Love and Crime. Harley Barker
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Die Gruppe war mir seit unserer Abfahrt am Flughafen bereits auch mehrere Male aufgefallen und das nicht unbedingt wegen ihrer leisen Gespräche. Zwischendurch haben sie es sogar geschafft die laute Musik zu übertönen, die aus meinen Kopfhörern kam.
„Ja, aber ich konnte mich beschäftigen“, erwidere ich und halte mein Handy ein Stück nach oben. „Ich habe Musik gehört und die Landschaft betrachtet. So konnte ich es ausblenden.“ Gleichzeitig nicke ich kurz in die Richtung der Frauen, was dafür sorgt, dass Monica leise lacht.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die stechend grünen Augen des Mannes, mit dem ich vorhin zusammengestoßen bin, haben mich auch ein wenig abgelenkt. Allerdings bin ich schlau genug, um den Punkt für mich zu behalten. Schließlich bin ich nicht in die USA gekommen, um mir hier sofort einen Freund zu suchen und mich in eine Romanze zu stürzen. In erster Linie will ich beruflich erfolgreich als Friseurin sein und vielleicht sogar mein eigenes Geschäft eröffnen. Da hat die Liebe noch ein paar Jahre Zeit. So ist mein Plan und bei dem werde ich bleiben.
„Gestern Abend habe ich dein Zimmer soweit fertig gemacht, dass du nichts mehr machen musst“, eröffnet sie mir und verfrachtet einen der Koffer im Auto. „Ich kann mir vorstellen, dass du bestimmt jetzt keine Lust mehr dazu hast. Mir würde es nicht anders gehen.“
„Das hättest du nicht machen müssen“, wende ich ein, obwohl ich weiß, dass es nun auch nichts mehr bringt. Monica ist keine Frau, die sich von ihrem Vorhaben abbringen lässt, wenn sie es machen will. Noch ein Grund wieso wir uns so gut verstehen. Sie hat mich dazu ermutigt, dass ich meinen Weg gehen soll, auch wenn andere ihn vielleicht nicht gut finden.
In den letzten Jahren war ich immer gerne hier. Auch, wenn es immer nur während der Ferien war. Und genauso ist es auch jetzt. Es kommt mir vor, als hätte man mir eine riesige Last von den Schultern genommen, als ich das Flugzeug verlassen habe. Hier kann ich, ich selber sein. Und das war auch einer der Gründe dafür, dass ich mich dafür entschieden habe.
Klar, es fiel mir nicht leicht, meine Mutter und meine Freunde in Deutschland zurückzulassen. Aber ich lebe nur in einem anderen Land, nicht auf einem anderen Planeten. Auch wenn man sich nicht mal eben ins Auto setzen kann, um mich zu besuchen. Dennoch bin ich mir darüber bewusst, dass es nicht leicht werden wird. Doch ich bin gewillt es in Kauf zu nehmen.
„Danke, dass du mich abholst“, murmle ich vor mir hin.
„Das ist doch überhaupt kein Problem“, winkt sie ab und fädelt sich in den Verkehr ein, nachdem sie den Motor gestartet hat.
Die nächste halbe Stunde fährt sie schweigend durch die Straßen, bis wir das Wohngebiet erreicht haben, in dem sie mit meinem Dad wohnt. Unterschiedlich große Einfamilienhäuser stehen hier und Kinder spielen auf der Straße oder in den Vorgärten. Die Väter stehen daneben und waschen ihre Autos oder die Mütter sitzen auf der Veranda, unterhalten sich und lassen ihren Nachwuchs nicht aus den Augen. Vor manchen Häusern stehen kleine Vans, während andere Einfahrten leer sind.
„Es freuen sich alle aus der Nachbarschaft, dass du hier bleibst. Deswegen dachten wir uns, dass wir morgen ein kleines Grillfest veranstalten. Natürlich nur, wenn du auch Lust dazu hast.“
„Das wäre super“, antworte ich, auch wenn ich mir sicher bin, dass es nicht klein werden wird. Ich liebe die Grillfeste, die in der Nachbarschaft beinahe wöchentlich veranstaltet werden. Es gibt soviel zu essen, dass man am Ende des Abends noch einen ganzen Stützpunkt versorgen kann und es ist so laut, dass an Schlaf nicht zu denken ist, wenn man sich dazu entschließt, nicht anwesend zu sein. In den letzten Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass das auch keiner will.
Wenn gefeiert wird, wird es auch richtig.
„Ich werde mir in den nächsten Tagen auch einen Nachmittag freischaufeln, sodass wir ein paar neue Dinge für dein Zimmer besorgen können.“
„Das brauchst du nicht“, erwidere ich und schüttle den Kopf. „Ich werde euch sicherlich nicht lange hier auf die Nerven gehen. So schnell wie möglich will ich mir eine Wohnung suchen, sobald ich eine feste Stelle habe“, erläutere ich ihr mein Vorhaben.
„Ach, jetzt hör aber mal auf. Wir sind beide froh, dass du hier bist. Das Haus ist für deinen Vater und mich alleine eigentlich viel zu groß. Deswegen nehme dir die Zeit, die du brauchst und komm erstmal an. Du wirst noch Zeit genug haben, dich um einen eigenen Haushalt zu kümmern“, erwidert sie und schließt den Kofferraum. Schnell zieht sie einen der Koffer hinter sich her und stellt alles in dem riesigen Eingangsbereich ab, nachdem sie die Haustür geöffnet hat.
„Willkommen zu Hause.“ Sie zwinkert mir einmal kurz zu, ehe sie in die Richtung der Küche geht und durch die Tür verschwindet.
Ich bleibe noch stehen und schaue mich um. Sofort erkenne ich, dass alles noch so aussieht, wie es vor einem Jahr der Fall war. Die hellen Wände und der ebenfalls helle Boden sorgen dafür, dass der Raum noch größer aussieht, als er es eh schon ist. Die großen Fenster, die sich rechts und links neben der Tür befinden, lassen das Sonnenlicht hinein. Im Kontrast dazu stehen die dunkelbraunen Möbel, für die sie sich entschieden haben. Alles in einem ergibt ein harmonisches Bild, sodass man sich hier direkt wohlfühlt.
So müde ich vorhin noch war, so fit bin ich jetzt. Ich stecke voller Tatendrang und will alles in Angriff nehmen, was ich mir vorgenommen habe. Deswegen greife ich mir ein paar meiner Taschen und gehe die offene Treppe nach oben.
„Fuck“, entfährt es mir, als ich in der geöffneten Tür zu meinem Schlafzimmer stehe und den Raum begutachte. Obwohl ich ja finde, dass der Ausdruck noch untertrieben ist. Man kann es nicht einmal als Schlafzimmer bezeichnen.
Jugendzimmer trifft es eher, denke ich und schaue mich prüfend um. Es sieht noch genauso aus, wie ich es vor einem Jahr verlassen habe. An den Wänden hängen Bilder von meinen Freundinnen und mir, die auf Ausflügen entstanden sind, die schon einige Jahre her sind. In einem der vielen Regale kann ich sogar noch Schulbücher erkennen, die ich nun aber sicherlich nicht mehr brauchen werde. Ich nehme mir vor, dass ich in den nächsten Tagen auf jeden Fall ausmisten werde.
Im Vorbeigehen werfe ich meine Taschen auf das Bett und lasse den Koffer davor stehen. Ich stelle mich ans Fenster und betrachte die Straße. Da es mittags ist, leert sie sich ein wenig. Ein paar Nachbarskinder verschwinden im Inneren ihrer Häuser, sodass es nur noch die älteren Kids sind, die draußen bleiben. Da ich in der Vergangenheit öfter auf die jüngeren Kinder aufgepasst habe, weiß ich aber, dass es nicht lange so sein wird. Direkt nach dem Essen werden alle wieder hinausstürmen und die Nachbarschaft unsicher machen. Das ist aber noch so ein Grund dafür, dass ich es hier so liebe. Mit meiner Mom habe ich in einem Mehrfamilienhaus gewohnt, was sich direkt an einer Hauptstraße befunden hat. Da haben die Kids nicht so viele Freiheiten wie es hier der Fall ist.
Mein Blick schweift weiter, wobei er an einem dunklen, teuer aussehenden, Geländewagen hängen bleibt, der ein paar Meter weiter am Straßenrand steht. Ich kenne die Autos, die sich in solchen Gegenden befinden. Und ehrlich gesagt sieht das nicht so aus, als würde es einem Anwohner gefahren werden.
Wäre das hier ein Film würde ich eher schätzen, dass er einem Verbrecher gehört. So ist es zumindest immer in den Filmen. Doch das hier ist so ziemlich die ruhigste Wohngegend, die man sich nur vorstellen kann.
Und trotzdem zieht dieser Wagen meine Aufmerksamkeit