Love and Crime. Harley Barker
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Ich bin schon öfters mit dem Bus nach Tarpon Springs gefahren und ehrlich gesagt hat es mich auch nie gestört. Aber nie hatte ich soviel mit, wie jetzt. Und das, obwohl ich vieles so geschickt habe und es erst noch ankommt.
Ich betrachte die Koffer, die sich vor mir auf dem Wagen befinden und verziehe ein wenig das Gesicht. Es sind zwar nur drei, aber sie sind so schwer, dass ich mir überhaupt keine Gedanken darüber machen musste, ob sie vielleicht zu schwer sind. Das konnte ich mir auch so schon denken. Doch ich habe keine Ahnung, wann meine Sachen ankommen werden und bis dahin brauche ich ein paar Klamotten.
So habe ich es mir nicht vorgestellt, doch nun sieht es anscheinend so aus, als würde ich zu meinem Einstand mit dem Kofferberg alleine klarkommen müssen.
Die Erkenntnis sorgt auch nicht dafür, dass es mir besser geht. Es ist viel eher das Gegenteil der Fall. Meine Laune sinkt weiter in den Keller. Mir ist aber klar, dass mein Dad es nicht böse meint. Mir ist klar, dass er viel zu tun hat und als Polizist sich auch nicht immer seine Arbeitszeiten aussuchen kann. Er macht mehr Überstunden, als man sich vorstellen kann. Außerdem bin ich durchaus in der Lage, mich in den Bus zu setzen und alleine zu fahren. Schließlich habe ich das schon ein paar Mal gemacht.
Deswegen straffe ich meine Schultern und suche mir einen Weg nach draußen. Direkt vor dem Eingang befindet sich ein riesiger Platz, auf dem überall Schilder aufgestellt wurden, für die verschiedenen Richtungen, in die die Busse fahren. Zielsicher gehe ich an den wartenden Bussen vorbei, die sich überall befinden. Mit großen Schritten halte ich auf den hinteren Teil zu, da der Bus dort steht, der nach Tarpon Springs fährt.
Ich weiß nicht genau, wann er fährt oder wie oft. Deswegen versuche ich so schnell wie möglich mit dem riesigen Wagen durch die Menschenmenge zu kommen, was nicht einfach ist. Doch kaum ist der Bus in meinem Sichtfeld aufgetaucht, gehe ich zu schnell um eine Kurve, sodass der Kofferwagen kippt. Ich versuche noch dagegenzuhalten, doch es bringt alles nichts. Er ist einfach zu schwer, sodass ich ihn nicht halten kann, sodass es nicht lange dauert, bis alle Koffer im Weg verteilt liegen.
Ich schaue sie an und denke darüber nach, ob ich sie nicht einfach liegen lassen soll. Schließlich steht da mein Bus. Doch ich bezweifle, dass ich meine Sachen wieder bekommen werde. Und alles neu kaufen möchte ich auch nicht.
„Scheiße“, murmle ich vor mir her. Am liebsten würde ich es laut herausschreien, doch das kann ich mir gerade noch verkneifen. Es würde ja doch nichts ändern.
Deswegen suche ich notgedrungen meine Taschen wieder zusammen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass der Bus anfährt. Erschrocken richte ich mich auf und schaue ihm nach. Mein Herz schlägt so schnell, dass es ein wenig dauert, bis ich registriere, dass auf dem Schild des Busses gar nicht mein Ziel steht.
Ocala?, fährt es mir durch den Kopf, während ich den Bus anstarre, der sich immer weiter von mir entfernt. Und das nur, weil es mir so vorkommt, als würde sich der Name des Ortes gleich wechseln.
Doch genau das passiert nicht. Der Name bleibt dort stehen.
„Ähhhmmm“, sage ich nur völlig perplex. Ich komme mir selber wie eine Idiotin vor. Ich überlege, ob ich auch wirklich in die richtige Richtung gegangen bin. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich an genau der Stelle stehe, an der in den letzten Jahren der Bus abgefahren ist.
Ich beeile mich, um auch die restlichen Koffer wieder auf den Wagen zu heben. Ich setze mich wieder in Bewegung und gehe in die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin.
„Scheiße, scheiße, scheiße“, fluche ich immer wieder, während ich an den Leuten erneut vorbeigehe, die mir vorhin schon im Weg standen.
Ich bin angepisst und das werde ich auch nicht für mich behalten. Mir ist es egal, für wie dämlich mich die anderen Leute halten. Von meiner guten Laune ist eh nichts mehr übrig.
Für den Bruchteil einer Sekunde ziehe ich es in Betracht, meinem Dad eine Nachricht zu schreiben, damit mich jemand anderes abholt. Doch den Gedanken verschiebe ich direkt wieder zur Seite. Ich bin erwachsen. Ich habe auch keine Lust darauf, dass er meinen Cousin schickt. Er ist auch Polizist und eine totale Nervensäge. Je länger ich ihm aus dem Weg gehen kann, umso besser ist es. Auch wenn ich mir darüber bewusst bin, dass ich das nicht ewig machen kann, schließlich wohne ich jetzt hier.
Außerdem braucht er nicht zu wissen, was hier gerade los ist. Er würde sich nur Sorgen machen und das muss er nicht.
Ich bin so sehr in Gedanken versunken, dass ich gar nicht merke, wie sich mir jemand in den Weg stellt. Beziehungsweise, ich bin mir sicher, dass die Person sich mir nicht mit Absicht in den Weg stellt, sondern ich ihn mehr oder weniger über den Haufen renne.
Überrascht hebe ich meinen Kopf und schaue in seine Richtung. Dennoch dauert es, bis ich wirklich realisiere, was gerade geschehen ist. Selbst dann bin ich noch immer nicht in der Lage, einen Ton von mir zu geben. Und das liegt nur an dem großen und breit gebauten Typen, der vor mir steht.
Ich kann mich nicht von ihm abwenden, egal wie oft ich mich ermahne, genau das zu machen. Obwohl ich eigentlich einen großen Willen habe, kommt es mir gerade so vor, als hätte ich überhaupt keinen. Aus einem Grund, den ich mir selber nicht genau erklären kann, bin ich nicht mehr der Herr über meinen eigenen Körper.
Ein sexy Grinsen hat sich auf seine Lippen geschlichen, während er mich von oben bis unten betrachtet. Er versucht nicht einmal, ein Geheimnis daraus zu machen.
„Wer hat es da denn so eilig?“, fragt er mich neugierig. Es scheint mir so, als würden sich seine Muskeln noch mehr anspannen, als sie es eh schon sind. Seine dunklen Tattoos kommen noch mehr zum Vorschein und ziehen mich regelrecht in ihren Bann, gleichzeitig lassen sie ihn aber auch gefährlich wirken.
„Ich habe es nicht eilig“, gebe ich genervt zurück. Außerdem kann ich den wütenden Unterton nicht aus meiner Stimme halten.
Und das scheint er auch zu merken, wenn ich seine hochgezogenen Augenbrauen richtig deute.
„Und wieso so sauer?“
Ich bin mir nicht sicher, ob er sich einen Scherz daraus macht, oder er es wirklich wissen will. Doch gerade ist mir das ehrlich gesagt auch egal. Ich habe nur im Kopf, dass ich jetzt wahrscheinlich ein oder zwei Stunden hier warten darf, bis der nächste Bus fährt.
Ich schließe die Augen und versuche mich so weit wieder zu beruhigen, dass ich mich nicht mit ihm streite. Denn er kann nichts dafür, dass mir die Koffer vom Wagen gerutscht sind und ich keine Ahnung habe, wo ich hin muss.
Erst, als ich sie wieder öffne, stelle ich fest, dass er abwartend und ruhig vor mir steht. Er macht keine Anstalten, sich von mir abzuwenden.
„Wieso so neugierig?“, fahre ich ihn dennoch schärfer an, als ich es beabsichtigt habe. Sofort beiße ich mir auch auf die Zunge, damit nicht noch mehr aus meinem Mund kommen kann.
Mir ist klar, dass es nicht gerade fair ist, wenn ich meine schlechte Laune an ihm auslasse. Und eigentlich will ich das auch gar nicht. Ich kann es aber auch nicht verhindern.
„Ich habe ein Gespür dafür, wenn jemand meine Hilfe braucht.“ Während er spricht, grinst er mich frech an. Ich kann gerade noch verhindern, dass ich genervt die Augen verdrehe. Das letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist von einem Macho angegraben zu werden. Allerdings hat er Recht. Ich brauche Hilfe, um mich zurechtzufinden.