MAGAZIN für Abenteuer-, Reise- und Unterhaltungsliteratur. Thomas Ostwald

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MAGAZIN für Abenteuer-, Reise- und Unterhaltungsliteratur - Thomas Ostwald

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Jahre hindurch nahezu ohne durchlaufende Heldenfigur auskommen musste, nachdem um 1962/63 mit „Jonny Weston“, „Jim Hatfield“, „Rocky Steel“ die Vertreter der zweiten Nachkriegsgeneration abgedankt hatten, war so übel gar nicht, weil einige Autoren wie z.B. Stammel und Unger, auch ohne diese Leitgestalt gut zu unterhalten verstanden und unter Benutzung diverser Pseudonyme viel für die Hebung des Textniveaus im Western taten. Auf diesem Sektor des Heftromans begann zu dieser Zeit die Einbeziehung historischen bzw. pseudohistorischen Geschehens nordamerikanischer Geschichte in die Storys, was der Farbigkeit der Reihen durchaus zugutekam.

      In allerjüngster Stunde entdeckte man das Feld des Horror-, Vampir-, Grusel-Romans für den Heftbereich ein im Grunde altes Thema, das aber für den Seriensektor neu war. Die eigentlich mit „Butler Parker“ begonnene Aufweichung der Grundkonzeption, die Beschichtung der Kriminalerzählung durch humoreske Attribute und Klamaukszenen, sie wird hier in anderer Richtung verfolgt. Dabei ist zu bemerken, dass auch die Parkersche Variante nichts absolut Neues darstellte, denn bereits in den Jahren 1933/35 erschienen in der „Kling“-Reihe sogenannte Burlesken, die von Situationskomik und Clownerie lebten. Als „Halleluja – Fun Western“ scheint diese Thematik jetzt auch im ehrwürdigen Wilden Westen für Spaß sorgen zu wollen.

      Der Qualitätsbogen in puncto Ausstattung stieg beim deutschen Heftroman nach dem letzten Kriege stetig. Betrachtet man einmal Hefte der 1950 laufenden Serien „Tom Brack – Der Grenzreiter“ oder „Jack Morlan – Der Meisterdetektiv“ neben heutigen Exemplaren von „Lassiter“ und „Kommissar X“, dann ist da ein Unterschied zu registrieren, wie er gravierender kaum sein könnte. Dort die plumpe, einfältige Titelskizze, die unpassenden Farben, der matte Druck; hier die ausgewogene Farbgebung, die gekonnte Linienführung der Zeichnung, der Kunstdruckumschlag. Für die „Cotton“-Gestalt blieb man allerdings bis auf den heutigen Tag bei der Verwendung von Filmbildmaterial auf den Umschlägen; einer Methode, die kurzfristig schon in den zwanziger Jahren bei den Dietsch’schen Filmserien und 1934 in der späteren „Harald Harst“-Reihe des Verlages moderner Lektüre praktiziert worden war. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sie sich entscheidender behaupten können.

      Das Format der Nachkriegsserien lag im Wesentlichen bei ca. 22 x 15 cm; einige Folgen der ersten Stunde erschienen noch in der aus den dreißiger Jahren gewohnten Größe. Im Textlichen liegen die Wertunterschiede ähnlich denen der Aufmachung: Von der unqualifizierten Primitiverzählung erster Nachkriegsreihen erfolgte eine Entwicklung zu durchaus lesenswerten, sauber konzipierten Storys. Inwieweit allerdings heutzutage Lektorate beratend und schleifend tätig sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Preiskurve stieg analog der allgemeinen Entwicklung ebenfalls stetig. Hier wurde von den 30 Pfennigen „Startgeld“ inzwischen die 1-DM-Grenze erreicht, die mir fast eine Barriere zu sein scheint. Denn wie man hört, sollen Planungen dahin zielen, das Heft zugunsten des Taschenbuches gleicher Provenienz zurückzustellen. Das wäre dann auch in Deutschland eine Entwicklung, wie sie in den USA bereits stattgefunden hat. Wenn einige der bekanntesten Titelfiguren augenblicklicher Heftreihen wie „Kommissar X“, „Lassiter“ und auch „Jerry Cotton“ schon eine gute Weile im Taschenbuchformat zu finden sind – sollte das ein Omen sein?

      5. Resümee

      Was bleibt über das Aufzeigen einer geschichtskontinuierlichen Entwicklung des deutschsprachigen Heftromans in den ersten sieben Jahrzehnten unseres Jahrhunderts sowie eine bescheidene Wertanalyse hinaus zu sagen? Zunächst einmal, dass keineswegs alles Erwähnung finden konnte, was in dieser Zeit dem Leser angeboten wurde. Lediglich ein allgemeiner Überblick sollte aufgezeigt werden, der subjektive Fragen durchaus offenlassen kann. Wollte man Vollständigkeit erreichen, wären noch viele andere Namen zu nennen. Außerdem wird die Erinnerung dem einzelnen stets das bringen, was er in einem bestimmten Jugendabschnitt selbst kennengelernt hat. Die Generationsgebundenheit ist gerade auf dem Gebiet des Heftromans mit seinen sich ablösenden Titelgestalten sehr klar erkennbar. Ganz sicher gibt es Untersuchungsziele, die hier nicht einmal angedeutet werden konnten – sie mögen späteren, intensiveren Lotungen vorbehalten bleiben. Die Kontaktversuche von Heftverlagen zur Leserschaft, die in den dreißiger Jahren zum Beispiel zur Auslobung einer ‚Pongo-Anstecknadel‘ für treue Torring-Leser führten, gehören ebenso dazu wie das Angebot von „John Kling – Jones Burthe“-Bildern um 1930. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es weitere Versuche, mittels Preisausschreiben und durch Ansteckplaketten mit dem Heldenkonterfei engeren Kontakt zum meist jugendlichen Publikum zu finden. Diese Zeiten sind vorüber; auch die Heftverlage konnten eine Entwicklung nicht negieren, die straffe Betriebsführung mit Management und Marketing brachte. Anstelle dilettantisch wirkender Verbundenheitsgesten per Knopflochzeichen werden uns heute seitenweise artferne Reklameangebote in den Heften mitgeliefert. Jedoch auch das – es soll ja alles schon einmal dagewesen sein – konnte bereits der Leser von großformatigen Serien vor dem Ersten Weltkrieg in Teilen seiner Periodika finden. Wenn heutzutage noch ein gewisses Frage-Antwort-Spiel zwischen Lesern und Herausgebern in Heften des utopischen Sektors stattfindet, dann scheint mir das ein Relikt jener Verlegervorstellungen zu sein, die einen direkten Dialog mit dem Käufer für nützlich ansahen. Auf diese Weise sind in der Serie „Berühmte Indianerhäuptlinge“ schon im Jahre 1909 Fragen des Indianerkomplexes coram publico diskutiert worden. Um zum Abschluss noch einmal den Bogen zwischen den beiden Begrenzungsfiguren dieses Berichtes – Nicholas Carter und Jeremias Cotton – zu schlagen, seien die eigentümlichen Übereinstimmungen erwähnt, denen beide unterliegen: Carter wie Cotton kamen mit den Berichten ihrer fiktiven Erlebnisse aus den USA zu uns; dieser wie jener stellte sich dem deutschen Lesepublikum per Faksimileunterschrift vor; hier wie dort verzichteten die Verlage Eichler, Dresden, und Bastei, Bergisch-Gladbach, auf die Nennung von Autoren oder Pseudonymen. Die Veröffentlichung der interessantesten Fälle aus dem Tagebuch des Meisterdetektivs Carter sollte ebenso auf ihn selbst fixiert bleiben wie die Vision eines persönlich berichtenden FBI-Mannes und Gangsterjägers Cotton.

      Nehmen wir dieses gewiss zufällige Zusammentreffen von Vorstellungen als symbolisches Synonym, als streiflichtartige Erkenntnis, dass trotz mannigfacher Veränderungen in den Jahrzehnten seines Bestehens der Heftroman die Grundkonzeption seines Wollens nie verließ: Entspannung durch Spannung! Mögen sich Wertvorstellungen und allgemeines Lebensgefühl gewandelt, mögen technische Errungenschaften oder humanitäre Erkenntnisse die Basissituationen der Serien beeinflusst, sie sogar verändert haben – im Grunde ist der Heftroman noch immer der nuancenreiche Unterhalter, als der er um die Jahrhundertwende zu seinen Lesern kam. Dass er inzwischen, nachdem in den

      zwanziger Jahren der Rundfunk und nach dem Zweiten Weltkrieg das Fernsehen nicht mehr „Alleinunterhalter“ sein konnte, wollten manche Stimmen schon zu seinem Todesurteil ummünzen. Nun, noch lebt der Heftroman, auch wenn er möglicherweise in näherer oder fernerer Zukunft unter die Fittiche seines zwar jüngeren, dennoch größeren Bruders, des milieuidentischen Taschenbuches schlüpfen muss. Doch das ist zu nicht geringem Teil eine Frage der Kostenentwicklung, deren Beantwortung nicht allein bei den Herstellern von Heftlektüre liegen kann, da sie allgemeinen Charakters ist.

      Wer also einem Lesestoff nicht gram sein kann, der oft in schlimmen Niederungen von Sprache und Habitus weilte und dennoch stets das Hohelied des Sieges der Vernunft, der Wohlanständigkeit sang, der nie müde wurde, einer Fata Morgana ewiger Gerechtigkeit nachzujagen in einer Welt, die in Wirklichkeit so weit von der Erfüllung dieses Ideals entfernt ist, der drücke dem Heftroman die Daumen. Vielleicht kann er tatsächlich, wenn man ihm etwas hinter die bizarre Fassade sieht, auch unter veränderten Vorzeichen ein Produzent von Träumen sein. Denn wird nicht auch in ihm, der endlich jedes Rätsel transparent werden ließ, der die schwingende Waage menschlichen Erlebens jedes Mal für eine kurze Weile auspendelte – bevor mit dem nächsten Heft das neue Geheimnis entstand – wird also nicht auch in ihm ein Zipfel jenes imaginären Zielglaubens sichtbar, der trotz allem hoffen lässt? Wenn diese Frage für einen Wimpernschlag den langen Weg erhellen kann, von Carter bis Cotton und damit vom Großvater zum Enkel, die sie als Hefte in Händen hielten, wenn für den Moment des Augenblickes die Fäden sichtbar würden, die Vordergründiges verstellt hält, bin ich guter Dinge…

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