Mafia Brothers. Sarah Glicker
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Einen Moment bleibe ich noch in meinem Wagen sitzen und betrachte es. Ich habe eine wunderbare Kindheit hier verbracht. Damals war noch alles in Ordnung und es gibt Zeiten da wünsche ich mir, dass es noch immer so ist.
Während ich versuche mich wieder ein wenig zu beruhigen, überlege ich mir schon eine Ausrede, wieso ich nicht lange bleiben kann. Auf diese Weise will ich verhindern, dass mein Bruder doch noch die Chance dazu bekommt, mit mir zu reden. Auf ein Gespräch mit ihm kann ich nämlich sehr gut verzichten.
Ein letztes Mal atme ich tief durch, ehe ich mich endlich dazu aufraffe, das Auto zu verlassen. Als ich durch den Vorgarten auf die Haustür zugehe, höre ich noch einmal in mich herein. Dabei stelle ich fest, dass die Tabletten endlich wirken und ich mich wieder so bewegen kann, als wäre nichts geschehen.
Und darüber bin ich froh. So muss ich mir keine Geschichte einfallen lassen. Ich will nicht, dass sie die Wahrheit erfahren.
Das dürfen sie niemals erfahren!
„Mein Kind“, begrüßt mich meine Mutter mit guter Laune und kommt mit großen Schritten auf mich zu, nachdem ich das Haus betreten habe.
In der nächsten Sekunde zieht sie mich für eine feste Umarmung an sich heran.
„Dich habe ich ja schon ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen“, erklärt sie und sieht mich prüfend von oben bis unten an. Nichts entgeht ihr, daher versuche ich so gelassen wie möglich auf sie zu wirken. „Was hast du alles in der letzten Zeit gemacht? Du warst ja ganz schön beschäftigt.“
„Sie führt ihr eigenes Leben“, ertönt in der nächsten Sekunde die Stimme meines Vaters, bevor ich ihr antworten kann. „Da ist es nun einmal so, dass man nicht mehr soviel Zeit für seine Eltern hat.“
Kurz sehe ich ihn an und versuche herauszufinden, ob er deswegen sauer oder enttäuscht ist. Doch wenn ich ehrlich bin, macht er diesen Eindruck nicht auf mich. Stattdessen zwinkert er mir zu und bringt mich so dazu, das sich leise lache. Wenigstens für einen kurzen Moment kann ich so meine Probleme vergessen.
Nach dem Mist, der in der letzten Zeit geschehen ist, tut es gut. Gerne würde ich mich öfter so frei fühlen, wie es gerade der Fall ist. Doch das ist es nicht. Um genau zu sein, passiert das sogar sehr selten.
„Dein Bruder kommt auch gleich“, verkündet meine Mutter, nachdem sie sich von mir gelöst hat.
Daher bekommt sie nicht mit, dass ich erschrocken zusammenzucke. Mein Herz beginnt zu rasen und erneut wird mir schlecht.
Ich wusste, dass er auch hier sein wird, doch ich kann kein Geheimnis daraus machen, dass ich eigentlich keine Lust habe, ihm über den Weg zu laufen. Ich gebe zu, dass ich mich am liebsten auf der anderen Seite der Welt aufhalten würde.
„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich habe ihm gesagt, dass ich heute keinen Streit zwischen euch will“, erklärt sie als Nächstes. „Ich bin mir also sicher, dass er sich zurückhalten wird.“
Für unsere Familie sieht es so aus, als würden wir uns einfach nicht verstehen und deswegen ständig aneinander geraten. Allerdings haben sie noch nicht einmal an der Oberfläche damit gekratzt. Und darüber bin ich froh, denn unsere Auseinandersetzungen gehen sehr viel tiefer.
Ich habe keine Ahnung, wie sie reagieren würden, wenn sie die Wahrheit wüssten. Doch ich weiß, dass es diese Sache nur noch schwieriger für mich machen würde. Und das ist etwas, worauf ich sehr gut verzichten kann. Je weniger darüber Bescheid wissen, was hier los ist, umso besser ist das für mich.
Dies ist auch der Grund dafür, dass ich seit Jahren den Mund halte und es einfach über mich ergehen lasse.
„Also, was hast du in den letzten Wochen gemacht?“, fragt sie ein zweites Mal und reißt mich so aus meinen Gedanken. Dabei bedeutet sie mir, dass ich ihr folgen soll.
Gemeinsam gehen wir in die Küche, wo ich mich an den gedeckten Tisch sinken lasse. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken, während ich versuche eine geeignete Antwort zu finden. So leicht ist das allerdings nicht, da ich eigentlich nichts gemacht habe.
„Ich hatte auf der Arbeit viel zu tun“, gebe ich schließlich von mir. „Und dann habe ich mich viel mit meinen Freundinnen getroffen.“
Es ist gelogen, doch das muss sie nicht wissen. Die Hauptsache für mich ist, dass sie es mir glaubt.
„Wirklich, ich weiß überhaupt nicht, wieso du dich nicht mit Jason verstehst. Ihr seid beide Arbeitstiere, wie es Opa immer so schön gesagt hätte“, murmelt sie und schüttelt den Kopf. „Manchmal frage ich mich, ob ihr euch überhaupt ein freies Wochenende gönnt. Aber vielleicht ist das auch genau euer Problem.“
„Was meinst du?“ Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich keine Ahnung habe, wovon sie spricht.
„Ihr seid euch einfach zu ähnlich.“
Meine Mutter verzieht das Gesicht, als würde sie darüber nachdenken. Doch ich ziehe es vor, nicht weiter auf diesen Gedanken einzugehen.
„Ich mache meinen Job gerne“, gebe ich nur von mir und zucke mit den Schultern.
Einen Moment sieht sie mich nachdenklich an, bevor sie sich wieder auf das Essen konzentriert. Dennoch habe ich das Gefühl, als würde es da noch etwas geben, was sie zu diesem Thema von sich geben will.
„Und was war bei euch los?“, erkundige ich mich, bevor sie es sich anders überlegt und ihr Schweigen bricht.
Die nächsten Minuten berichtet meine Mutter mir, was in der bei ihr und Dad passiert ist. Allerdings ist es nicht ganz so viel, wie ich von ausgegangen bin. Die meiste Zeit sind die beiden auf der Arbeit beziehungsweise mit dem Ausbau des Dachbodens beschäftigt, aus dem sie eine Art Hobbyraum für die Modellautos meines Vaters machen wollen.
Ich bin so sehr auf die Unterhaltung mit ihr konzentriert, das sich erschrocken zusammenzucke, als ich plötzlich die Stimme meines Bruders dicht hinter mir wahrnehme. Langsam drehe ich mich um und stelle fest, dass er mich keine Sekunde aus den Augen lässt. Dann wendet er sich jedoch von mir ab und begrüßt unsere Mutter, als wäre nichts.
Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich mich wieder im Griff habe, doch dann schaffe ich es, mir meinen Ärger nicht anmerken zu lassen.
Während des Essens spüre ich die ganze Zeit seinen Blick auf mir. Mir ist bewusst, dass ihn unsere letzte Unterhaltung nicht gefällt, doch es ist mir egal. An meiner Meinung wird sich nichts ändern. Dieses Mal werde ich standhaft bleiben!
Ich versuche mich auf das Gespräch zu konzentrieren, das um mich herumgeführt werden. Doch ich schaffe es nicht. Dies geht soweit, bis ich nicht einmal mehr in der Lage bin, am Tisch sitzen zu bleiben.
Plötzlich packt der Fluchtinstinkt mich, den ich nicht mehr unter Kontrolle behalten kann.
„Ich bin gleich wieder da“, verkünde ich und stehe so energisch auf, dass der Stuhl mit einem scharfen Ton über die Fliesen rutscht.
Als ich den überraschten Blick meiner Mutter erkenne, merke ich, dass es vielleicht etwas zu energisch war, doch darum kann ich mich jetzt