Grenzgold. Carlo Fehn

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Grenzgold - Carlo Fehn страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Grenzgold - Carlo Fehn

Скачать книгу

zu präsentieren. Und als ob dies nicht schon genug Zurschaustellung von Ego und Macht gewesen wäre, setzte eine seiner Amüsierdamen dem noch die Krone auf, indem sie dem Gastgeber dessen Einstecktuch, versehen mit einem frischen Lippenabdruck, in die Brusttasche seines Jacketts steckte und ihm anschließend noch etwas ins Ohr flüsterte. Welche Schmach, dachte Pytlik, muss das nur für die bedauernswerte Gerda sein! Er schaute sich kurz um, so gut es ging. Weder Franziska noch ihre Schwester wohnten dem Spektakel bei.

      Dann ging alles ganz schnell: Joseph Ferdinand Kaiser machte nur wenige kraftvolle Schritte. Als er kurz vor dem Beckenrand mit dem rechten Bein hoch nach vorne absprang, drehte er sich, begleitet von einem Schrei der Freude, in der Luft und schlug danach, halb mit der Schulter, halb mit dem Kopf, auf der Wasseroberfläche auf, unter der er anschließend für einige Momente verschwand.

      Das Grölen der Menge hatte den Siedepunkt erreicht. Als wäre es eine selbstverständliche Pflicht, es dem zugedröhnten und hemmungslosen Gastgeber gleichzutun, sprangen in den nächsten Augenblicken nicht wenige wie die Lemminge hinterher.

      Pytlik kam es nicht ungelegen, dass er im Getümmel der faszinierten Gäste immer weiter nach hinten durchgereicht wurde. Nun wusste er endgültig, dass es in diesem Haus nicht mehr seiner Anwesenheit bedurfte. Während er noch überlegte, wo Franziska sich aufhielt, sah er plötzlich zwei Männer und eine Frau des Sicherheitsdienstes, die den Eindruck erweckten, als gäbe es ein Problem. Und sie schienen nicht mit irgendjemandem darüber sprechen zu wollen. Während einer der drei unablässig in das Mikrofon seines Headsets sprach, bahnte er sich mit gebotener Rücksicht und Freundlichkeit, aber konsequent und kompromisslos seinen Weg. Pytlik stoppte und sah, dass nur Kaiser das Ziel sein konnte. Der Kronacher Hauptkommissar hätte es nicht für möglich gehalten: Irgendwie war es der jungen Frau, die eher zierlich wirkte, aber resolut ihren Weg ging, gelungen, dem wie eine Luftmatratze im Wasser treibenden Gastgeber ein unauffälliges Zeichen zu geben. Es musste eine Art Notfallcode sein, dachte sich Pytlik. Anders konnte er sich nicht erklären, dass Kaisers Partygesicht plötzlich wie eingefroren schien. Die Securityfrau legte ihren Kopf einmal leicht zur Seite und bedeutete ihm damit, dass eine Rücksprache dringend notwendig wäre.

      Unter dem Applaus der Gäste verließ Kaiser nur kurz darauf den Pool, winkte artig wie ein Popstar und sprach ein paar wenige Worte mit einem Mann, den Pytlik schon vorher als eine Art Vertrauten ausgemacht hatte. Mit einem Handtuch rubbelte er sich gründlich den Kopf und zog sich danach provisorisch einen Bademantel an, bevor er mit den drei Begleitern in einem Nebengang verschwand. Niemand hatte in diesem Moment wohl bemerkt, dass Joseph Ferdinand Kaiser aus irgendeinem Grund seine gute Laune schlagartig verloren hatte.

      ***

      Da sich bei ihm nochmal ein kleiner Hunger bemerkbar machte, entschloss sich Pytlik, auf einer kleinen Runde und der gleichzeitigen Suche nach Franziska am Mitternachtsbuffet vorbeizuschauen und sich dort noch etwas zu gönnen.

      Zunächst verweilte er aber noch einige Augenblicke und überlegte. Jahrzehntelang hatte er nun bereits interessante, nie langweilige und manchmal nervenaufreibende Polizeiarbeit hinter sich. Die Spannbreite war bei ihm mittlerweile sehr groß. Da hatte es nüchterne und betrunkene Verkehrsteilnehmer gegeben, die meinten, ihn bezüglich der Angemessenheit der Sanktionen belehren zu müssen. Prügelknaben, die sich erst nach einer Nacht in der Ausnüchterungszelle überhaupt erinnern konnten, was am Vorabend passiert war. Tatsächlich musste auch die eine oder andere Katze vom Baum gerettet werden, und sein Assistent Cajo Hermann war bei einem Einsatz sogar fast einmal von einer Giftschlange gebissen worden.

      In der jüngeren Vergangenheit waren es aber auch immer wieder schreckliche Verbrechen, bei denen der Hauptkommissar tief in menschliche Abgründe hatte blicken müssen. Und auch, wenn er sich dabei immer wieder fragte, wie es zu solch schrecklichen Taten kommen konnte, hatte er es nie bereut, diesen Beruf ergriffen zu haben. In der einen oder anderen brenzligen Situation mochte er möglicherweise darüber nachgedacht haben.

      Er fühlte sich bei seiner Arbeit auch deswegen am richtigen Ort, weil er sich neben seinem Team in der Dienststelle am Kaulanger vor allem auch auf einen ganz wichtigen Partner verlassen konnte: seinen Instinkt! Da war sicherlich nicht irgendein Abflussrohr verstopft, auch würden die Getränkevorräte noch ausreichend sein. Das, was dem Gastgeber vor wenigen Minuten mitgeteilt worden war, bereitete diesem Sorgen. Und Pytliks Instinkt sagte ihm, dass er als Polizist an diesem Abend noch gefragt sein würde.

      Der Hauptkommissar war hinaufgegangen ins Erdgeschoss, wo er sich gerade einen Teller mit Lachs, Käse und ein bisschen Obst zurechtmachte. Pytlik hatte Franziska noch nicht gefunden, und er vermutete, dass sie zusammen mit ihrer Schwester in einem Zimmer hinter verschlossener Tür deren Probleme besprach und versuchte, ihr den nötigen Beistand zu geben. Er machte sich zwar keine Sorgen, würde nach seiner kleinen Zwischenmahlzeit aber dennoch seine Suche erneuern. Erst jetzt überlegte er, ob das eine – Kaisers plötzliches Verschwinden – mit dem anderen vielleicht zu tun hatte. Er hielt kurz inne, steckte sich dann aber den kleinen Spieß mit Käse und einer roten Weintraube in den Mund.

      Das bunte Treiben fand immer noch in der Schwimmhalle statt. Nur vereinzelt standen in dem großen Wohnbereich Pärchen an den zahlreichen Bistrotischen und unterhielten sich gediegen, teilweise verliebt, hier und da aneinander vorbeiredend. Aufmerksamkeit hatten die Paare alle nur für sich selbst und sie schienen dem wilden Treiben eine Etage tiefer nichts abgewinnen zu können. Die eher angenehme Atmosphäre wurde allerdings unvermittelt gestört.

      Durch die große Eingangstür kam der Gastgeber zurück, begleitet von zwei Sicherheitsleuten. Er war noch immer in den langen Bademantel gehüllt und ließ sich gerade von einem der beiden Männer ein weiteres Handtuch reichen. Er lief schnurstracks auf Pytlik zu, zeigte zunächst mit einem ausgestreckten Finger auf ihn und legte dann den Kopf auf eine Seite.

      »Ich brauche dich!«

      Stunden vorher, als Pytlik noch nicht hinter Kaisers Fassade geblickt hatte, was ihm mittlerweile einigermaßen gelungen war, hätte sich der Hauptkommissar sicherlich stur gezeigt. Auch jetzt wollte er nicht den Eindruck aufkommen lassen, dem Schwager seiner Lebensgefährtin lakaienhaft aufs Wort zu gehorchen. Mit entsprechender Ruhe, etwas provokant und ohne, dass es wirklich notwendig gewesen wäre, legte er zunächst noch etwas vom Buffet auf seinen Teller nach. Kaiser war bereits weitergegangen. Auf der ersten Stufe der Treppe hinauf zur Galerie blieb er stehen und drehte sich um.

      »Was ist? Es ist wichtig! Sehr wichtig!«, bekam Kaisers Stimme nun eine unangenehme Schärfe. Erst jetzt kam Pytlik in den Sinn, dass es etwas mit Gerda und vielleicht auch Franziska zu tun haben könnte. An den beiden Bodyguards vorbei folgte der Hauptkommissar dem Gastgeber hinauf, danach verschwanden beide im großen Badezimmer.

      Joseph Ferdinand Kaiser holte einen Briefumschlag aus der Tasche des Bademantels hervor und legte ihn auf einem der großen Waschbecken ab. Danach zog er den Mantel und anschließend die nassen Klamotten aus. Bisher hatte er nichts gesagt, und erst, als er mit einem großen Badetuch um die Hüften ins direkt anschließende Schlafzimmer hinüberging, erzählte er dem Hauptkommissar, was geschehen war.

      »Was ist mit deinem Arm passiert?«, wollte Pytlik aber zunächst wissen, als er am gut definierten rechten Oberarmmuskel eine Narbe fast schon in Art einer langen Delle sah.

      »Was?«

      Kaiser war von der seiner Meinung nach unwichtigen Frage irritiert. Ein kurzer Blick auf die besagte Stelle, dann ein lapidares Abwinken mit der Hand.

      »Unfall! Schon lange her! Unwichtig!«

      Pytlik wollte nicht weiter nachhaken; dann kam Kaiser zur Sache.

      »Ich werde erpresst! Anscheinend hat jemand meinen Vater entführt! Draußen an der Mauer steht in großen Buchstaben eine entsprechene Drohung.

Скачать книгу