IM ANFANG WAR DER TOD. Eberhard Weidner

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IM ANFANG WAR DER TOD - Eberhard Weidner Anja Spangenberg

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ihre Mutter zu Fuß gekommen war, bot Anja ihr an, sie nach Hause zu fahren. Doch Dagmar lehnte dankend ab. Ein kleiner Spaziergang nach dem Essen täte ihr jetzt gut, meinte sie. Außerdem waren es vom Restaurant bis zu ihrem Zuhause in der Belastraße nur fünfhundert Meter. Also verabschiedeten sie sich vor der Tür voneinander. Und während ihre Mutter losmarschierte, um an der nächsten Ampel die Straße zu überqueren, ging Anja zu ihrem Auto, das sie auf dem Parkstreifen am Rand der Straße abgestellt hatte, und stieg ein.

      Bevor sie losfahren konnte, kamen bereits Christian, Oliver und Judith aus dem Gebäude. Judith hatte noch auf die Toilette gehen müssen, und ihr Vater und ihr Bruder hatten beschlossen, auf sie zu warten. Deshalb hatten sich Anja und ihre Mutter drinnen von ihnen verabschiedet und waren gegangen.

      Die drei gingen nicht in Anjas Richtung und sahen sie daher auch nicht im Auto sitzen. Stattdessen wandten sie sich nach links und marschierten zum Parkplatz neben dem Gebäude.

      Anja fuhr noch nicht los, sondern wartete.

      Es dauerte nicht lange, bis ein weißer BMW X6 vom Parkplatz fuhr und nach links auf die Straße einbog.

      Ohne darüber nachzugrübeln, was sie da tat, startete Anja ihren MINI. Sie wartete, bis mehrere Fahrzeuge an ihr vorbeigefahren waren, bevor sie aus der Parklücke ausscherte, kurzerhand auf der Straße wendete und dem BMW hinterherfuhr.

      Sie konnte nicht einmal genau sagen, warum sie Christian, Oliver und Judith folgte. Wahrscheinlich wollte sie einfach nur das Haus sehen, das ihr Onkel gekauft hatte und in dem die drei wohnten.

      Da sie vorhin nicht einmal in ihre Richtung geschaut hatten, wussten sie demnach auch nicht, welchen Wagen Anja fuhr. Es war also unwahrscheinlich, dass sie Anja entdeckten. Falls allerdings ihr Onkel tatsächlich der Mörder ihres Vaters und der geheimnisvolle Absender der beiden Mails war, dann hatte er sie natürlich heimlich beobachtet und wusste daher über ihren Wagen Bescheid. Aber dieses Risiko musste sie eingehen, wenn sie mehr über ihn erfahren wollte.

      Sie achtete darauf, dass sich immer mehrere Autos zwischen ihnen befanden, die den Insassen des X6 die Sicht auf ihren MINI nahmen. Hin und wieder ließ sie sich sogar ein Stück zurückfallen, um keine ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei konnte sie selbst den BMW zwar auch nicht ständig im Auge behalten, sie achtete aber vor allem darauf, wann und wo er abbog. Da sie andererseits wusste, dass Christians Haus in Obermenzing lag, konnte sie aufgrund ihrer Ortskenntnis ganz gut vorhersehen, welche Strecke er nehmen würde.

      Die Fahrt dauerte insgesamt eine knappe halbe Stunde und führte durch die Stadtteile Laim und Pasing nach Obermenzing. Als sie den Bahnhof München-Pasing passierten und kurz darauf die Bahn- und S-Bahn-Schienen unterquerten, dachte Anja automatisch an Melanie Brunner. Das erste der drei vermissten Mädchen war damals hier ganz in der Nähe verschwunden und seitdem nie wieder gesehen worden. Anschließend fuhren sie von der Pippinger Straße zunächst in die Verdistraße und bogen dann in die Wöhlerstraße ein. Anja kannte sich hier noch immer gut aus, denn die beiden letztgenannten Straßen hatten zu ihrem Schulweg gehört, als sie noch die Grundschule besucht hatte, die ganz in der Nähe der Kirche Leiden Christi lag.

      Sie ließ den Abstand zwischen den Autos größer werden, da sie vermutete, dass sie bald ihr Ziel erreichen würden. Und tatsächlich bog der X6 kurze Zeit später in der Longinusstraße rechts in eine Grundstückseinfahrt und hielt vor einer geschlossenen Garage.

      Anja fuhr augenblicklich rechts ran, stoppte am Straßenrand und schaltete Motor und Licht aus. Mehrere Autos, die vor ihr parkten, gaben ihr Deckung. Anja hingegen konnte durch die Scheiben der Fahrzeuge spähen und beobachten, wie ihr Onkel, der am Steuer des BMW gesessen hatte, und seine beiden Kinder ausstiegen. Ohne sich auch nur einmal umzusehen, verschwanden die drei nacheinander im Haus.

      Sie ließ den Wagen wieder an und fuhr anschließend langsam am Haus ihres Onkels vorbei. Durch die Scheiben im Erdgeschoss konnte sie Licht im Innern sehen. In einem der Fenster war die dunkle Silhouette eines Menschen zu erkennen, Anja konnte die Person allerdings nicht identifizieren. Doch wenn sie damit Schwierigkeiten hatte, konnte die Person am Fenster auch nicht in den dunklen Wagen hineinsehen und Anja erkennen, sodass sie sich keine Sorgen machen musste. Sie prägte sich die Hausnummer ein; dann gab sie Gas und fuhr nach Hause.

      2. TEIL

      … und der Tod war bei Mir …

      KAPITEL 10

      Auf dem Pausenhof war es geradezu gespenstisch still.

      Ihre tief sitzende Verärgerung war der Frau deutlich vom Gesicht abzulesen, das ein eng geknüpftes Gitternetz feiner Fältchen aufwies. Sie war schon älter und trug ihr langes ergrautes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Und obgleich sie verhältnismäßig klein und zierlich war, strahlte sie dennoch eine natürliche Autorität aus.

      Sie schnaubte verächtlich und schüttelte verneinend den Kopf. Zweifellos fragte sie sich in diesem Augenblick, warum sie sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, hierherzukommen, und ihre kostbare Zeit verschwendete. Dann wandte sie sich resolut ab und ging davon. Die Echos ihrer kleinen Schritte auf dem gepflasterten Hof wurden von den Mauern des Schulgebäudes zurückgeworfen, das um diese nächtliche Uhrzeit menschenleer war.

      Doch die alte Frau kam nur ein halbes Dutzend Schritte weit.

      Als ahnte sie instinktiv, dass die Person, mit der sie sich gestritten hatte, sie nicht so einfach gehen lassen würde, blieb sie plötzlich stehen und begann, den Kopf zu drehen, um einen Blick über die Schulter zu werfen. Aber noch ehe sie die begonnene Bewegung vollenden konnte, war die andere Person bereits geräuschlos herangekommen und stand jetzt unmittelbar hinter ihr. Sie warf die Schnürsenkelschlinge, die sie aus der Kängurutasche ihres dunklen Kapuzenpullis geholt hatte und an den Enden zwischen sich hielt, blitzschnell über den Kopf der alten Frau und schlang sie um ihren Hals. Dann zog sie sofort unerbittlich und mit all ihrer Kraft zu.

      Das Opfer hätte sicherlich vor Überraschung, Schreck oder Panik laut geschrien, wäre es dazu noch in der Lage gewesen. Doch alles, was aus seinem weit aufgerissenen, vergeblich nach Luft schnappenden Mund kam, war ein lang gezogenes ersticktes Röcheln, das so leise war, dass es nicht einmal ein Echo an der Schulhausfassade hervorrief. Geschweige denn, dass es außer ihr und ihrem Angreifer irgendjemand hören konnte.

      Instinktiv griff sie sich mit beiden Händen an den Hals. In dem aussichtslosen Bemühen, ihre Finger zwischen Hals und Strangulationsschnur zu bekommen, kratzte sie sich mit den Fingernägeln die Haut blutig. Doch die Schnur hatte sich bereits zu tief in ihren mageren Hals gegraben, als dass sie eine realistische Chance gehabt hätte, sie jetzt noch lösen zu können. Vor allem nicht bei einem Gegner, der größer, jünger und vor allem kräftiger als sie war. Ihre Bewegungen wurden schon deutlich schwächer und unkoordinierter, als ihre Kräfte zu erlahmen begannen.

      Auch der Angreifer, der die Kapuze über den Kopf und tief ins Gesicht gezogen hatte, keuchte vor Anstrengung. Es erforderte eine Menge Kraft, einen Menschen zu erdrosseln. Und er durfte in seinen Bemühungen keinen einzigen Augenblick nachlassen, wenn er die Angelegenheit rasch zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollte.

      Die alte Frau öffnete und schloss wie ein Fisch auf dem Trockenen mehrmals den Mund, als würde sie noch immer nach dem lebensnotwendigen Sauerstoff schnappen, den die einschnürende Drosselschnur um ihren Hals ihr verwehrte. Doch dann endete das Röcheln abrupt, als fehlte ihr sogar dafür die Kraft. Und wenige Augenblicke später erschlaffte auch ihr Körper, als das Leben aus ihm wich, an das er sich immerhin neunundsechzig Jahre lang erfolgreich geklammert hatte.

      Der

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