Suche Frosch mit Krone. Denise Remisberger

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Suche Frosch mit Krone - Denise Remisberger

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      Das verwirrte ihn – wir dürfen nicht vergessen, wie unerfahren er immer noch war. Sie sagte ihm, das sei jetzt halt so, und er solle doch an einem andern Ort weitermachen und ausserdem habe sie zu heiss, worauf sie sich auszog, denn sie glaubte nicht daran, dass er es mit ihren Reissverschlüssen hätte aufnehmen können.

      Danach schlang sie die Arme um ihre Beine und grinste ihn spöttisch an, worauf er anfing, sein braungrün gestreiftes Hemd aufzuknöpfen. Da läutete es an der Tür.

      Draussen lehnte Kring an der Wand und wartete, bis Zorro öffnete. „Störe ich? Du siehst nicht so erfreut aus.“ „Tatsächlich!“, kam es düster.

      Krings leuchtend blaue Augen hatten schon manche Frau irritiert und seine langen geraden Haare in einem eher bräunlichen Dunkelblond luden zum Sich-darin-Vergraben ein. Er strahlte eine Lebensfreude und eine Kraft aus, die noch durch seine weite Jacke mit den grossflächigen rot-schwarzen Karos untermalt wurden. Trotz seines extrovertierten Charakters war er der unter seinen Kollegen, der die feinen Schwingungen seiner Mitmenschen zuerst wahrnahm. Er konnte sogar seinen Kolleginnen das Wasser reichen.

      Karla hatte sich in aller Hast angezogen und erschien nun im Korridor. „Oh, Karla, du bist auch da? Und einen Jupe hast du an, einfach toll!“ Er küsste sie auf die Wange und grinste anzüglich, während Zorro böse vor sich hinfunkelte. Karla war gerade in den Sinn gekommen, dass sie noch aufs Arbeitsamt sollte, und sie verabschiedete sich mit einem lang anhaltenden Kuss von Zorro und einem Augenzwinkern von Kring.

      Als sie im Tram Richtung Stempelkontrolle sass, musste sie so in sich hineinlachen, dass sie noch verwunderter als üblich von den Eingeborenen dieses, von welchem Unglück auch immer heimgesuchten, Landes mit ihren typisch nach unten gezogenen Mundwinkeln angeglotzt wurde. Lachende Menschen fielen hier eben auf.

      An dem zermürbenden Ort angekommen, musste sie zuerst einmal draussen anstehen, wurde jedoch sogleich wieder von dem „Hallo“ Robertos aufgeheitert, der aus dem Gebäude nebenan herausgekommen war. „Hallo Roberto, wo hast du dich denn am Samstag rumgetrieben?“ Der arme Junge musste nun schon zum fünften Mal den Aufenthalt bei seinen Eltern erwähnen, was er bei Karla speziell ungern tat, denn sie zog ihn in solchen Fällen auch immer ganz speziell auf. Vor allem die Art, wie sie sich über ihn lustig machte, passte ihm gar nicht. Es war irgendwie verunsichernd.

      Nach überstandenem einseitigem Amüsement kam er auf Endena zu sprechen, während er und Karla weiter in der Schlange aufschlossen. „Wie lange wohnt ihr denn jetzt schon zusammen, du und Endena?“ Die Betonung des Wortes „Endena“ war so seltsam, dass sie aufhorchte. „Zwei Monate. Warum?“ „Ach, nur so. Sie geht nicht so gerne in den Ausgang, nicht wahr, ich meine, im Gegensatz zu dir.“ „Sie muss halt oft ins Basketball-Training, weisst du. Doch am Samstag war sie zuhause“, endete Karla die Unterhaltung grinsend und zeigte der Frau am Schalter ihre Karte.

      Wieder draussen, fragte Roberto, ob Karla ihm die Karten legen würde. „Klar! Heute?“ „Ja, aber bitte bei mir zuhause. Nicht, dass noch jemand zuhört.“ Er kratzte sich verlegen an der Stelle, wo das längere Haarbüschel hervorstand.

      8

      Während Karla eine Beziehung zwischen Roberto und Endena prophezeite, machte Kurt seine Hausaufgaben in der WG-Stube, die er sich mit drei Mitbewohnerinnen teilte. Im Moment jedoch hielt sich niemand von den anderen drei zuhause auf. Kurt war ein schlaksiger Junge mit strohblondem anliegendem Haar und einem verbitterten Zug um den kleinen Mund. Er hatte die Angewohnheit, im Stehen sein Gewicht in schnellstem Tempo von einem Fuss auf den anderen und wieder zurück zu verlagern, wobei er seine Schultern nach vorne hängen liess, was nicht gerade bodenständig aussah. In krassem Gegensatz zu seinem Zynikermund standen seine grossen kornblumenblauen Augen und dann gab es Momente, in denen er mit seinem schrägen Humor durchaus positiv überraschen konnte. Gerade hatte er sich zu einem neuerlichen Lernanlauf überwunden. Viel lieber als dieses Zeugs über verschiedene Baustoffe zu lernen, um die er bei seinem Architekturstudium leider nicht herumkam, würde er jetzt irgendeinem hübschen unbekannten Mädchen seine Probleme mit dem Krieg in Ex-Jugoslawien schildern. Er hatte zwar eher ein paar Konflikte mit seiner eigenen Person, aber das ferne Ex-Jugoslawien schien ja so viel weniger verzwickt. Er hatte sogar schon einige Patentlösungen ausgetüftelt, denen es allerdings schwer an konkreter Durchführbarkeit mangelte. Er liess sich von seinen Tagträumen jedoch, wie gesagt, nicht lange beirren, denn am folgenden Tag war eine Prüfung angesagt, bei der er unbedingt gut sein musste.

      9

      Am selben Abend rief Remo bei Karla an. Er hatte alle seine khakifarbenen Sakkos in einer Truhe im Estrich verstaut und sass nun genügsam mit einem dicken Wollpullover, den ihm seine liebe Tante gestrickt hatte, in seinem schlauchartigen engen Wohnzimmer in einem unbequemen Sessel aus schwarzem abgewetztem Kunstleder, den er sich aus dem Brockenhaus geholt hatte, als es dort noch solche gab. „Ich habe bei der Bank gekündigt!“ „Was?!“, war die überraschte Antwort. „Das ist ja geil! Endlich! Bist du endlich vernünftig geworden!“ „Puh. Ja“, kam es kleinlaut. „Gehn wir nächstens zusammen stempeln?“ „Wahrscheinlich.“

      10

      Um das freudige Ereignis gebührend zu feiern, fuhren Karla und Endena am nächsten Abend bei Remo ein.

      Er wohnte an einer Schnellstrasse mit Blick aufs Haus gegenüber, das schwarz war vor lauter Abgasen. Bei trübem Wetter wirkte die Fassade beängstigend und der Lärm von unten liess eine sich nahende Apokalypse erahnen.

      Im schmalen Wohnzimmer mit der enormen Wohnwand vom Vorgänger wartete bereits Roberto und fing an zu zittern, als er Endena in der Tür stehen sah. Diese fasste sich ein Herz und setzte sich zu ihm aufs Sofa mit dem knallroten Stoffüberzug. Der Stoffüberzug war neu.

      Karla, die sich ebenfalls aufs Sofa neben Endena gehockt hatte, schnappte sich eine Holzschüssel mit zwei dazupassenden Löffeln und fing an, damit Musik zu machen. Sie hämmerte wild drauflos, und schon bald setzten auch die anderen mit ein.

      Remo, der am Boden sass, schob sich den leeren Papierkorb auf den Kopf und klebte sich im Takt zu Karlas Gehämmer Etikett-Kleber auf die Hosen.

      Endena, eine rote Plastik-Schubkarre auf dem Kopf, wühlte in getrockneten Blättern herum, und erzeugte damit eine Art Hintergrundton.

      Der etwas verklemmtere Roberto begnügte sich damit, mittels eines Quietsch-Krokodils aus Remos alten Kindertagen seinen Senf dazuzugeben.

      Endena und Roberto lächelten sich zwischendurch verlegen an, bis Roberto sie mit tausend Hintergedanken fragte, ob sie ihm nicht Grundunterricht in Basketball geben würde. „Ja, warum nicht“, säuselte sie und verdrehte ihre dunklen Augen gen Himmel beziehungsweise in Richtung abbröckelnde Zimmerdecke.

      Als Remo zwei Stunden später, schon halb taub, anmeldete, er müsse jetzt schlafen gehen, gingen die drei gemeinsam weg, sodass Endena Roberto ungehindert fragen konnte, ob sie ihn mit dem Auto nachhause fahren solle. Er schaute sie mit grossen ernsten Unschuldsaugen an und versuchte ein ganz neutrales „Ja, gerne“ von sich zu geben. Er fragte sich darauf, was Karla denn jetzt wieder so lustig fand.

      Als sie schon ein Stück gefahren waren, und Roberto bereits seine Adresse preisgegeben hatte, kam es Karla so vor, als würden sie in die falsche Richtung brausen. Sie wollte Endena jedoch nicht blossstellen und sagte nichts. Roberto, der ebenfalls von diesem Abweg Kenntnis nahm, meldete sich behutsam: „Endena, willst du uns dein Auto vorführen?“ Sie, die das sichere Gefühl hatte, auf der richtigen Strasse

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