der Schatz im Acker. Hermann Brünjes

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der Schatz im Acker - Hermann Brünjes Jens Jahnke Krimi

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ich habe gern das letzte Wort, »ich treffe diesen Fabian gleich und kann dir dann ja berichten.«

      *

      Ich muss heute noch einen Artikel über die gestrige Veranstaltung schreiben. Die Kombination Erntedankfest und Tag der Deutschen Einheit finde ich interessant, und was die Verantwortlichen in Himmelstal daraus gemacht haben prima. Hier wurde ja gewissermaßen Einheit praktiziert: Kirche, Sport­verein und Feuerwehr haben den Festtag gemeinsam gestaltet. Ich ziehe mich für eine knappe Stunde in mein Arbeitszimmer zurück und mache mir Notizen.

      Die Fotos von meiner Canon sind gut geworden. Dem Artikel werde ich ein Bild vom Gottesdienst und eines vom Tanzabend beifügen.

      Auch der Bürgermeister beim Grußwort darf nicht fehlen. Ich weiß, das alles ist typischer Provinzjournalismus – aber eben diesen liebe ich. Das wahre Leben in seiner Vielfalt und Normalität zu dokumentieren, macht mir mindestens ebenso viel Freude wie »die Story des Monats« zu recherchieren und zu schreiben. Mit zweiundsechzig Jahren sollte man wissen, wo man hingehört. Ich habe mich schon vor Jahren entschieden, auf eine journalistische Karriere bei einer großen Zeitung zu verzichten und lieber Reporter der »kleinen Leute« zu bleiben. Dafür haben viele meiner Kollegen kein Verständnis, was mir egal allerdings ist. Mein Chef Florian Heitmann versteht es zum Glück. Zwar mag er als ehemaliger Redakteur der BILD-Zeitung am liebsten spektakuläre Aufmacher, im Grunde seines Herzens tickt er aber ähnlich wie ich. Auch mein Chef liebt die Provinz, die Vereine, Lokalpolitik, Firmenempfänge und die vielen Geschichten um Menschen, Tiere und Schicksale aus der Heide.

      Meinen Artikel werde ich also morgen locker unterbringen, auch dann, wenn er über 75 Zeilen benötigt. Heute Abend werde ich ihn schreiben, jetzt habe ich die Notizen dafür im Computer hinterlegt.

      *

      Ich hätte auch das Fahrrad nehmen können. Der Hof der Familie von Heimfeld liegt nur einen knappen Kilometer entfernt vom nördlichen Ortsschild unseres Dorfes. Auch heute bleibt das Wetter stabil. Es ist zwar bewölkt, aber trocken und windstill. Ein Hauch »goldener Oktober« liegt weiterhin in der Luft. Zu beiden Seiten der schmalen Asphaltstraße wurden in diesem Jahr Zuckerrüben angebaut. Die Rübenkampagne in der Fabrik beginnt erst Mitte November. Die Ernte ist hier trotzdem fast beendet. Hunderte Meter lang ziehen sich die aufgeschichteten Zuckerrüben wie Schutzwälle entlang der Straße und warten auf den Abtransport. Im Hintergrund drehen sich Windräder. Mit inzwischen vierundzwanzig Anlagen ist dieser Windpark einer der größten in Niedersachsen.

      Der Hof ist nicht zu verfehlen. Ich lenke meinen grauen Golf IV durch die Einfahrt in der Feldsteinmauer. Die zur Mauer verarbeiteten Steine sind riesig. Teilweise wurden sie beschlagen und mit Mörtel verbunden, teilweise liegen sie lose aufeinander. Mitten auf dem weiten Hof steht eine mächtige Kastanie. Da im Umfeld des Anwesens hunderte Eichen und Buchen wachsen, vermute ich, dass die einst hier stehenden Bäume gefällt wurden, um Platz für landwirtschaftliche Gerätschaften und Fahrzeuge zu machen. Ganz links auf dem Gelände wurde ein neuer, flacher Bungalow errichtet, vermutlich als Altenteil für Fabians Eltern. Eine lange, neue Maschinenhalle liegt vor mir. Zwei Männer hantieren dort an einem großen Trecker herum. Vermutlich gibt es auf diesem Hof auch Personal und es handelt sich nicht um einen reinen Familienbetrieb. Zwei ältere Scheunen und ein schiefes Fachwerkhaus zeugen von der langen Geschichte dieses Anwesens.

      Das Haupthaus erhebt sich rechts vor hohen Bäumen, die vermutlich im Garten dahinterstehen. Die mit Kopfsteinpflaster befestigte Zufahrt wirkt etwas verwahrlost. Der quadratische, wuchtige Bau könnte etwas Farbe vertragen. Er wirkt durch den schmutziggrauen Putz ziemlich triste. Ein runder Vorbau aus rotem Klinker, mehrere Erker und weiße Fenster auf beiden Etagen verleihen dem Haus aber doch eine stattliche Würde.

      Ich parke neben einem braunen Dacia Duster. Sollte Fabian von Heimfeld diesen Billig-SUV selbst fahren, legt er entweder keinen Wert auf sein Image als adeliger Gutsbesitzer oder er betreibt selbstbewusst Understatement.

      Eine Klingel finde ich nicht. Vom Traktor vor der Halle winkt mir einer der Arbeiter zu. »Klooopfen!«, brüllt er. Jetzt entdecke ich einen altertümlichen Türklopfer und mache mich bemerkbar. Hohl klingt es durch das riesige Gebäude.

      Eine junge Frau öffnet die Tür. Im Hintergrund höre ich Kindergeschrei. Dieser graue Bau ist also doch belebt!

      »Sie müssen der Reporter sein«, begrüßt mich die hübsche Brünette. »Ich bin Rebecca, Fabians Frau und Mutter seiner zwei Kinder.«

      Rebecca hat bei mir schon beim ersten Lächeln gewonnen. Sie bittet mich in die Halle. Wären da nicht sie und das Kinderlachen im Hintergrund, mir wäre kühl und unwohl zumute. Das alte Haus, die Einrichtung mit antiken Möbeln, die Lilientapete und der etwas modrige Geruch wirken auf mich nicht gerade einladend. Außerdem setzt sich der schmuddelige und ungepflegte Eindruck vom Außenbereich des Hauses hier drinnen fort. Die Fliesendiele wurde jedenfalls lange nicht mehr geschrubbt. Vermutlich mangelt es an Personal, vielleicht sind aber auch die Wahrnehmungen verschieden, denke ich.

      Eine der dunklen Eichentüren im hinteren Bereich öffnet sich. Fabian von Heimfeld strahlt mich an.

      »Herr Jahnke, auf Sie ist Verlass! Genau deshalb habe ich mich ja an Sie gewandt.«

      In den eigenen vier Wänden tritt der Jungbauer deutlich selbstsicherer auf als auf fremdem Terrain. Hier trägt er Jeans, Poloshirt und eine dunkelgrüne Fleecejacke.

      »Kommen Sie doch in mein Büro. Rebecca, kannst du uns einen Tee bringen? Oder lieber Kaffee?«

      »Nein, Tee ist okay. Danke.«

      Wir setzen uns in seinem Büro auf Ikea-Sessel, die um einen Ikea-Couchtisch herum gruppiert sind. Billyregale mit Krimis und Literatur zu landwirtschaftlichen Themen, ein Ikea-Schreibtisch, eine Ikea-Lampe und vermutlich auch ein bunter Teppich aus dem schwedischen Möbelhaus zieren den recht großen Raum. Über Geschmack kann man streiten. Oder nicht? Irgendwie stimmt beides. Das Büro des jungen Landwirts bildet ein deutliches Kontrastprogramm zur alt-ehrwürdigen Halle. Es riecht sogar anders, frischer und nach nordischem Holz. An der Wand hängen zwei landwirtschaftliche Diplome. Die Rahmen sind vermutlich auch von Ikea.

      Rebecca kommt mit dem Tee. Ich hatte vermutet, klobige Ikeabecher zu bekommen, habe mich jedoch geirrt.

      Ein friesisches Service bringt frische Farben in den Raum, blau und rot, und strömt ein bisschen von dem aus, was ich mit »adelig« verbinde.

      »Sorry, mich würde ja echt interessieren, was Sie uns raten. Aber ich muss mich um die Kinder kümmern.«

      Rebecca geht wieder.

      Daran erinnert, dass wir uns nicht zum Smalltalk treffen, rührt Fabian zuerst drei Stücke Zucker in seinen Tee und eröffnet dann das Gespräch.

      »Ich habe ja gestern schon angedeutet, worum es geht.«

      Ich stimme ihm zu: »Sie haben gesagt, dass Sie zwei Säcke mit Gold gefunden haben, die wieder weg sind und dass Sie ein Idiot sind.«

      Er lacht etwas verschämt.

      »Da habe ich vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin ein Idiot.«

      Ich sage nichts, sondern warte, dass er mir seine Geschichte erzählt. Er nickt und legt los.

      »Okay, also erzähle ich es mal von Beginn an. Es begann alles am 14. September, also vor inzwischen knapp drei Wochen. Ich habe oben am Acker hinter dem Pastorenhaus eine alte Buche gefällt. Der Baum war morsch, ist beim letzten Gewitter vom Blitz getroffen worden

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