Drei starke Geister. Alexandre Dumas

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Drei starke Geister - Alexandre Dumas

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gegenseitig anblickten.

      »Ich muß um jeden Preis ruhiger werden. Man versichert, daß Gott einem Menschen, der so leidet wie ich, und der seine Sünden bekennt, zuweilen vergiebt, sowohl seiner Seele als seinem Körper, und daß die Absolution Wunderkuren vollbracht hat. Ich will dieses letzte Mittel versuchen, ich will beichten; vielleicht läßt mich Gott dann noch leben!«

      »Dies ist christlich gedacht,« erwiderte Pascal, »obgleich das Gefühl, dem Sie gehorchen, kein streng religiöses ist; aber Gott wird Sie vollends erleuchten, nur ist leider kein Geistlicher an Bord.«

      »Sind Sie nicht Priester?«

      »Ich bin noch nicht ordinirt.«

      »Aber Sie wollen es mit der-Zeit werden?«

      »Ja, Gott müßte mich denn abrufen, ehe ich meine Gelübde ablegen kann.«

      »Nun, so hören Sie meine Beichte im Voraus.«

      »Dies ist unmöglich.«

      »Unmöglich?« rief der« Kranke mit Entsetzen.

      »Ja.«

      »Sie wollen mich also unter Gotteslästerungen und Verwünschungen sterben lassen? Wohlan, es sei; ich fluche Gott und der Religion!«

      »Schweigen Sie, Unglücklicher! schweigen Sie!«

      »Ich sage Ihnen, ich muß beichten!« fuhr Valery mit stierem Blicke und schäumendem Munde fort. »Die Vergangenheit erstickt mich, Sie müssen sie kennen. Ich bin ein Verbrecher!. . . hören Sie mich!«

      »Er phantasirt, er wird wahnsinning sagte Pascal zu dem Arzte.

      »Nein, dieser Mann leidet eben so sehr an der Seele als am Körper,« erwiderte Maréchal; »als Christ und als Arzt fordere ich Sie auf, ihm den Dienst zu erzeigen, um den er Sie bittet.«

      Pascal war noch eine Zeit lang unschlüssig.

      «Der Kranke hielt fortwährend die Augen auf ihn gerichtet.

      »Ja,« sagte Pascal nach kurzer Ueberlegung zu sich selbst, »der Doktor hat Recht, dieser Mann leidet an seiner Seele, seine Vergangenheit birgt vielleicht ein Unglück, und wenn ich seine Beichte höre, wird es vielleicht in der Zukunft möglich, das geschehene Böse wieder gut zu machen. — Nun gut, Herr Valery,« fuhr er laut fort, »ich will Sie anhören; aber was Sie mir auch entdecken mögen, die Absolution kann und darf ich Ihnen nicht geben.«

      »Aber Sie können für mich beten und können mich trösten, nicht wahr? Weiter bedarf ich nichts. Lassen Sie uns allein, Herr Doctor, und Sie, mein Bruder, setzen Sie sich an mein Bett, denn wir müssen eilen. O, wer mir je gesagt hätte, daß ich das Bedürfnis fühlen würde, zu beichten! Ich leide fürchterliche Qualen!. . ., Gott rächt sich grausam an mir!. . . Hören Sie mich an, mein Bruder.«

      »Noch nicht,« versetzte Pascal.

      »Warum nicht?«

      »Weil Es möglich ist, daß Sie nicht sterben und weil Sie es dann vielleicht später bereuen könnten, Jemandem ein Geheimniß anvertraut zu haben, welches schwer auf Ihrem Gewissen zu lasten scheint. Ich werde daher Ihre Beichte nicht eher hören, als bis der Arzt jede Hoffnung aufgegeben hat, und so weit sind wir, Gott sei Dank! noch nicht. Beruhigen Sie sich, Sie haben ein wenig Delirium. Wenn ich Ihre Beichte anhöre, so will ich, daß sie der Himmel Ihrer Ueberlegung und Ihrer Reue, nicht Ihrer fieberhaften Aufregung verdankt. Haben Sie eine oder zwei Stunden, dann wollen wir sehen. In diesem Augenblicke würden Sie nicht im Stande sein, lange im Zusammenhange zu sprechen. Nehmen Sie etwas von diesem Tranke, der für Sie zubereitet ist. Sie werden bald darauf einschlafen und wenn Sie wieder erwachen, wird mir der Herr Doktor aufrichtig sagen, ob Sie noch hoffen dürfen oder nicht. Fassen Sie Muth und Geduld, Herr Valery.«

      Während dem hatte Maréchal einige Tropfen von einer rothen Arznei in ein Glas Wasser gegossen, das er dem Kranken reichte. Er leerte es begierig bis auf den letzten Tropfen.

      - Ein glühender Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper, es war ihm, als wäre sein Kopf mit Blei angefüllt, er murmelte einige Worte und winkte dem Arzte und Pascal bei ihm zu bleiben; dann fielen ihm von selbst die Augen zu und nach einigen Minuten versank er in einen festen Schlaf.

      Maréchal und Pascal verließen das Zimmer.

      »Ist er wirklich in Lebensgefahr?« fragte Letzterer.

      »Er ist jetzt Mittag, um vier Uhr will ich Ihnen darauf antworten. Jetzt lassen Sie uns ein wenig frische Luft schöpfen. Das Delirium dieses Menschen macht einen unangenehmen Eindruck auf mich, ich weiß nicht, wie dies kommt, denn ich habe schon Manchen sterben sehen, ohne etwas Aehnliches empfunden zu haben.«

      Zwei Stunden später begab sich der Arzt in Begleitung Pascals wieder zu dem Kranken.

      Dieser schlief noch.

      Die Krankheit hatte seit vierundzwanzig Stunden furchtbare Fortschritte gemacht; sein Aussehen beim Eintritt des Doktors und des jungen Geistlichen war so verändert, daß man ihn leicht hatte für todt halten können.

      Die-Augen waren halb geöffnet Und gläsern, die Wangen bleich und eingefallen, und ohne das häufige Zucken seiner Hände wäre er von einer Leiche schwer zu unterscheiden gewesen.

      »Das größte Glück, was diesem Unglücklichen begegnen könnte, wäre, daß er nicht wieder erwachte,« bemerkte der Arzt, »denn er wird noch viel leiden müssen, ehe er stirbt.«

      »Er muß also jedenfalls sterben?«

      »Ja wohl,« antwortete Maréchal, indem er seinen Ausspruch noch durch ein Kopfnicken bekräftigte. »Die Beine sind schon eiskalt und abgestorben,« fuhr er fort, und hob die Bettdecke empor, um seinem Begleiter die abgemagerten Beine des Sterbenden zu zeiget.

      »Welche Veränderung in Zeit von Einem Tages rief Pascal, indem er diesen Körper betrachtete, der ohne Zweifel noch ein entsetzliches Geheimniß barg, wenn man nach den krampfhaften Zuckungen selbst während des Schlafes urtheilen durfte, und der bald nichts mehr als eine leblose Masse sein sollte.

      In diesem Augenblicke erwachte Valery, und nachdem er sich im Zimmer umgesehen hatte, suchte er mühsam seine Erinnerungen zu sammeln.

      »Ah! da sind Sie, meine Herren,« sagte er endlich; »nun, wie ist’s?«

      Der Arzt, an welchen diese Frage gerichtet war, schwieg und wechselte einen Blick des Einverständnisses mit Pascal.

      »Ich bin zu Ihren Diensten,« erwiderte dieser dem Kranken.«

      »Es ist keine Hoffnung mehr?«

      »Keine, außer bei Gott,« antwortete Maréchal.

      »Dann ist es eben so gut, als wäre schon Alles vorüber,« entgegnete Pascal.

      »Sie zweifeln an Gott?« rief Pascal.

      »O nein, ich zweifle nicht mehr an ihm, da ich sterben muß,« versetzte der Kranke. »Ich habe deshalb in einem Augenblicke des Fieberwahnsinns gesagt, daß ich beichten will; wohl an, es sei, ich will beichten.«

      »Es ist noch Zeit, Ihren Entschluß zu ändern,« sagte Pascal, »wenn Sie irgend ein Bedenken tragen. Es

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