Mafia Brothers. Sarah Glicker
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„Irgendwo gibt es da anscheinend einen Mann, der die Meinung vertritt, dass er mir meinen Posten abnehmen kann. Er glaubt anscheinend, dass er mich ein paar Jahre wegsperrt und dafür nun an der Macht steht. Dabei befinde ich mich noch immer an der Spitze und ich habe auch nicht vor, von dort zu verschwinden. Hättest du mich in den letzten Jahren einmal gesehen, wüsstest du das.“
Ich lasse ihn nicht eine Sekunde in Ruhe. Ich will einen Namen wissen, damit ich mich um diese Angelegenheit kümmern kann.
„Du weißt es und ich weiß es. Scheiße, jeder, der dich kennt, weiß es“, gibt Kane schließlich von sich. Dabei hat er den Kiefer angespannt und gibt mir so zu verstehen, dass er nicht glücklich darüber ist. „Ja, da gibt es einen Mann, der in den letzten Jahren versucht hat, dir genau diese Position streitig zu machen. Allerdings kenne ich keinen Namen, dabei habe ich versucht, ihn in Erfahrung zu bringen.“
Nachdenklich sehe ich ihn an. Ich glaube ihm, er hat keinen Grund mich anzulügen.
„Gut“, gebe ich schließlich von mir und lasse mich wieder nach hinten sinken. „Wir werden jetzt folgendes machen.“
Ich sehe ihm an, dass er sich nicht wohl in seiner Haut fühlt. Auch wenn wir schon seit Jahren Freunde sind, weiß er, zu was ich in der Lage bin. Und ja, auch vor ihm würde ich nicht Halt machen. Denn meine Familie steht über meinen Freunden. Und daran wird sich auch nichts ändern.
„Du wirst deine Bemühungen, herauszufinden, wer es ist, noch verstärken. Wenn es jemanden gibt, der es herausbekommen kann, bist du es“, knurre ich.
Ich dulde keinen Widerspruch und das weiß er auch. Aus diesem Grund sieht er auch nicht sehr glücklich aus, nachdem ich ausgesprochen habe.
„Du weißt, dass das nicht einfach ist“, gibt er zu bedenken.
„Das ist mir egal. Irgendjemand versucht, meinen Standpunkt anzufechten, wenn du es so nennen willst. Du wirst sicherlich verstehen, dass ich mich gerne einmal persönlich mit ihm unterhalten würde.“
Ich lege eine kleine Pause ein, während ich ihn nicht aus den Augen lasse.
„Das ist deine Gelegenheit zu zeigen, auf welcher Seite du stehst. Denn entweder bist du für mich oder gegen mich. Solltest du allerdings gegen mich sein, wird das nicht gut für dich enden.“
Mit diesen Worten stehe ich auf und ziehe meine Waffe aus dem Hosenbund. Langsam lege ich sie zwischen uns auf dem Schreibtisch ab. So gebe ich ihm zu verstehen, dass ich mich nicht zurückhalten werde.
Kane bekommt große Augen, ehe er mich wieder ansieht.
„Ich werde es versuchen“, stellt er schließlich fest. Dabei höre ich jedoch die Angst, die von ihm ausgeht und weiß, dass ich ihn da habe, wo er sein soll.
„Das wollte ich hören. Ruf mich an, wenn du etwas erfahren hast“, gebe ich von mir.
Kaum habe ich ausgesprochen, stecke ich die Waffe wieder weg und verlasse sein Büro.
Ich habe keine Ahnung, ob ich mich wirklich darauf verlassen kann, dass er mir helfen wird. Es besteht durchaus die Chance, dass er nun zu diesem Typen gehen wird, um ihn zu warnen. Doch ich muss dieses Risiko eingehen. Dennoch werde ich Kane im Auge behalten. Denn nur so kann ich sichergehen, dass er auch macht, was ich ihm aufgetragen habe.
Und vor allem muss ich sichergehen, dass er mir dann auch sagt, wer er ist.
Sollte er es nicht machen, wird er dafür bezahlen.
4
Rachel
Als ich am nächsten Tag von der Arbeit nach Hause gehe, fühle ich mich einfach nur beschissen. Ich habe Magenschmerzen und komme mir vor, als hätte ich eine Grippe. Und das ist noch untertrieben.
In der letzten Nacht habe ich kaum geschlafen. Ich habe mich von einer Seite auf die andere gedreht und versucht einen Ausweg zu finden. Doch die Wahrheit sieht so aus, dass es keinen gibt. Auf jeden Fall keinen, den ich nicht mit meinem Leben bezahlen würde.
Irgendwann habe ich den Versuch aufgegeben und stattdessen gehofft, dass dieses Treffen schnell vorbeigeht.
Heute ist der Abend, dem ich nicht entkommen kann. Und leider ist mir das durchaus bewusst. Heute muss ich mich mit dem Geschäftspartner meines Bruders treffen, um ihm ein paar schöne Stunden zu bereiten!
Alleine bei dem Gedanken daran wird mir schlecht. Mein Magen dreht sich um und es wird auch nicht besser, wenn ich mir vor Augen halte, dass es nicht ewig dauern wird. Denn ich weiß, dass er bereits den nächsten Mann für mich hat. Er hat es zwar noch nicht gesagt, aber ich stecke mittlerweile lange genug in dieser Geschichte, um es zu wissen.
„Scheiße“, fluche ich ein wenig zu laut, sodass ein paar der Leute, die sich um mich herum befinden, sich zu mir umdrehen.
Kurz werfe ich ihnen einen entschuldigenden Blick zu, bevor ich weiter gehe. Dabei versuche ich meine Umwelt so gut es geht auszublenden.
Doch es dauert nur wenige Sekunden, bis ich erneut ruckartig stehen bleibe. Dieses Mal jedoch aus einem anderen Grund.
Einige Sekunden starre ich auf die Stelle, die sich nur wenige Meter von mir entfernt befindet. Für einen kurzen Moment kommt es mir so vor, als würde ich träumen. Doch ich weiß, dass es nicht so ist.
Ich entdecke den Mann, den ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Ich habe oft an ihn gedacht, das gebe ich zu. Und mindestens genauso oft habe ich mir gewünscht, dass er bei mir ist. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass ich ihn noch einmal wiedersehe.
Cody unterhält sich mit seinem Bruder Taylor. Da ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll, bleibe ich kurz stehen und beobachte sie.
Ich muss zugeben, dass er noch immer heiß ist. Das war er früher schon und das Gefängnis, in dem er die letzten Jahre verbracht hat, hat nichts daran geändert.
Ich weiß nicht, wieso er dort war. Ein paar Mal habe ich seine Brüder danach gefragt, wenn sie mir über den Weg gelaufen sind. Allerdings haben sie kein Wort darüber verloren. Sie haben nicht einmal irgendwelche Andeutungen gemacht, was mich frustriert hat.
Aber vielleicht ist es auch besser, dass ich es nie erfahren habe.
Für einen kurzen Moment frage ich mich, ob ich mich nicht einfach umdrehen und einen Umweg gehen soll. Dies würde bedeuten, dass ich es noch länger dauert, bis ich endlich in meiner Wohnung bin und die Tür hinter mir schließen kann. Dabei habe ich es überhaupt nicht eilig, dort zu sein. Gerade kommt es mir so vor, als wäre meine Wohnung nur eine Zwischenstation.
Allerdings beschließe ich, dass es kindisch und total bescheuert wäre.
Doch das ändert nichts daran, dass ich Angst habe. Es ist eine Weile her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Und da haben wir uns nicht im Guten getrennt.