Vorm Mast. Wolfgang Bendick

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Vorm Mast - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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fester, immer schneller, immer harmonischer, bis zur Erschöpfung. Bald schon konnten wir stolz auf unsere Fortschritte sein, obwohl Papendieck weiterhin meckerte. Binnen kurzem wurde jede Bootsübung zu einem Wettrennen zwischen den zwei Kuttern. Es stellte sich heraus, dass der andere Kutter immer schneller war. Vielleicht war er leichter oder etwas schnittiger gebaut. Wir waren 6 Paar Ruderer. Die 2 Hintersten hießen die Schlagleute. Das waren die Kräftigsten, sie gaben in der Regel den Schlag an, also den Rhythmus und damit die Geschwindigkeit. Uns blieb nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen, sonst gab es Riemensalat. Am Ende hieß es dann nur noch „eins und!“ Unsere Ruder flogen, das Wasser schoss quirlend weg, der Kutter jagte vorwärts. Bald dann nur noch „hol – weg! Hol – weg!“ und unser Bootsmann lachte.

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      Einbringen der Dinghis

      So rasten wir über die Oste, der schwere Kutter, in dem auch ich saß, meist hintendran. Papendieck versprach dem, der den Riemen (Ruder) abriss, 10 Mark, um uns anzufeuern, den anderen Kutter abzuhängen. Gerd, der Heizer, schaffte das zweimal. Das Geld bekam er nie, dafür aber einen Anschiss wegen Beschädigung von Schulmaterial. Manchmal ging unser Rennen bis zu dem kleinen Binnenschiffhafen von Bremervörde. Dann durften wir bremsen. „Halt Wasser!“ war das entsprechende Kommando. Oder „Ruder kreuzen!“, dann zogen wir die Riemen einwärts, bis die Griffe auf das gegenüberliegende Dollbord zu liegen kamen. „Segelstellung!“ Wir drehten sie senkrecht. Das bedeutete eine kleine Pause, in der der Kutter langsam von der Strömung oder vom Wind getrieben wurde. Das ließ uns Zeit, das ruhige Treiben in diesem Minihafen zu beobachten.

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      „Ruder an!“

      Bis dann die Order „Riemen klar!“ uns aufschreckte, und wir die Ruder schnell in Bereitschaftsstellung brachten. „Ruder an an Steuerbord, streichen (rückwärts) an Backbord!“ war die Order zum Wendemanöver. Dann wieder Wettfahrt bis zum Landungssteg. Befehle wie „Ruder ein!“ oder „Ruder aufrecht!“ lockerten das mühsame Rudern auf. „Ruder ein!“ oder „Lass laufen! Aber nicht in die Hose!“ waren die Kommandos, wenn sich die Kutter zu nahe kamen oder wenn wir uns zum Anlegen vorbereiteten. Das Anstrengendste stand uns jetzt bevor: Das Aufhieven der Kutter in die Davits und diese dann einschwenken. Dieses artete natürlich in ein Wettkurbeln zwischen den 2 Kutterbesatzungen aus. Als ginge es um unser Leben, gaben wir dabei unser Äußerstes. Wir trieben dieses Spiel bis zur Erschöpfung, nur um Erster zu sein, oder einen neuen Zeitrekord aufzustellen. Denn all diese Manöver wurden unter Kontrolle von Stoppuhren ausgeführt.

      Einmal hatte es länger geregnet, und die sonst so gemütliche Oste drohte über die Ufer und Deiche zu treten. Ein Teil von uns Schülern füllte am Hafen Sandsäcke auf, wir fuhren sie unter strömenden Regen in den Kuttern zu den Stellen, wo das Wasser überschwappte. Dort warfen wir sie an Land, wo sie von den Landhelfern an die gefährdeten Stellen gepackt wurden. Da kamen wir uns endlich mal nützlich vor. Wir waren völlig durch, bis auf die Haut. Wie tat das da gut, als uns die Landleute aus ihrer Thermosflasche einen steifen Grog servierten!

      Ein andermal, es war auch Hochwasser, aber keine Überschwemmung, ruderten wir wie üblich. Nur hatten wir es geschafft, endlich mal den anderen Kutter achteraus zu lassen. Papendieck zog die Ruderpinne aus der Halterung und drehte sich zu dem knapp hinter uns fahrenden Boot um. Er schwenkte die Pinne in der Luft, begann einen Freudentanz, während er die anderen mit exotischen Vogelnamen beschimpfte. Da ja beim Rudern alle den Rücken nach vorne haben, folglich die Augen nach hinten, sahen weder wir, noch unser tanzender Bootsführer, dass unser Kutter unter die einzige Brücke glitt, die in der Gegend die Oste überspannte. Wir bemerkten plötzlich ihren Schatten über uns, und schon knallte Papendieck mit dem Hinterkopf dagegen! Fast wäre er über Bord gegangen. „Der ist hinüber!“, dachten wir. Zum Glück reagierten die Schlagleute schnell. Sie ließen ihre Riemen sausen, sprangen auf den Bootsmann und zogen ihn zurück ins Boot. Nur seine Mütze trieb auf dem Fluss. Aber Papendieck war zäh. Hatte eine Katze 7 Leben, so besaß er mindestens 8. Trotzdem blieb ihm eine gute Weile die Luft weg. Dann endlich tat er einen Atemzug. Doch anstatt normal auszuatmen, stieß er eine Salve von Schimpfwörtern hervor, gegen uns, die Schlagleute, die die Riemen hatten aus den Händen gleiten lassen und die verdammte Brücke.

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      Beim Wriggen

      Klar, dass unsere Kutter in keinster Weise einem Rettungsboot entsprachen. Sie besaßen keine Luftkammern, keinen Proviant und andere Ausrüstung. Doch kannten wir alle die Ausrüstung eines Rettungsbootes auswendig. Wozu hätte sonst der Unterricht gedient? Die Segel unserer Kähne lagen im Bootsschuppen. Leider setzten wir sie nur drei Mal. Natürlich gab das gleich wieder eine Regatta. Am Ende des Lehrganges kam ein extra Prüfer von der SBG (Seeberufsgenossenschaft), um unsere Kenntnisse als Rettungsbootsmann zu testen. Klar, dass wir alle den Bootsschein erhielten, die Befähigung zum Führen eines Rettungsbootes. Er ist eine der Voraussetzungen, um überhaupt auf einem Schiff anheuern zu können. „Ein Seemann kann alles! Wiederhole!“ Papendieck war stolz auf uns. Und wir auch!

      So verging die Zeit. Freitagabend mussten wir alle in die Waschküche im Keller. Dort befanden sich ineinandergestellt die Baljen, halbe Holzfässer in denen man früher Heringe transportiert oder eingelegt hatte. Und hölzerne Schemel, die sowohl zum Sitzen beim Spleißen als auch beim Wäschewaschen dienten. Wir besaßen jeder doppelte Kleidung. Papendieck teilte jedem von uns so ein Heringsfass zu, worin wir unsere schmutzige Wäsche warfen. Er selber thronte hinter der Waschpulvertrommel, bewaffnet mit einem Messbecher. Wir standen in einer Schlange hinter unseren Baljen und rückten in dem Maße vor, wie er das Waschpulver austeilte. „Zauberpulver, Zauberpulver, werde Schaum!“, das war die Losung, sonst gab es keine Seife. Manche fanden das Quatsch. Was soll's? Dann die Balje unter den Wasserhahn geschoben, und aufschäumend lief sie voll. Anschließend war großes Duschen angesagt. Samstag war dann Waschtag. Natürlich alles mit Hand oder Bürste oder Schrubber auf dem Fußboden, wenn wir mit Öl oder Farben gearbeitet hatten. Dann ging's ans Spülen. Das Auswringen machten wir oft zu zweit, vor allem das der Arbeitshosen. Oder wickelten sie um ein Wasserrohr, um sie so mit beiden Händen besser verdrehen zu können. Gut glätten, damit es wenig Falten gab, dann ab auf die Leine. Das Bügeleisen war damals in Bremervörde noch unbekannt.

      Samstags fiel der Unterricht aus. Reinschiff, Großreinemachen lag an. War die Woche über nur normales Fegen und Staubwischen an der Tagesordnung, so wurde heute nicht an Wasser gespart. Ich war während der ganzen Zeit im Speisesaal eingeteilt. Also erst mal alle Tische mit den Stühlen umgekehrt darauf auf eine Seite schaffen. Kehren. Mit Seifenwasser den Parkettboden schrubben, obwohl der gar nicht so schlecht aussah. Feudeln (Wischen), trocknen lassen, Tische rüber. Andere Seite desgleichen. Anschließend alles mit Bohnerwachs einschmieren, trocknen lassen. Nun folgte das Polieren. Zu mehreren, in einer Reihe, mit Bohnerbesen. „Wie heißt so ein Teil?“, hatte Wulf, der Erste, zu Anfang gefragt. Schweigen. „Dös is an Plocka!“, sagte Tschackert, unser Schwabe. So hatte er seinen Spitznamen weg. Meist hatte Papendieck die Aufsicht im Speisesaal. Er beförderte mich zum „Brummer“, dem Chef der Putzgang. Wenn er mich brauchte, rief er nach dem Brummer. Jede Gruppe von uns, die für eine bestimmte Aufgabe zusammengestellt wurde, hieß „Gäng“; ihr Chef „der Gänger“ oder „Brummer“. Meist waren dies „Straftäter“, denn bei so vielen Regeln, wie wir hatten, war man immer mit mindestens einer in Konflikt...

      Die ersten drei Wochen hatten wir keinen Ausgang. Wir durften nicht aus dem Schulgelände raus. Heimfahrt war auch für Schüler aus der nächsten Umgebung untersagt. Wer trotzdem heimlich abzuhauen versuchte, wurde geschmissen. „Auf dem Schiff kann man auch nicht einfach aussteigen, wenn man mal Lust hat!“, war die

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