwall und den entfesselten Berserkern aufgerieben hatten. Einem Wolfsrudel gleich verfolgten die Schleuderer die wenigen Versprengten, die der tödlichen Umklammerung entkamen, und sie würden nicht ruhen, ehe der Letzte gefallen war. Dort gab es nichts mehr zu tun, und Medbh hoffte, dass ihre Berserker nicht allzu viele von Brynswicks Männern erschlugen, ehe Eibrins Lied sie besänftigte.
Sie sah sich um. Vier von Eilleans Kämpferinnen lagen tot auf der Kampfstatt und zwei der Männer aus dem Dorf. Zwei oder drei der Furien waren so schwer verletzt, dass wenig Hoffnung für sie bestand, doch angesichts der zwei Dutzend gefallenen Gegner und einem weiteren Dutzend Gefangener konnte sie mit dem Ausgang zufrieden sein. In diesem Moment hörte sie von der Küste her den durchdringenden Ton der Kriegspfeifen. Die Schlacht war noch nicht vorüber. Medbh suchte Fangzahn und ihre Wurfspeere zusammen, nahm das Feldzeichen mit der schwarzen Wölfin vom Wagen und schwenkte es Richtung Meer. Eibrin erwiderte das Signal vom Waldrand herab, ehe sie ihre Berserker in Marsch setzte.
* * *
„Maeve! Komm zu Dir! Maeve!“
„Mama?“ Die wasserhellen Augen des Kindes richteten sich auf Ari und die Krämpfe, die den kleinen Körper schüttelten verebbten.
„Ja mein Kind, ich bin deine Mama. Du hast geträumt.“ Sie schlang ihre Arme um das Mädchen und streichelte über ihren Kopf. „Es ist gut“, murmelte sie. „Es war nur ein böser Traum.“
„Nein“, sagte das Mädchen.
„Wieso nein?“, erkundigte sich Ari.
„Das war kein Traum“, sagte die Sechsjährige. „Ich war dort.“
„Wo warst Du?“, forschte Ari behutsam nach. „Willst du es mir erzählen?“ Maeve nickte heftig. „Du bist ja komplett durchgeschwitzt“, fuhr Ari fort, nahm ein Leinentuch und fischte ein frisches Nachthemd aus der Truhe. „Und du erzählst mir alles der Reihe nach.“ Sie half der Kleinen aus dem nassen Hemd und frottierte ihre langen schwarzen Haare.
„Ich war eine Prinzessin“, begann das Mädchen. „Ich trug einen reich verzierten Lederpanzer und einen langen Speer, und ich fuhr auf einem Wagen in den Kampf, der von Wölfen gezogen wurden. Wir mussten Bal Dochlan verteidigen, das von bösen Männern angegriffen wurde.“
„Bal Dochlan?“, unterbrach Ari mit seltsamer Unrast. „Wo hast Du das gehört?“
„Das Dorf heißt so“, sagte Maeve und sah ihre Mutter forschend an. „Kennst Du es?“
Die Ältere nickte. Ihr Blick richtete sich in eine dunkle Ecke des Raumes, als gäbe es dort etwas zu sehen.
„Sag schon“, drängte das Kind. „Was ist mit Bal Dochlan?“
„Ballydolan wurde so genannt“, sagte Ari. „Früher, als die alte Sprache noch gesprochen wurde, und wir an die alten Götter geglaubt haben, aber der Name wurde vergessen. Selbst ich habe mich kaum noch daran erinnert.“
Sie schwieg, und das Mädchen hielt mit der Erzählung inne, bis ihre Haare trocken waren, und sie in das frische Hemd schlüpfte.
„Wie haben sie dich genannt,