Suche Frosch mit Krone. Denise Remisberger

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Suche Frosch mit Krone - Denise Remisberger

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der grünen langen Strähne, an der ein silbernes Glöckchen baumelte, hing ihm tropfend in die Stirn, da er seinen Weg zu Robertos Heim zu Fuss bewältigt hatte, obwohl es in Strömen regnete. Auch die braune Lederjacke mit dem kaputten Reissverschluss tropfte. Das einzige Stück, das der Regen verschont hatte, war seine mit einem Lederdeckel versehene Uhr. Das Ganze sah aus wie ein riesiges braunes Armband. Er war sehr stolz darauf. Ronalds Wangen glühten in einem feuerroten Ton und er miefte nach Fahne. Er hielt noch den Becher Bier in der Hand, den er sich am „Bunten Abend“ von Karla geben liess. Diese war offensichtlich sehr erpicht darauf gewesen, ihn fortgehen zu sehen. Er trampte also in Robertos Wohnung und wartete, bis dieser ihm ein Lager im Wohnzimmer vorbereitet hatte. Dieser Raum vermittelte einen etwas kargen Eindruck, denn ausser dem Fernseher und einem bequemen Sessel davor, beherbergte er nur noch eine Matratze, die mit einem alten karierten Tischtuch bedeckt war.

      Ronald wohnte in einer anderen Stadt, da er dort eine Stelle als Grafiker in einem Atelier ergattern konnte, und der letzte Zug war schon lange weg.

      „Wieso bist du nicht auch gekommen?“, lallte Ronald. „Ich musste zu meinen Eltern nachhause, sie haben mich eingeladen“, war die lahme Antwort. „Wie alt bist du?“, kam es prompt zurück. Nach dem hervorgepressten „Fuck off“ marschierte Roberto zurück ins nicht mehr ganz so warme Bett.

      Kaum aber war er wieder eingeschlafen, schreckte er auf, da jemand nach ihm tastete. „Ronald, spinnst du jetzt vollends?! Verpiss dich!“ Der Eindringling, der sich bei sich zuhause wähnte, wurde unsanft zurück ins Wohnzimmer geschoben, wo er sich auf sein Lager legte, allerdings nur mit dem Kopf; der restliche Körper kuschelte sich auf dem Parkettboden in eine imaginäre Decke. Roberto stapfte kopfschüttelnd zurück in sein Schlafzimmer und schloss die Türe sicherheitshalber ab.

      Am nächsten Morgen fand er Ronald auf dem hellblau gekachelten Badezimmerfussboden schnarchend, was seine allgemeine Empörung noch ins Besondere steigerte. Als er ihn beim Frühstück zur Rede stellen wollte, wusste der inzwischen Ausgenüchterte nichts mehr.

      6

      Als Karla am nächsten Morgen in ihrem Zimmer mit dem hohen Bogenfenster mit Blick auf den bewölkten Himmel erwachte, kam ihr als Erstes ihr Debüt mit Zorro in den Sinn. Sie seufzte und rollte sich aus ihrem riesigen, türkis bespannten Bett, das auf einem Rost am Boden den meisten Platz des Raumes einnahm. Den restlichen Abend hatten sie sich gemieden, da der einzelne Kuss für eine Weile völlig gereicht hatte. Sie legte sich ihr Fellgilet um und schlurfte in die kleine, weiss verputzte Küche. Sie schöpfte einen Riesenlöffel Honig in ihre grosse Haustasse und stellte sie auf den alten Holztisch mit den verschnörkelten Beinen, während die italienische Espresso-Maschine Geborgenheit verströmte, was Karla Grund genug war, sich keine automatische Klotzkonstruktion anzuschaffen. Endena war nicht da. Sosehr sich Karla auch bemühte, die roten Zorro-Haare erschienen ihr immer wieder, flatterten an ihrem inneren Auge vorbei und waren doch nicht zu halten. Sie hatte das enorme Bedürfnis, diese Bilder zu verdrängen und so fing sie wie vergiftet an, in ihrem neuen Astrologiebuch weiterzulesen.

      Sie war im ersten Jahr an der Astroschule, berufsbegleitend, und da sie gerade arbeitslos war, hatte sie viel Zeit zum Lernen.

      Sie schlug also die Seite mit dem selber bemalten Buchzeichen auf und begann, sich zu vertiefen. Aber bald schon kam sie zu einem Abschnitt, der „Venus in Löwe“ behandelte, und musste sofort wieder aufhören mit ihrer Lektüre, denn Zorros Venus stand genau dort. Und über seine erotische Ausstrahlung zu lesen, vermochte sie nun wirklich nicht, ohne Schreikrämpfe zu bekommen. Und diese wollte sie tunlichst vermeiden. Also klappte sie das verhängnisvolle Ding wieder zu, sauste auf ihrem violetten City-Bike ans andere Ende der Stadt und unternahm einen Spaziergang im Botanischen Garten, in dem sie die rötlichen Blumen auch nicht gerade von ihrer Besessenheit ablenkten.

      7

      Zorrolein wurde nicht minder verschont. Ihn verfolgte Karlas Berührung bis in den Traum hinein. Als er aufwachte, war sein Einmann-Bett nicht mehr ganz so trocken. Sein Blick fiel auf das alte Pink Floyd-Poster an der Wand, welches noch aus seiner sogenannten Rebellenzeit stammte, während der er freilich nur das tat, was auch seine Kollegen taten, nämlich, dem Gruppendruck nachgeben. Das gute Poster konnte ihn jedoch nicht erretten. Als er das Fiasko in seiner Schlafstätte besah, sagte er laut: „Blödsinn!", doch es liess sich nicht mehr ungeschehen machen und seine etwas verfehlte Bemerkung besänftigte ihn auch keineswegs, ganz im Gegenteil. Er nahm sich vor, Karla anzurufen.

      Als niemand den Hörer abnahm – sie tummelte sich ja gerade im Park und Endena war immer noch nicht nachhause gekommen –, war er richtig deprimiert.

      Er war so enttäuscht, dass er es erst wieder am Mittwoch versuchte, und siehe da, jemand meldete sich: „Endena?“ „Hallo, ist Karla zuhause?“, stiess er ausser Atem hervor, da sein Solarplexus gerade von Medusa bearbeitet wurde. „Bist du das, Zorro?“, klang es sehr bedeutsam. „Jaa …“, tönte es eher gequält, da Zorro nicht gerne zugeben wollte, dass er was von Karla haben musste. Er musste schliesslich sein Image des Unabhängigen wahren.

      Endena übergab den Hörer mehr als schmunzelnd. Karla versuchte krampfhaft, ihre Nervosität abzumurksen, doch sie hatte sich vergebens bemüht. Ihre Stimme hörte sich auf bedenkliche Weise brüchig an. Das knapp fünfsekündige Telefonat hörte sich wie folgt an: „Kommst du auf eine Tasse Grüntee zu mir?“ „Ja!“ „O.K. Bis dann.“ Er hängte auf, noch bevor sie sich verabschieden konnte.

      Auf Umwegen hatte er erfahren, dass sie auf Grüntee stand, was immer das war. So war er am Dienstag extra ins Reformhaus gewandert, vergass aber zu fragen, wie er mit diesem Zeugs umzugehen hatte.

      In seiner Hast nun schüttete er die halbe Tüte in die Pfanne und die andere Hälfte neben besagte. Es wurde nichts daraus.

      Er setzte sich resigniert auf den wackeligen Küchenhocker an den runden, marmorfarbenen Bistro-Tisch und drehte sich einen. Dann sog er seufzend daran und beruhigte sich etwas, wobei er die hellgrüne Farbe der Kästchentüren über dem Chromstahlspülbecken in sich aufnahm. „Den Anti-Autoritätsspruch, den ich vor einem Jahr an die Wand genagelt habe, sollte ich vielleicht durch etwas Reiferes ersetzen. Aber durch was?“, sinnierte er bekümmert.

      Als Karla dann endlich kam, angetan mit einem wollenen dunkelgrünen Mini und einem schwarzen Oberteil, das vorne von einem langen Reissverschluss zusammengehalten wurde, sammelte sie den ausgeschütteten Tee ein und zeigte ihm das richtige Mass. Sie dachte bei sich, dass, wenn er mit seinen Gefühlen auch so grosszügig umgehe, sie die Flucht ergreifen werden müsse. Doch er verhielt sich eher schüchtern – anfangs.

      Nach einem Weilchen des gegenseitigen Umzingelns und des Übersiedelns in den angrenzenden Wohn-Schlafraum, ging Karla als Erste zum Angriff über. Sie wickelte sich eine seiner Haarsträhnen um den Finger und küsste ihn, diesmal etwas sanfter. Seine Hände glitten langsam an ihr herunter und der Druck seiner langen Finger raubte ihr beinahe den Atem. Der Kuss wurde deutlich leidenschaftlich, und da sie nicht wusste, wohin mit der sich in ihr aufwirbelnden Energie, die seine Berührung auslöste, bohrte sie ihre vom Vollkornbrotgenuss sehr stabilen Nägel in seinen Nacken, was er dann erst am Tage darauf als rote Striemen manifestiert sah, doch sie hatte es ja schliesslich nicht mit der vollen Absicht getan. Und da es mit seiner Haarfarbe in völliger Harmonie stand, fand er es sogar ästhetisch.

      Doch um wieder auf den berühmten Nachmittag zurückzukommen, folgte auf die Sache mit den Nägeln eine nicht minder Spuren hinterlassende Aktion von Seiten Zorros, und zwar mit seinen spitzen Zähnen an ihrem Hals – nicht mal seine Stockzähne waren die abgerundetsten. Doch sie stöhnte nichtsdestotrotz, sodass er sich sofort dazu berufen fühlte, dasselbe auf gegenüberliegender Seite auszuprobieren. Da diese

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