Grenzgold. Carlo Fehn

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Grenzgold - Carlo Fehn

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      »Und dann hat dein Vater dir alles übergeben, aber er ist immer noch fleißig mit im Tagesgeschäft dabei. Das heißt, es hat sich nichts geändert!«

      Wieder nahm Kaiser einen kräftigen Schluck, seine Mundwinkel zogen sich nach unten, er starrte auf den Boden und nickte.

      »Das Grundstück hier hat er mir geschenkt, während er in Pressig in unmittelbarer Nähe zum Firmengelände residiert. Da ist es natürlich nicht einfach und sicher auch nicht gewollt, sich von heute auf morgen aus allem rauszuhalten und zu sagen: ›Jetzt mach du mal!‹ Er hat schon immer alles genau unter seiner Kontrolle haben wollen. Aber ich lasse mich halt nicht gerne kontrollieren! Ich habe auch noch ein eigenes Leben. Verstehst du?«

      Kaisers Stimme war lauter geworden. Nachdem er Pytlik nicht angeschaut hatte, hätte man meinen können, er klage gerade seinen Vater an. Dem Hauptkommissar war die Situation nun doch etwas unangenehm. Schließlich hatte er Franziskas Schwager gerade einmal kennengelernt und nicht den besten Eindruck von ihm gewonnen, da schüttete dieser ihm bereits sein Herz aus. Kaisers nächster Satz ging Pytlik durch Mark und Bein.

      »Wenn er mal nicht mehr da sein wird, verkaufe ich alles und verschwinde hier!«

      Für einige Sekunden hallten die Worte nach. Keiner der beiden regte sich. Dann ging Kaiser zum Schwimmbecken, stellte sich breitbeinig an den Rand und schaute auf die spiegelglatte Oberfläche. Pytlik folgte ihm langsam, stellte sich mit etwas Abstand daneben und blickte auf den Boden des hellblau gefliesten Pools, der in gewisser Weise das Dilemma widerspiegelte, in dem Joseph Ferdinand Kaiser sich zu befinden schien.

      »Schau dir das an! Hätte ich nicht einfach Thomas, Stefan, Dieter oder Martin heißen können? Musste es unbedingt Joseph Ferdinand sein? Nur, damit er sein Idol in mir weiterleben lassen kann! ›Dschäi-Eff-Käi‹! Wie ich es hasse!«

      Pytlik fand die etwa zwei Quadratmeter große, in dunkelblau abgesetzte Fläche in der Mitte des Beckenbodens optisch nicht einmal so unpassend. Dass darauf allerdings die drei bekannten Buchstaben prangten, hatte etwas Dekadentes.

      Plötzlich begann Kaiser erst langsam und nachdenklich, dann immer lauter zu lachen. Pytlik musste aufpassen, sich nicht anstecken zu lassen. Kaiser ging sogar in die Knie, nahm die freie Hand vor den Mund und hatte nun schon Tränen in den Augen. Er setzte sich auf eine der gepolsterten Liegen und kam erst nach und nach wieder zur Ruhe.

      »Was hast du?«, wollte Pytlik wissen. Er hatte mehr und mehr den Eindruck, dass Kaiser nicht nur bereits zu viel Alkohol getrunken hatte. Er hatte schon einige Menschen mit Drogenproblemen kennengelernt. Der Bauunternehmer zeigte entsprechende Verhaltensweisen.

      »Dahinter steckt mehr als nur die plakative Botschaft der Verehrung seines politischen Helden. Tatsächlich steckt dahinter mehr!«, redete Kaiser weiter.

      »Aber was erzähle ich da?«

      Pytlik schaute zu Kaiser hinüber, der ignorierte den Hauptkommissar allerdings.

      »Nein, doch! Es stimmt doch, verdammt noch mal! Hinter diesen drei Buchstaben versteckt mein Vater eines der größten Geheimnisse, die es im Landkreis Kronach jemals gegeben hat. Und ich muss, nein, ich darf...«

      Kaisers Lachanfall kam zurück und dauerte einige Sekunden, bevor er fortfuhr.

      »Wie verrückt! Ich darf das alles tatsächlich ausbaden!«

      Wieder brach er in schallendes Gelächter aus. Dem Hauptkommissar wurde es nun zu unangenehm. Außerdem wollte er Franziska nicht länger allein lassen.

      »Ich glaube, ich werde jetzt mal wieder hochgehen. Wirklich sehr beeindruckend das alles hier! Danke, dass ich schon mal vorab schauen durfte.«

      Pytlik wartete nicht auf eine Antwort Kaisers; der war ohnehin wieder in Gedanken verloren. Ein kaum wahrnehmbares »Ja, schon gut! Geh nur!« begleitete Pytlik auf seinem Weg.

      ***

      »Hast du Gerda gesehen?«

      Pytlik hob die Schultern und verzog das Gesicht. Er wollte Franziska damit signalisieren, dass er nichts verstanden hatte. Der Lärm in der überfüllten Schwimmhalle ließ eine normale Unterhaltung nicht mehr zu. Die diversen Diskokugeln und die laute Musik erzeugten Clubatmosphäre.

      Die Beleuchtung war auf ein Minimum reduziert, der Pool wirkte wie ein großer, verführerischer Schlund in Hellblau; immer wieder fielen Gäste gewollt oder ungewollt samt der kompletten Bekleidung ins gut temperierte Nass; andere hatten wohl von der Option gewusst und genossen das Treiben in entsprechendem Outfit im Wasser, die Ellenbogen lässig auf dem Beckenrand und ihre Drinks vor sich abgestellt.

      Pytlik meinte, nun zu wissen, wie es im alten Rom zugegangen sein musste. Die nur mit dem Notwendigsten umhüllten Tänzerinnen hatten keinerlei Mühe, sich nach und nach an die entsprechenden Männer heranzumachen, mit denen sie von Zeit zu Zeit in Nischen oder vorbereiteten Zimmern verschwanden.

      Die zahlreichen Angestellten des Sicherheitsdienstes hatten gut zu tun, die Lage im Griff zu behalten. Bei manchen Gästen hatte man den Eindruck, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Franziska kam mit ihrem Mund nahe an Pytliks Ohr. Sie hatten sich nach dessen Poolbesichtigung zusammen amüsiert, immer wieder hatte Franziska aber auch Bekannte getroffen, so dass dem Hauptkommissar genug Zeit blieb, Leute zu beobachten.

      Er hielt sich mit dem Alkoholkonsum zurück. Er hatte an diesem Abend seiner Lebensgefährtin den Fahrdienst versprochen. Mittlerweile war es halb zwölf und er hoffte insgeheim, dass Franziska nicht mehr allzu lange würde bleiben wollen. Er hatte genug!

      »Hast du Gerda gesehen?«, wiederholte Franziska ihre Frage. Pytlik schaute sie kurz an und schüttelte den Kopf.

      »Niemand weiß, wo sie ist! Ich mache mir Sorgen!«

      »Sie ist alt genug! Sie wird schon wissen…«

      Pytliks gutgemeinte Floskel hörte sich Franziska nicht bis zum Schluss an. Mit suchendem Blick und besorgter Miene wendete sie sich bereits wieder von ihm ab.

      Auf der gegenüberliegenden Seite des Schwimmbeckens kam gerade ein junger Typ aus einem Nebengang zurück. Nur wenige Sekunden nach ihm bewegten sich die beiden rubinroten Vorhanghälften erneut. Eine etwas reifere Frau, leicht schwankend, folgte dem Casanova unauffällig. Sie richtete sich die Frisur, und als sie an ihm vorbeilief, fasste sie ihm mit einer Hand noch einmal kräftig an den Hintern und blickte ihn zufrieden lächelnd an. Dann verschwand sie in der Menge, hob die Hände in die Höhe und begann wie wild zu tanzen. Ihr vermeintlicher Glücksbringer erzählte derweil einem anderen Typen von seinen Erlebnissen.

      Pytlik schmunzelte. Er stellte sich vor, was jetzt wohl los wäre, würde eine Sondereinheit der Polizei aufgrund irgendeines besonderen Verdachtes hier aufschlagen und das Haus sowie die Anwesenden einer sorgfältigen Kontrolle unterziehen. Er hoffte weiterhin, bald nach Hause gehen zu können.

      Er wollte sich gerade noch einmal am Buffet umsehen, als die Musik etwas leiser gedreht wurde und die Stimmung plötzlich deutlich auf einen Höhepunkt zuzusteuern schien. An der Hinterseite der Halle, mit dem Blick hinaus in den beleuchteten und verschneiten Garten, bildete sich ein Spalier und die Gäste begannen rhythmisch zu klatschen.

      ›Dschäi-Eff-Käi‹ erklang ein auffordernder und immer lauter werdender Chor aus Dutzenden heiserer Kehlen, die Menge war enthusiastisch und außer Rand und Band. Wie ein Weitspringer bei seinem letzten Versuch im vollbesetzten Stadion stand Joseph Ferdinand Kaiser

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