Drei starke Geister. Alexandre Dumas
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Читать онлайн книгу Drei starke Geister - Alexandre Dumas страница 16
»Tritt doch ein wenig näher, Freund; Du scheinst zu fürchten, von meiner Krankheit angesteckt zu werden, aber sie ist gar nicht ansteckend.«
Der Matrose that einen Schritt, aber nicht mehr.
»Du fürchtest Dich also ernstlich?« sagte Valery in fast beleidigtem Tone.
»Nun ja, mein Herr, ich habe Frau und Kinder, und das gelbe Fieber hat man bald am Halse.«
»Das gelbe Fieber?« rief der Kranke heftig erschrocken, »habe ich denn denn das gelbe Fieber?«
Der Matrose sah ein, daß er einen Fehler begangen hatte; aber er dachte: »Gleichviel, Jeder ist sich selbst der Nächste, und er antwortete daher;
»Der Herr Doktor hat es gesagt.«
»Das gelbe Fieber!« wiederholte Valery mit stierem Blicke; »stirbt man nicht Unter gräßlichen Schmerzen an dieser Krankheit?«
»Ja wohl, mein Herr.«
»Hast Du schon Leute daran sterben sehen?«
»O, schon viele; mein Bruder ist auch daran gestorben, deshalb habe ich so große Angst davor.«
Der Matrose legte sich weiter keinen Zwang auf und hielt sein Taschentuch vor Mund und Nase.«
»Du kennst also die Symptome dieses Fiebers?«
»Ja.«
»Wie fängt es an?« fragte Valery, indem er sich anstrengte, ruhig zu scheinen.
»Mit Erbrechen. Frost, Kopf- und Magenschmerzen, und dann bekommt der ganze Körper rothe Flecken.«
»Wie diese?M fragte der Kranke, indem er seine Brust zeigte.
»Ja, Herr,« erwiderte der Matrose, während er den Kopf ängstlich vorstreckte, um besser sehen zu können.
»Also muß ich sterben!« rief Valery mit einem Schrei, der fast dem Brüllen eines Tigers glich. In diesem Schrei lag die ganze Wuth und der ganze Schmerz, welche ein Mensch durch die Stimme auszudrücken vermag.
Der Kranke nahm den Kopf zwischen beide Hände, verbarg ihn in den Kissen und zerraufte sich mit Verzweiflung das Haar.
»Sterben! sterben!« wiederholte er; »ich soll sterben in meinem dreißigsten Jahre und jetzt, da ich reich bin! Nein, es ist unmöglich! Ich will nicht sterben!«
Während er dies sagte, streckte er die geballte Hand zum Himmel empor, aber sie fiel bald wieder kraftlos zurück.
Das Delirium stellte sich bereits ein.
»Ich will den Doctor sprechen!« rief der Kranke; »hole ihn auf der Stelle herbei!«
Dem Matrosen war dies sehr erwünscht und er ließ es sich daher nicht zweimal sagen.
»Ich will nicht sterben!« wiederholte Valery fortwährend, als ob er überzeugt wäre, daß sein Wille den Tod entfernt halten könnte. In seiner furchtbaren Aufregung sprang er wie ein Rasender aus dem Bett und an die Thür, die er in dem nämlichen Augenblicke öffnete, als der Arzt zurückkam.
»Wenn Sie dergleichen Unbesonnenheiten begehen,« sagte Maréchal in fast strengem Tone zu ihm, »so muß ich Sie in Ihrem Bette festbinden lassen, denn ich bin für Ihr Leben verantwortlich, und wenn ein Unglück geschieht, so will ich mir wenigstens nichts vorzuwerfen haben.«
»Ja, Herr Doktor, ich will Ihnen folgen,« entgegnete der Kranke, indem er sich schüchtern wie ein von der Mutter auf einem Fehler ertapptes Kind wieder in’s Bett legte. »Sie retten mich, nicht wahr, Sie versprechen es mir?«
»Ich werde mein Möglichstes thun, und es wird mir gelingen, wenn Sie der Wissenschaft nicht durch neue Thorheiten hinderlich sind.«
»Ich gestehe Ihnen, daß ich mich entsetzlich vor dem Tode fürchte.«
»Sie haben indessen noch Vorhin einen so großen Muth bewiesen.«
»Weil ich stolz auf meine Natur war und nicht glaubte, daß ich sterben..könnte. Jetzt aber, da ich meine Krankheit kenne, wiederhole ich Ihnen, daß ich große Angst habe. Der Arzt ist wie ein Beichtvater, man kann ihm Alles sagen. Retten Sie mich und ich gebe Ihnen die Hälfte meines Vernögens; retten Sie mich, Herr Doctor, ich bitte Sie, ich beschwöre Sie!«
Maréchal betrachtete mit Staunen und fast mit Argwohn diesen Mann, der sich so muthvoll gezeigt hatte, so lange er nicht an die Gefahr glaubte, und der so schwach und demüthig geworden war, seitdem er sie vor Augen sah.
»Beruhigen Sie sich, Herr Valery, Sie werden wieder gesund werden.«
»Bürgen Sie mir dafür?«
»Ich werde Alles thun, was in weinen Kräften steht.«
»Es ist unmöglich, daß ich sterbe!« rief der Kranke wieder; »ich kann es nicht, ich will es nicht!«
Es wäre unnöthig zu wiederholen, was er noch ferner sprach, und zu versuchen, in der Fluth von Worten, Gebeten und Gotteslästerungen, dir, er ausstieß, einen Sinn zu entdecken.
So ging es; die ganze Nacht fort und merkwürdiger Weise hörte er nicht auf, in seinem Delirium den Namen Pascals auszusprechen und nach ihm zu verlangen. Bis zum Morgen wurde er frottirt, um den Blutumlauf wiederherzustellen, und der Arzt versäumte überhaupt kein Mittel, das in seiner Macht stand.
Gegen Morgen wurde der Kranke etwas ruhiger und sobald er ein Wort sprechen konnte« folgte er der ersteren Idee seines Deliriums und sagte zu Maréchal:
»Wollen Sie nicht Herrn Pascal bitten, daß er zu mir kommt?«
»Ist es sehr wichtig, was Sie ihm zu sagen haben?«
»Ja.«
»Denn die geringste Anstrengung kann Ihnen nachtheilig werden.«
»Besorgen Sie nichts, ich will nur einige Worte mit ihm sprechen.«
Der Arzt schickte nach Pascal und dieser trat im nächsten Augenblicke ein.
»Sie wünschen mich zu sprechen, Herr Valery?« sagte er zu dem Kranken.
»Ja, ich habe Sie darum bitten lassen.«
»Wenn, ich Ihnen in irgend etwas nützlich sein kann, so verfügen Sie über mich.«
»Ich muß sterben, Herr Pascal!«
»Sie stellen sich Ihr Uebel schlimmer vor als es ist, nicht wahr, Herr Doktor?«
Valery schüttelte mit dem Kopfe.
»Der Doctor versucht es, mir Hoffnung zu machen; aber ich habe auch schon Leute am gelben Fieber sterben sehen und kenne die Symptome des Todes; sehen Sie hier.«
Mit diesen Worten entblößte der Kranke seine Arme und seine Brust, die mit blaßrothen Flecken überzogen waren.
»Ja, ich habe Feuer in der Brust und Eis an den Füßen; o, ich muß sterben,