Der Junge mit dem Feueramulett: Der heilige Vulkan. Frank Pfeifer

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Der Junge mit dem Feueramulett: Der heilige Vulkan - Frank Pfeifer Der Junge mit dem Feueramulett

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Er war sich dauernd selbst auf die Haare getreten und daher hingefallen. Kein Wunder, dass der Tischler und seine Frau die Flucht vor ihnen ergriffen hatte.

      »Ist vielleicht ganz gut so?«

       Wie schafft es Madad nur, immer so fröhlich zu klingen?

      »Wieso gut, Madad? Wie sind Haarmonster. Schau dich mal an. Überall Haare. Wir sehen ja aus wie wandelnde Riesenperücken.«

      »Genau. Und das ist doch nicht schlecht. Ich glaube nicht, dass Laoch oder jemand anderes nach zwei wandelnden Riesenperücken sucht. Oder?«

      Da hatte Madad natürlich recht. Das war ein Vorteil. Aber auch der einzige.

      »Aber ich kann ja noch nicht einmal zwei Schritte gehen, ohne über die eigenen Füße… äh Haare zu fallen. So kommen wir nie zur Alten Stadt.«

      »Das stimmt.« Jetzt wirkte auch Madad etwas ratlos.

      »Aber ich habe eine Idee. Wir gehen zu dieser Credna-Priesterin zurück und die soll uns ein Haarschrumpfmittel verkaufen. Muss es doch geben, oder? Wenn es Haarwuchsmittel gibt, muss es auch Haarschrumpfmittel geben!« Zwischen seinen Haaren blickte Kard seinen Freund verzweifelt an. Er würde doch jetzt nicht bis ans Ende seines Lebens als Riesenperücke herumlaufen müssen? Der Fellhaufen schüttelte sich, anscheinend hatte Madad genickt.

      »Das machen wir, Kard. Gute Idee. Aber ich finde, wir sollten das als Zeichen des Schicksals sehen. So wie wir jetzt sind, erkennt uns keiner. Ich könnte mir vorstellen, dass man einen ganz anständigen Wahter aus dir machen könnte. Überall Haare und so groß bist du auch nicht. Und ich bin ein zahmer Faol! Die Wahter könnten zahme Faols haben. Für die Jagd. Oder als Abschreckung. Das weiß hier doch auch keiner.«

      Kard überlegte. Madads Plan könnte klappen. Die Wahter lebten im Dunklen Wald am Fuße des Drachengebirges. Es waren kleine, scheue Waldmenschen, die man nur selten in den Städten sah. Das wäre eine gute Tarnung. Trotzdem brauchten sie auch dieses Haarschrumpfmittel. Wer weiß, wie viel ihre Haare sonst noch wuchsen? Am Ende würden sie die ganze Stadt noch mit ihren Haaren überfluten.

      Nachdem sie ihre Mähne notdürftig gestutzt hatten, verließen Kard und Madad das Haus des Tischlers und machten sich auf zu der Credna-Gova, die ihnen das Mittel verkauft hatte. In dem kleinen Laden stapelten sich in den Regalen dutzende von Schälchen und Kästchen mit undefinierbaren Ingredienzien. Eine Unzahl verschiedenster Parfums, Haarfärbemittel oder Pinsel in allen Größen wurde genauso zum Kauf angeboten wie Pasten und Pillen zur Verschönerung der äußeren Erscheinung. Der helle Schrei der Gova unterbrach Kards Verwunderung über die Mannigfaltigkeit des Angebots. Als Kard und Madad den winzigen Laden betreten hatten, war die Gova gerade nicht hinter dem Verkaufstresen gewesen, sondern hatte im Dunkel dahinter fluchend in irgendwelchen Kisten gewühlt. Offensichtlich hatte sie nicht bemerkt, wie die beiden riesigen Haarbüschel den Laden betreten hatten, denn als sie jetzt den Verkaufsraum wieder betrat, hatte ihr der Anblick der haarigen Wesen einen riesigen Schreck versetzt. Die Gova, eine kleine Menschenfrau mit ersten grauen Strähnen, trug ein einfaches dunkelblaues Kleid, das mit vielen roten Herzen bestickt war.

      »Du bist… du bist doch die…?« Weiter kam die Gova nicht, denn eine Lachsalve schüttelte sie derart, dass die tausend Herzen auf ihrem Kleid wild durcheinander hüpften.

      Jetzt meldete sich auch Madad zu Wort. »Yo, also sooooo lustig ist das nicht.«

      Kard gab dem zweiten Haarbüschel einen Tritt und Madad verstand und hielt fortan die Schnauze. Es musste nicht jeder wissen, dass sich hier ein Cu versteckte. Die Gova schien bisher noch nicht bemerkt zu haben, dass sich unter den Haaren zwei Wesen versteckt hatten.

      »Aaah, haaa, aaah, haaa.« Die Frau hielt sich den Bauch und kam aus dem Prusten gar nicht mehr heraus. »Das hatte ich schonmal, ist aber schon eine ganze Weile her. Du musst mir gar nichts sagen. Ich weiß schon. Die ganze Packung. Aaah, haaa, aaah, haaa.«

      Kard kam sich ganz schön dumm vor und war froh, dass die Haare sein ganzes Gesicht bedeckten. Wahrscheinlich war er darunter rot wie eine Tomate.

      »Und…äh…?«

      »Ja, ja, ich weiß schon. Ein Gegenmittel, ha, ha, ha. Du hast Glück, junge Frau. Weißt du, wir Frauen rennen immer einem Ideal hinterher und sind nie mit uns so zufrieden, wie wir sind. Die einen haben zu kurze Haare, die anderen einen zu dicken Bauch, die einen sind zu groß, die anderen zu klein. Und für alles habe ich ein Mittelchen. Weißt du, Mädchen. Liebe ist eine Illusion. Wir machen uns schön für unser Spiegelbild und für die Männer und am Ende glauben wir an die von uns selbst geschaffene Illusion. Mir soll es recht sein, ist mein Geschäft. Und für die, die schönes wallendes Haar haben wollen, gibt es Haarwuchsmittel und für die, denen Damenbart und Haare auf den Beinen nicht gefällt, gibt es auch verschiedene Mittelchen. Lass uns mal schauen.« Immer noch vor sich hin glucksend führte die Gova die behaarte Kardania zu einem Regal und holte, nachdem sie die verschiedensten Aufschriften durchgegangen war, ein Kästchen hervor.

      »Aber diesmal nicht alles auf einmal nehmen. Verstan-den?«

      Das Haarbündel nickte und Kard las leise die Aufschrift. »Grottenolmextrakt. Nur bei Neumond einnehmen.«

      »Genau. Nur bei Neumond. Und diesmal würde ich dir raten, dich auch daran zu halten. Kennst du Grottenolme?«

      Die Haare schüttelten sich.

      »Sie leben tief in den Höhlen von Schtalyr, der Heimat der Vampyre. Kein Lichtstrahl dringt je in ihren Lebensbereich. Wird ein Grottenolm auch nur wenige Augenblicke dem Licht, dem Fluch Branus, ausgesetzt, dann schmilzt seine Haut wie Eiszapfen in der Sonne.« Mit vielsagendem Blick schaute die Gova auf die starre Riesenperücke vor ihr. »Und wenn du so dumm bist, eine dieser Pillen nicht in der dunkelsten Nacht der dunkelsten Nächte zu nehmen, wird sich deine Haut auflösen wie die eines Grottenolms.«

      Die Gova wartete, bis sich die schaurige Wirkung ihrer Worte auch schön in Kards Gehirn eingeätzt hatte.

      »Angesichts der Beschwerden kannst du dann aber gleich drei dieser Pillen nehmen. Normalerweise nimmt man nur eine. Aber du bist… ein Sonderfall.« Schon wieder musste die Gova lachen und verbarg dies nur schlecht hinter ihrer hohlen Hand.

      Kard war das Lachen vergangen. So ein Mist, das alles hier. Er nahm die Pillen und dann machten sich er und Madad so schnell wie möglich aus dem Staub. Die Kosmetik- und Schönheitsartikelverkäuferin sah verwundert, wie sich im Dickicht der großen Perücke noch ein zweites Wesen zu bewegen schien. Nachdem sie wieder allein war, bildete sie sich ein, dass ihr Laden nach nassem Hundefurz roch. Aber im Lauf der Jahre hatte ihr die Nase auch schon so manchen Streich gespielt, sodass sie hier keinen weiteren Gedanken verschwendete.

      Es mag unheimlich unpraktisch sein, mit so langen Haaren durch die Gegend laufen zu müssen. Dauernd stolpert man darüber, bleibt an jeder Ecke damit hängen und wird von den Leuten komisch angeguckt. Aber es hatte eben auch seine Vorteile. Niemand erkannte einen! Kard und Madad waren einfach zwei wandelnde Wischmopps. Sie waren weder Mensch noch Torak noch Cu noch Hund. Die meisten hielten sie tatsächlich für Wahter, die man derart selten zu Gesicht bekam, dass niemand genau sagen konnte, wie sie aussahen. Da die Wesen bestrebt sind, alles Unbekannte in Bekanntes zu verwandeln, waren Kard und Madad nun eben langhaarige Wahter. Da den beiden dies absolut recht war, hatten sie sich auch entschlossen, die Haare nicht vollkommen abzuschneiden. Jeder weiß ja, dass Haare um so schneller wieder nachwachsen je öfter man sie rasiert. Immerhin hatten sich die beiden entschlossen, die Haare dann auf Fußhöhe zu kürzen, damit sie wenigstens ohne großes Stolpern durch die Welt kamen. Aber bereits mittags waren die Pracht auf eine Länge gewachsen,

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