Wie schaffen das die Schwäne?. Katja Pelzer

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Wie schaffen das die Schwäne? - Katja Pelzer

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und Patrick sind noch nicht auf dem Ich-bin-Veganer-

      Trip. Zu den Fridays-for-Future-Demos gehen sie natürlich schon.

      „Was bleibt uns denn anderes übrig?“, hat Lena ihre Mutter gefragt, als die wissen wollte, ob sie hingeht. „Das ist doch Gruppenzwang. Ich kann ja wohl schlecht allein in der Schule sitzen bleiben.“

      Hannah betrachtet Lena. Sie ist wirklich zu goldig. Gerade fünfzehn geworden. Besteht nur aus zahnstocherdünnen Beinen und kastanienbraunen Haaren, die ihr bis fast zum Po reichen. Wenn sie als Familie irgendwo hingehen, sind alle Augen auf Lena gerichtet. Selbst als Mutter kann sie sehen, dass Lena hübsch ist. Sie schaut noch so unvoreingenommen, offen und neugierig auf die Welt. Dieses unschuldig Ungelenke, Ungekünstelte reißt an Hannahs Herzen.

      Philipp braucht eine Extraeinladung, die Hannah ihm genervt und persönlich überbringt.

      Und auch dann kommt er nicht auf dem direkten Weg.

      Er streichelt Lena über das Haar und sagt „Na, meine Süße.“

      Patrick, Lenas großer Bruder, die gleichen dünnen Beine, die kastanienbraunen Haare natürlich wesentlich kürzer als sie, ist Schulsprecher, gerade siebzehn geworden und büffelt fürs Abi. Er ist vielseitig interessiert und neugierig. Derzeit ist sein Berufswunsch Journalist. Er saugt ständig Nachrichten in sich auf. Nicht einmal während er sich jetzt neben Lena niederlässt, löst er den Blick von seinem Handy.

      „Patrick“ sagt Hannah mahnend.

      Für ihren Geschmack ist es viel zu viel Screen-Time.

      „Lass ihn doch“, sagt Philipp.

      Hannah verdreht die Augen. War ja klar, dass er ihr wieder in den Rücken fällt. Leistungsorientiert wie er ist. Hannahs Vater, Enno, war früher genauso. Die Messlatte liegt bei beiden übertrieben hoch. Hannah hatte schon als Kind immer das Gefühl, nicht zu genügen, egal was sie tat.

      Jetzt summen die Stimmen durcheinander wie die Insekten in einem Bienenstock.

      Mit dem Essen ist Hannah nicht zufrieden, wie schon erwartet. Die Nudeln sind zu matschig und zu wenig gesalzen. Die Bolognese beim Warten ausgetrocknet.

      „Schmeckt’s?“, fragt Hannah in die Runde, obwohl sie sich die Antwort bereits selbst gegeben hat. Aber alle drei nicken mit über den Teller geneigten Köpfen und brummen etwas Zustimmendes.

      „Wie war’s in der Schule?“, fragt sie weiter, als wollte sie ihre Familie sprechen hören. Als ertrüge sie die Ruhe rund um den Tisch nicht, die Philipp in guten Zeiten als „gefräßige Stille“ bezeichnet hätte.

      Hannah ist selbst erst vor zwei Stunden von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte vorher noch keine Zeit sie zu fragen, weil sie direkt in ihre Sportklamotten gestiegen und vor dem Kochen noch eine Runde gejoggt ist.

      Sie will auf keinen Fall zunehmen, jetzt, wo sie wieder einen Job hat und nicht mehr stundenlang im Fitness-Center trainieren kann.

      Patrick antwortet „gut“.

      Lena antwortet „gut“ und grinst mit dem Mund voller Spaghetti.

      „Ich habe gerade über Greta Thunberg gelesen“, sagt Philipp unvermittelt.

      „Die ist cool“, sagt Patrick.

      „Findest du? Na, ich weiß nicht, was ich von den Demos und vor allem den Schulstreiks halten soll“, sagt Philipp.

      „Ist schon klar“, sagt Patrick. „Du bist ja auch nicht gerade ein Verfechter des grünen Lebens.“

      Philipp schluckt eine strenge Antwort hinunter, obwohl er Patricks Ton unangemessen findet. Er will aber am Tisch keinen Streit.

      „Warum streikt ihr nicht einfach samstags? Dann verpasst ihr keinen Unterricht“, sagt er stattdessen. „Dann brauchen wir Eltern uns kein Programm für euch Kids zu überlegen oder mit euch shoppen gehen und furchtbar viel Geld dabei ausgeben. Das wären dann doch gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe!“

      „Ne, klar! Das ist doch genau der Punkt. Wenn wir samstags streiken würden, würde es doch niemanden interessieren!“

      „Also deine Mutter und ich sind niemals auf die Straße gegangen. Wir haben weder für noch gegen irgendetwas demonstriert. Und es ist nicht so, dass uns die Dinge egal waren.“

      „Also ich hätte lieber Unterricht“, sagt Lena und schaut ihren Vater aus ernsten glänzenden braunen Augen an. „Ich glaube nicht an die Demos. Die anderen nehmen es doch eh nur zum Vorwand um blau zu machen und rumzualbern. Und was ändert das schon?“

      Philipp schaut seine Tochter überrascht an und liebt sie für diesen Satz noch ein bisschen mehr.

      Diese ganze grüne Hysterie geht ihm irgendwie mächtig auf den Sack.

      Er ist stolz auf seinen BMW. Den glänzenden, makellosen schwarzen Lack. Er drückt gerne auf die Tube. Das ist für ihn Freiheit. Das sagt er natürlich nicht laut. Aber immerhin fliegt die ganze Familie gerne mehrmals im Jahr in den Urlaub. Vor allem Hannah hat das immer genossen.

      Das lassen sie sich nicht nehmen. Das kann doch keine Sünde sein.

      Glück ist keine Sünde. Man könnte ja genauso gut aufhören zu atmen.

      Leben bedeutet nun mal alles rauszuholen, Vermehrung. Möglichst von allem. Und wenn Philipp mal sparsam ist, dann nicht der Umwelt zu liebe. Mehr ist dann eben nicht drin. Für seine Lieben buckelt er jeden Tag. Es soll ihnen gut gehen. An nichts fehlen. Schön will er es ihnen machen. So schön es geht. „Verzicht und Lebensfreude das schließt sich doch aus“, das ist die Meinung, die Philipp auch seinen Freunden gegenüber vertritt. Und die meisten stimmen ihm zu.

      So schlimm wird’s schon nicht kommen mit dem Klimawandel. In diesem Punkt ist er sich mit Trump einig. Solange es im Winter so eiskalt wird, kann es mit der Erderwärmung nicht weit her sein.

      „Die meisten meinen es schon ernst“, widerspricht Patrick und unterbricht damit Philipps Gedanken. „Deine Freundinnen vielleicht nicht“, fügt er an Lena gewandt hinzu. „Die schnallen ja eh nichts. Die sind zu sehr mit ihren Wimpern-Extensions beschäftigt und mit Nase bohren.“

      Lena rollt die Augen und streckt ihrem Bruder die Zunge heraus.

      Philipp hasst Streit beim Essen.

      „Und? Wie war’s bei der Arbeit?“, fragt er jetzt Hannah um vom Thema abzulenken. Er gibt sich interessiert, obwohl er nur mittelgut findet, dass Hannah wieder arbeitet. Irgendjemand muss sich schließlich um die alltäglichen Dinge kümmern. Auch für die Kinder war es schöner, als sie noch zu Hause war, wenn sie aus der Schule kamen, da ist er ganz sicher.

      „Das ist deine Meinung“, kontert Hannah, jedes Mal, wenn er das Thema anspricht. „Die Kinder beschweren sich nie, dass ich arbeite.“

      Hannah ist Mädchen für alles in einem Büro. Früher hieß das „Sekretärin“, heute nennt man Frauen wie sie „Assistentin“.

      Albern findet Philipp das. „Dieser ganze Label-Wahnsinn! Der nimmt in letzter Zeit Überhand“, sagt er bei jeder Gelegenheit. Ha! Trennung, ist auch so ein Label. Wie das klingt, denkt Philipp in diesem

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