Tödlicher Glitzer. Helga Henschel

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Tödlicher Glitzer - Helga Henschel

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der Mörder es auch auf ihn ab? Seine Hände zitterten. Die Spurensicherung würde nicht nur der Polizei Klarheit bringen, sondern auch ihm. Dann wusste er wenigstens sicher, ob er auch im Visier des hinterhältigen Mörders stand.

      „Haben Sie einen Verdacht?“

      „Nein, mir fällt kein Mensch ein. Sie war nicht streitsüchtig, ganz im Gegenteil.“

      „Herr Pielhop, eine Frage noch, dann sind wir vorerst fertig. Haben Sie eine Lebensversicherung abgeschlossen?“

      „Ja, ich schloss einen Vertrag für uns beide ab. Falls einer von uns beiden zuerst sterben sollte, bekommt der andere die Summe ausgezahlt“, gab Georg dem Kommissar bereitwillig Auskunft.

      Ein Verschweigen dieses wichtigen Details brachte ihm ohnehin keine Vorteile, sondern eher Nachteile. Also besser bei der Wahrheit bleiben, gestand sich Georg notgedrungen ein. Gleichzeitig erkannte er messerscharf, dass eine hohe Lebensversicherung als ein lupenreines Mordmotiv galt. Damit rutschte er in den Augen der Kommissare in der Hierarchie der möglichen Täter an die erste Stelle der Favoritenliste. Georg fühlte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Doch er musste Rede und Antwort stehen. Es führte kein Weg daran vorbei. Außerdem verfügte die Polizei über Mittel und Wege, solche Informationen ans Tageslicht zu zerren. Es war naiv zu glauben, eine Lebensversicherung verschweigen zu können.

      „Um welche Summe geht es da?“, fragte Lapschies nach.

      „Die Versicherungssumme beträgt 500.000 Euro. Würden wir beide gleichzeitig sterben, bei einem Unfall zum Beispiel, bekämen unsere Erben das Geld.“

      „Wer kommt da infrage?“

      „Ich machte noch kein Testament, doch da sind mein Bruder und dessen Kinder und Elviras Mutter. Meine Eltern sind gestorben.“

      Bei dieser Frage bemerkte Georg plötzlich, dass er dringend ein Testament verfassen sollte. Und was ist überhaupt mit meiner Tochter? Bisher hatte er kaum Vorsorge für seinen Tod getroffen und für unnötig gehalten. Er war erst fünfundvierzig Jahre alt, wer denkt schon an so was. Er stand in der Blüte seines Lebens und Testament sowie Vorsorge für das eigene Ende waren bislang nicht in seinen Fokus geraten. Das war doch eher etwas für alte Leute, hatte er gedacht. Testament und Vorsorgevollmacht hatte er in die hinterste Schublade seines Gehirns geschoben. Doch jetzt trat ihm sein Versäumnis vor Augen: Schicksalsschläge kamen schneller als erwartet. Er musste sich unbedingt in allernächster Zeit darüber Gedanken machen. Die hinterhältige Vergiftung hätte auch ihn treffen können. Konnte er sicher sein, dass der Anschlag nicht ihm galt oder ihn miteinbezog?

      Der Kommissar unterbrach seine Gedankengänge.

      „Herr Pielhop, die Leiche Ihrer Frau wurde freigegeben. Sie kann aus der Rechtsmedizin abgeholt werden“, teilte Lapschies Georg mit.

      „Endlich, dann gebe ich dem Bestatter Bescheid“, musste Georg seine Erleichterung darüber eingestehen.

      „Für heute sind wir fertig. Morgen kommen wir um neun Uhr, Herr Pielhop“, kündigte Kommissar Lapschies die Spurensicherung an.

      Seine Kollegin und er standen auf und gingen zur Garderobe. Sie nahmen sich ihre Wintermäntel von den Haken und zogen sie über. Die Temperaturen waren im Januar recht frisch.

      An der Haustür wandte sich Lapschies zu Georg um und verabschiedete sich:

      „Auf Wiedersehen, Herr Pielhop, morgen dann.“

      „Auf Wiedersehen“, sagte Jasmina Gante.

      Sie beteiligte sich bei dem ganzen Gespräch mit keinem einzigen Wort, schrieb aber fleißig mit.

      „Auf Wiedersehen, Herr Lapschies, Frau Gante“, sagte Georg und verneigte sich kurz und schloss die Tür.

      Betreten schlich er ins Wohnzimmer. Das erschien ihm plötzlich gefährlich. Überall lauerten giftiges Blei und totbringendes Quecksilber. Fühlte er etwa Kopfschmerzen? Roch die Luft merkwürdig? Wenn er heute Nacht keinen Schlaf finden würde, übernachtete er in einem Hotel. Das nahm er sich vor. Augenscheinlich hatte es jemand gezielt auf Elvira abgesehen. Aber warum? Er wälzte die Gedanken hin und her, konnte sich keinen passenden Reim auf die Eröffnungen des Kommissars machen. Blei. Quecksilber. Wie kam man da ran?

      Mit diesen sinnlosen Überlegungen kam er nicht weiter, sie brachten keine Ergebnisse. Georg verfolgte einen anderen Gedankenstrang, der sich ihm im Nachhinein aufgedrängt hatte. Verhielt er sich verdächtig? Die Sache mit der hohen Lebensversicherung war Fakt. Er hatte die Versicherung auf Gegenseitigkeit vor fünf Jahren abgeschlossen. Das musste jedem verdächtig vorkommen. Das belastete eindeutig ihn. Er sah schließlich jeden Sonntag Tatort, denn Elvira lag Sonntag für Sonntag auf dem Sofa und war verrückt auf Tatort. Georg hatte nie eine Chance gehabt, das sonntägliche Abendprogramm zu beeinflussen. Dadurch wusste er Bescheid! Und er hatte gelernt, besser gleich die Fakten erwähnen, als Heimlichtuerei zu versuchen. In Zukunft würde er sich still und unauffällig verhalten und seinen Geschäften nachgehen. Er musste Frau Hempel mitteilen, dass er morgen zu Hause bleiben musste. Und der Bestatter wartete ebenfalls auf seinen Anruf.

      Donnerstagmittag 9. April

      Kriminalhauptkommissar Felix Lapschies saß an seinem Schreibtisch mit der zerkratzten Tischplatte. Er trug die Fakten zusammen, die seine Abteilung zum Fall „Elvira“, wie sie ihren neuen Fall genannt hatten, inzwischen erarbeitet hatten. Die Lage war dünn, aber der Ehemann Georg Pielhop stand in der kurzen Reihe der Verdächtigen an prominenter Stelle. Die hohe Lebensversicherung verstärkte den Verdacht erheblich gegen ihn. Georg Pielhop hatte mit Elvira tagtäglich gemeinsam unter einem Dach gelebt. Er verfügte sehr wohl über Möglichkeiten, sie mit Blei und Quecksilber schleichend zu vergiften.

      Lapschies Gedanken drifteten in eine Nische seines Kopfes ab, die er sonst tunlichst mied. Seine verstorbene Frau Lisbeth stahl sich in den Vordergrund. Vor acht Jahren hatte sie sich mit einer Überdosis starker Schlaftabletten an einem ganz normalen Vormittag das Leben genommen. Er war wie gewöhnlich zur Arbeit gegangen und seine Töchter in die Schule. Lapschies machte sich auch nach so langer Zeit immer noch quälende Vorwürfe für ihren tragischen und so sinnlosen Tod. Für sie war ihr Freitod keinesfalls sinnlos gewesen, sondern der einzige mögliche Ausweg aus einer Sackgasse. Er hätte wesentlich aufmerksamer ihr gegenüber sein müssen und nicht ständig an seine Arbeit denken. Er war ja damals kaum zu Hause gewesen. Die Erziehung ihrer vier Töchter hatte er ihr ganz alleine überlassen. Er schämte sich nachträglich in Grund und Boden. Die vier Töchter, die schnell nacheinander das Licht der Welt erblickt hatten, und seine ständige Arbeitsüberlastung, das war zu viel für die zartbesaitete Lisbeth gewesen. Sie hatte keine Hilfe, keine Oma und erledigte alle anfallenden Aufgaben alleine. Für eine Haushaltshilfe hatten sie kein Geld. Also hatte sie geputzt, gewaschen, gekocht. Die Mädchen waren klein und hatten ihre stete Aufmerksamkeit gebraucht. Wenigstens hatte er das kleine Reihenhaus in Brinkum, einem Vorort von Bremen, gekauft. So verfügte die wachsende Familie über ausreichenden Platz. Na ja, nicht jedes Mädchen konnte in ihrem eigenen Zimmer schlafen, mit Freundinnen spielen und Hausaufgaben erledigen. Die Mädchen mussten sich zu zweit ein Zimmer teilen. Er hatte aber den Eindruck, das machte ihnen nicht viel aus. Es gab wegen der Enge nie Streit im Haus. Oder etwa doch und er bekam es nicht mit, wenn er abgespannt und mit seinen Gedanken noch auf dem Kommissariat nach Hause kam? Lisbeth dagegen war mehr und mehr in Depressionen verfallen. Selbst hatte sie sich nicht aus dem Käfig in ihrem Kopf befreien können. Oder doch? Hatte ihr Selbstmord eine endgültige Befreiung dargestellt? Lapschies wusste es nicht. Der Faden zwischen ihnen war im Laufe der Zeit abgerissen. Einfach so, unbemerkt und schleichend. Lisbeth, die Liebe seines Lebens. Lapschies hatte beschlossen, nie mehr eine andere Frau anzusehen. Lisbeth

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