Iska - Die Flucht. Jürgen Ruhr

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Iska - Die Flucht - Jürgen Ruhr страница 20

Автор:
Серия:
Издательство:
Iska - Die Flucht - Jürgen Ruhr

Скачать книгу

Lasst uns zum Dorf reiten, es wird Zeit auszuruhen, etwas zu essen und an ein wärmendes Feuer zu kommen. Was treibt euch bei dem Wetter überhaupt heraus?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich zu Brix: „Brix, treuer Freund, nimm deine Schwester zu dir aufs Pferd, so kann ich mit Iska Wibkes Gaul nehmen.“

      Brix nickte und sie saßen auf. Allein Iska stand ein wenig verlassen vor dem großen Tier. „Komm, Iska. Gib mir deine Hand und schwinge dich hinter mir auf das Pferd. Halte dich einfach an mir fest, dann wird dir nichts geschehen!“

      Iska betrachtete den Gaul mit Skepsis. Sicherlich hatte sie schon das ein oder andere Pferd - oder auch einen Ochsen - vor einen Karren gespannt, doch auf so einem Tier zu sitzen, war natürlich etwas anderes. Sigmar bemerkte ihr Zögern. „Keine Angst, Iska, dir wird nichts passieren. Pferde wirst du doch wohl kennen, oder?“ Veikko sprang von seinem Tier und stellte sich neben Iska. „Komm, ich helfe dir.“ Er fasste sie bei den Hüften und setzte sie mit Schwung auf den Pferderücken. Mit geschlossenen Augen hielt Iska sich krampfhaft an Sigmar fest. ‚Erst die Fahrt in einem Boot, dann dies hier‘, dachte sie. ‚Bleibt mir denn nichts erspart? Wo wird das wohl noch enden?‘ Dann, als sich das Tier in Bewegung setzte, fügte sie sich in ihr Schicksal und hielt sich einfach nur fest.

      Nachdem sie eine Weile in gemächlichem Tempo daherritten, stellte Iska fest, dass diese Art der Fortbewegung nicht halbwegs so unangenehm war, wie sie zunächst dachte. Der Körper des Pferdes bewegte sich warm und geschmeidig unter ihr und sie spürte an ihren Schenkeln die starken Muskeln des Tieres. Der Regen lies ein wenig nach und war nur noch als leichtes Nieseln wahrzunehmen. Von vorne wärmte sie der Körper Sigmars und Iska bemerkte ein leichtes Kribbeln zwischen ihren Schenkeln. Nur allzu gerne gab sie sich dem Gefühl hin.

      „Schau, Iska. Unser Dorf.“ Sigmar riss sie aus ihren Träumen. Auf dem letzten Stück ihres Weges war sie in einen leichten Halbschlaf gefallen, die gleichmäßige Bewegung und die Wärme des Tieres taten ihr Übriges. Iska öffnete vorsichtig die Augen. Vor ihr lag eine Wand aus angespitzten Baumstämmen, die als Schutz des dahinterliegenden Dorfes diente. Unwillkürlich drängte sich ihr der Vergleich mit dem Zaun der Römer auf. Jetzt öffnete sich ein Tor und sie ritten darauf zu. Nachdem die Reiter das Tor passiert hatten, wurde es von zwei Männern wieder geschlossen. Iska sah sich neugierig um. Das Dorf sah fast wie ihres aus, nur war es viel größer und von der Wand umgeben. In regelmäßigen Abständen befanden sich vor der Umzäunung kleine Türme, die die Beobachtung der Umgegend ermöglichten. Iska schätzte die Höhe der Wand auf doppelte Menschenhöhe. Dicht an den Holzpfählen waren Stege angebracht, so dass Posten in einiger Höhe an der Wand entlanglaufen konnten.

      Der Regen hörte jetzt endgültig auf und zögerlich ließ sich die Sonne zwischen den Wolken blicken. Die Männer lenkten die drei Pferde auf eine große Hütte links von einem Platz in der Dorfmitte zu. Wie in ihrem Heimatdorf, wurde auch hier der Mittelpunkt des Dorfes von Hütten umzäunt. Hinter den ersten und größeren Unterkünften um den Platz herum bemerkte Iska weitere kleinere. Unschwer ließen sich vier Reihen von Hütten erkennen, wobei die nächsten längs zum Platz standen, und die anderen dahinter mit der schmalen Seite dazu. Jetzt, da es nicht mehr regnete, kamen immer mehr Menschen aus den Hütten und gingen dort verschiedenen Tätigkeiten nach. Viele der Männer, die Iska sehen konnte, trugen lange Bärte und langes Haupthaar, das sie oft hinter dem Kopf zusammengebunden hatten. ‚Das ist ja so anders als bei uns‘, dachte sie und musste sich daran erinnern, was sie wegen der abgeschnittenen Haare in ihrem Dorf erwartet hätte.

      Dann hielten die Pferde und Sigmar half ihr abzusteigen. „Das hier ist der Stall für unsere Pferde.“ Er übergabWibke die Zügel, die ihn schelmisch ansah. Iska, die den Blick bemerkte, spürte einen Stich in ihrem Herzen. Aber auch Sigmar beobachtete Iska und lachte sie an: „Keine Sorge, Iska. In deinem Gesicht kann man wie in einem Buch lesen. Wibke hat einen Mann. Nur ... nur sie ist ein wenig zu wild, als dass der sie hinter dem Herd festhalten könnte.“

      Veikko und Brix, die Sigmars Rede mitbekommen hatten, stimmten ein herzhaftes Lachen an, in das Wibke ebenfalls einfiel. Sigmar sah sich zu weiteren Erklärungen genötigt: „Also, Wibke ist ihrem Gatten bestimmt eine gute Frau, auch wenn die beiden noch kein ganzes Jahr zusammen sind und der gewünschte Kindersegen auf sich warten lässt. Aber Wibke hat zuviel Freiheit genossen. Als Kinder sind wir über die Wiesen getollt, ritten hier- und dorthin und überstanden auch so manches Abenteuer. Nachdem Wibke ihr sechzehntes Jahr überschritt, und immer noch ohne einen Auserwählten dastand, hat das Dorf beschlossen, sie unter die Haube zu bringen. Aber Wibke verlangt weiter nach ihrer Freiheit und so sehr sich ihr Ehemann, der gute Alrik, auch die Haare raufen mag, die Ausritte mit ihrem Bruder, Veikko und auch mir, sind ihr nicht auszureden. Nun“, Sigmar machte eine kurze Pause und sah die sich vor Lachen krümmenden drei Freunde strafend an, „nun, das ganze Dorf hat sich mit Wibkes Eigenart arrangieren müssen.“ Jetzt musste auch Iska schmunzeln. Eine seltsame Vertrautheit zu diesen Leuten und diesem Dorf überkam sie.

      Veikko, Brix und Wibke führten ihre Pferde in den Stall, wo sie damit begannen die Tiere sorgfältig zu versorgen. Iska musste einmal mehr ihr Staunen verbergen, denn dass diese Tiere solch eine Pflege erfuhren, war sie nicht gewohnt. Neugierig beobachtete sie, wie Wibke ihr Pferd mit einem Stück Stoff abrieb. „Wieso verwendet ihr soviel Aufwand auf die Tiere?“

      Sigmar beantwortete ihr diese Frage ebenfalls bereitwillig: „Sieh, Iska. Wir brauchen die Pferde nicht nur für den Ackerbau. Die, die du hier im Stall findest, sind nur für den Ritt ausgebildet, Pferde oder auch Ochsen für das Feld findest du in den Hütten der Bauern beim übrigen Vieh. Diese Pferde sind etwas Besonderes.“ Sigmar sprach mit Stolz in der Stimme. „Abgeguckt haben wir uns das bei den Römern. Die Pferde sind extra für den Ritt und den Kampf ausgebildet. Sie sind schnell, zuverlässig und wendig. Bestimmte Männer im Dorf, und“, er warf einen Seitenblick auf die im Hintergrund beschäftigte Wibke, „und eine Frau befassen sich intensiv mit der Zucht, Pflege und Ausbildung dieser Tiere. Ja, unser Dorf ist berühmt für seine Pferde und in Jahren, in denen sie viel Nachwuchs haben, tauschen wir junge Fohlen regelmäßig mit anderen Dörfern gegen anderes Vieh.“

      Iska staunte. Was Sigmar ihr hier erzählte, war neu für sie. Ihr Dorf verfügte nur über ein paar ausgemergelte alte Klepper. Die wenigen Ochsen, die zur Feldbestellung genutzt wurden, waren kaum jünger. Welch Reichtum hier dagegen doch herrschte!

      Sigmar hob an, ihr noch mehr zu erzählen. Es brannte in ihm, ihr alles zu zeigen und zu erklären. Doch sein Redefluss wurde jäh gestoppt, als ein älterer Mann würdevoll zu ihnen trat. Seine Kleidung war einfach, aber sauber und selbst der leicht ergraute Bart zeugte von intensiver Pflege.

      Sigmar neigte das Haupt. Der Mann sprach ruhig, mit wohltönender Stimme: „Ich grüße euch. Dich, Sigmar, der du wohlbehalten heimgekehrt bist und dich junger Krieger, der du ein Römer sein könntest, deinen Waffen und Schuhen nach.“ Iska sah aus den Augenwinkeln, wie der junge Krieger vor dem Mann den Kopf demütig senkte und sie tat es ihm nach. Sigmar sprach jetzt ohne seinen Blick zu heben. „Sei gegrüßt, Baldram. Weiser Herrscher unseres Volkes.“

      „Nun, Sigmar, erzähle, wie es dir ergangen ist. Aber zuvor folge mir mit deinem jungen Gefährten in meine Hütte, dort ist es warm und eure Kleidung kann ein wenig trocknen.“

      Die jungen Leute folgten dem Mann, der sie zu einer großen Hütte in der Nähe des Pferdestalls führte. Iska erkannte, dass viele der Hütten nicht einfach aus Ästen oder kleinen Baumstämmen mit Flechtwerk dazwischen erbaut waren, sondern dass massive, bearbeitete Baumstämme die Wände bildeten. Über der Eingangstür, die nicht nur aus einer Öffnung bestand, sondern durch ein verschließbares Flechtwerk gebildet wurde, bemerkte Iska verschiedene Abbildungen. Sie nahm sich vor, Sigmar später auf die Bedeutung der Zeichen anzusprechen. Baldram wies Iska an, auf einem strohgefüllten Fell Platz zu nehmen. Verstohlen sah sie sich in der großen Hütte um.

      Wandbehänge vermittelten eine gemütliche und warme Atmosphäre und mehrere kleine

Скачать книгу