Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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24a

      87760 Lachen

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      www.autrice.art

       Dieses Buch ist all den Serien und Filmen gewidmet,

       die uns als Kinder beeindruckt und unsere Fantasie beflügelt haben;

       die uns dazu brachten, uns in die Sättel wilder Pferde zu schwingen

       und einen Stetson aufzusetzen,

       um von Cowboys, Mustangs und weiten Prärien zu träumen.

       Und für Norbert, weil er die Liebe meines Lebens war.

      Bremerhaven, 1884

      Nebel, überall Nebel, wie so häufig um diese Jahreszeit in den frühen, dämmrigen Morgenstunden. Bremerhaven war dafür bekannt, für Anfang März war es dennoch ungewöhnlich kalt. Die Luft trieb den salzigen Geschmack der See mit sich und mehrere Schiffe lagen im Hafen, kleinere und größere und dazwischen Fischerboote, die wie Spielzeuge gegen die mächtigen Überseedampfer wirkten. Majestätisch ragten ihre meterhohen Flanken aus den schlagenden Wellen. Unzerstörbar schienen ihre riesigen Rümpfe, die tausende von Menschen zu fassen vermochten, Güter und Tiere um die Erde brachten.

      Das kräftige, durch den Nebel wie gedämpft hallende Glockengeläut der Sankt-Marien-Kirche verkündete, dass es soeben sechs Uhr früh wurde. Ein neuer Tag, ein entscheidender Tag, der alles verändern würde, lag vor den Menschen, die sich an diesem Morgen zur Abfahrt am Hafen eingefunden hatten, dort, am berühmt gewordenen „Point Of No Return“, dessen Name allein schon sagte, wohin die Reise gehen würde: Fort von der Heimat, in die Fremde und in eine erhoffte, bessere Zukunft – hier, am Ort ohne Wiederkehr. Familien mit Kindern, junge Männer und Frauen, Geistliche und Nonnen und ein Haufen unbändiger, umher tollender Kinder drängten sich zwischen Anlegestelle und Zufahrtsstraße. Sie stammten aus allen Gesellschaftsschichten, von der Fürstin, die erste Klasse reisen würde, um ihre Verwandten zu besuchen, bis zum armen Handlanger, der sich drüben, in der neuen Welt, Reichtum und Ruhm erhoffte.

      Die „Elbe“ lag schon seit zwei Tagen im Hafen, um mit Lebensmitteln und den benötigten Vorräten beladen zu werden. Sie zählte zu den schnellsten Dampfern unter der Flagge des Deutschen Reiches und besaß zwei riesige Schornsteine, aus denen dicker, schwarzer Rauch aufstieg. Über eintausend Menschen fanden auf ihr Platz, eingeteilt in drei Klassen, wobei allein 800 Fahrplätze nur für das Zwischendeck einkalkuliert waren. Sie rühmte sich, eines der Vorzeigeschiffe des Norddeutschen Lloyd zu sein und hatte sich auch in Bezug auf ihren Komfort einen guten Ruf erarbeitet.

      Nikolaus, ein schmächtiger, dürrer Junge von neun Jahren, starrte bereits seit Minuten die Bugwand des Schiffes hinauf. Er versuchte, die vielen Bullaugen zu zählen, die er entdecken konnte und wurde dabei immer wieder von Matrosen abgelenkt, die oben auf Deck, nahe der Brüstung, umherliefen. Nikolaus’ braune Augen leuchteten. Geboren in einem kleinen Ort nahe Wittenberge und auch dort aufgewachsen, hatte er solche Schiffe bisher nur auf Bildern oder aus der Entfernung bewundern können. Nun stand er hier, neben diesem modernen, erst drei Jahre in Betrieb befindlichen Dampfer, der ihn über den großen Ozean bringen sollte, in ein fremdes Land, von dem es hieß, dass dort alles schöner, größer und weiter sei als irgendwo sonst auf der Welt. Nikolaus versuchte sich das vorzustellen und gelangte zu der Annahme, sie müssten sich auf dem Weg ins Paradies befinden. Eine Hand legte sich mit einem Mal schwer auf seine Schultern und schreckte ihn aus seinen Überlegungen; es war die seines älteren Bruders.

      „Bist du in Ordnung?“ Hubert lächelte fragend. Er war gerade achtzehn Jahre alt geworden, groß, schlank und von unauffälligem Äußeren, mit denselben dunkelbraunen Haaren und Augen wie der Junge..

      Nikolaus nickte aufgeregt. „Wann geht’s denn endlich los?“ Gespannt schaute er zu seinem Bruder hinauf, ohne zu ahnen, wie ähnlich sie einander in diesem Moment waren.

      Hubert warf einen Blick zurück, zu dem Menschenauflauf, der sich am Pier gebildet hatte. Mitten drin entdeckte er seine Eltern und ihre sechzehnjährige Schwester Juliane. Er zuckte die Schultern.

      „Bald“, versprach er und betrachtete das Schiff, an dessen beiden Eingängen bereits die Holzprielen bereitlagen, über die sie treten mussten, um ins Innere des Schiffs zu gelangen. Der linke Eingang war für die Passagiere der ersten und zweiten Klasse gedacht und der andere für die des Zwischendecks. Das wenige Gepäck, das sie mitnehmen durften, war schon am Vorabend in den Rumpf der „Elbe“ verladen worden – alles, bis auf einen kleinen Handkoffer, den Friedrich bei sich trug und in dem ihre wichtigsten Dokumente, ein paar Bücher und anderer Kleinkram verstaut waren. Jeder von ihnen hatte noch eine Tasche dabei, in dem sich seine persönlichen Kleinigkeiten und frische Kleidung befanden, der Rest blieb bis zu ihrer Ankunft in New York im Laderaum des Schiffes verschwunden.

      Juliane gesellte sich zu ihnen, mit bedächtigem Schritt und scheinbar gelangweilt. Sie vergaß wieder einmal, dass es sich als junge Dame nicht gehörte, vor sich hin zu schlendern und dabei auf den Zehenspitzen zu wippen.

      „Das dauert noch eine Weile, bis sich alle von Vater verabschiedet haben“, meinte sie und blickte um sich, wobei sie ein tiefes Seufzen vernehmen ließ. Hunderte von fremden Menschen drängten sich am Anlegesteg und der Lärmpegel, der sie umgab, war enorm, beinahe beängstigend. Überall dröhnten Maschinen, während dazwischen die lachenden, kreischenden Stimmen der Kinder erklangen. Es gab Abschiedsszenen, Tränen und Vorfreude bei denen, die den Dampfer in wenigen Minuten betreten durften. Auf in ein neues Leben, in ein hoffentlich besseres! Auf ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Und daneben der Schmerz des Zurückbleibens bei denen, die nur gekommen waren, um hinterdrein zu winken. Wie gedämpft durch den Nebel, herrschte eine eigenartige Bedrücktheit über dem Pier. Nur die Weser plätscherte am Landesteg entlang, leise gurgelnd und die Mächtigkeit des tosenden Meeres verratend, wie jedesmal, wenn ein Schiff diesen Hafen verließ, am Punkt ohne Wiederkehr.

      Hubert steckte seine Hände in die einfachen Baumwollhosen und runzelte die Stirn. „Meine Güte“, entfuhr es ihm. „Stell dir das einmal vor: In etwas mehr als einer Woche sind wir schon in Amerika!“

      „Es ist ganz seltsam“, erwiderte Juliane nachdenklich, während ihre hellen, fast bernsteinfarbenen Augen die Seitenwand des Dampfers hinaufglitten. Es waren die Augen ihrer Mutter Luise – sie hatte als einzige die rotblonden Haare und diese seltenen Augen vererbt bekommen. Dazu das feine, etwas kantige Gesicht mit den vollen, roten Lippen und dem hellen Teint, der von kleinen Sommersprossen gezeichnet war. Sie konnte nicht als außergewöhnlich hübsch bezeichnet werden, jedoch herzlich in ihrer Ausstrahlung und bezaubernd mit ihrem fröhlichen, ungezwungenen Charakter, der ihr regelmäßig in die Quere kam zu dem, was Luise von ihr erwartete. Als Tochter eines Pastors hatte Juliane stets höflich, zurückhaltend und adrett zu sein und ihre burschikose, teils vorlaute Ader kollidierten nur allzu gern mit den Wertvorstellungen ihrer Mutter.

      „Weißt du“, sagte Juliane jetzt und legte den Kopf schief. „Ich finde, es wäre nicht nötig, dass wir auswandern.“

      Ein Schmunzeln bildete sich um die Lippen ihres älteren Bruders.

      „Das wird Vater kaum von seinem Vorhaben abbringen können! Er ist fest entschlossen, sich dort drüben nützlich zu machen!“

      Das junge Mädchen seufzte. „Ich weiß. Er sieht sich als eine Art Missionar. Trotzdem wäre ich

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