Eine chaotische Familie. Sarah Glicker
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Andreas will gerade ansetzen, um seinem Sohn eine Antwort zu geben, als die Seitentür ein weiteres Mal auffliegt und Lina und Luca das Haus betreten. Mit einem lauten Poltern entledigen sie sich ihrer Sachen und stellen sich neben ihren großen Bruder, ohne dabei ein Wort von sich zu geben.
„Wollt ihr ausziehen?“
Lina sieht überrascht zu ihren Eltern, bevor sie die geöffneten Koffer betrachtet, von denen zwei bereits voll sind.
„Dann bekomme ich aber das Schlafzimmer“, stellt Leon als erster fest.
„Spinnst du? Das ist schon meines“, ruft Luca aus und sieht seinen Bruder böse an.
„Oder ziehen wir etwa um? Das könnt ihr direkt vergessen. Ich werde sicherlich nicht ausziehen. Alle meine Freunde sind hier.“
Nun scheint Lina wirklich geschockt zu sein. Mit großen Augen und geöffnetem Mund sieht sie ihre Eltern an.
„Wir werden natürlich nicht ausziehen“, mischt sich nun Sabine in die Unterhaltung ihrer Kinder ein.
Dabei kann sie gerade noch verhindern, die Augen zu verdrehen.
Sie liebt ihre Kinder, aber manchmal fällt es ihr schwer, ihre Gedankengänge zu verstehen. In manchen Fällen ist das wahrscheinlich aber auch besser. Denn es gibt Situationen, in denen will sie nicht wissen, was in den Köpfen der drei vor sich geht. Und jetzt ist wahrscheinlich eine dieser Momente. Dennoch fragt sie sich, wie die Kids darauf kommen.
Heute ist der letzte Schultag vor den Sommerferien gewesen und sie sitzt auf dem Boden und packt Koffer. Wie die Kids darauf kommen, dass sie umziehen ist ihr nicht verständlich.
„Und was macht ihr dann?“
Luca sieht seine Eltern nachdenklich an. Er ist erst sechs Jahre, hat es allerdings genauso faustdick hinter den Ohren, wie seine großen Geschwister. Meistens können es seine Eltern daran erkennen, wenn sich ein freches Grinsen auf seinen Lippen bildet, dass er wieder etwas ausheckt. Oft genug passiert es aber auch, dass sie es nicht merken und dann nur noch irgendwie reagieren können.
Die drei Geschwister haben nicht ohne Grund den Namen „Chaos-Geschwister“ bekommen. Sie lieben es, anderen Streiche zu spielen. Dabei ist niemand sicher vor ihnen. Familie, Freunde, Nachbarn, jeder musste schon einmal daran glauben. Meistens sogar mehrmals.
„Nicht nur Papa und ich machen etwas, sondern wir alle zusammen“, verkündet die Mutter nun. Alle sehen sie nachdenklich an, wobei sie erkennen kann, dass ihre Kinder ein wenig nervös sind, bevor sie endlich weiterspricht. „Um genau zu sein werden wir heute Nacht in den Urlaub fahren. Es geht nach Italien, an den Gardasee.“
Einen Moment sehen die Geschwister so aus, als würden sie träumen. Doch dann reißen sie überrascht die Augen auf und starren ihre Eltern an, als wären sie Geister. In der nächsten Sekunde reden sie wild und durcheinander, sodass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen kann.
Einige Sekunden lassen Andreas und Sabine ihre Kinder gewähren.
„Hört zu“, ruft Andreas schließlich und versucht so wieder Ruhe in die Unterhaltung zu bekommen, was allerdings nicht so leicht ist.
Mehrmals muss er in die Hände klatschen, um die Aufmerksamkeit seiner Kinder auf sich zu ziehen und ihr Gerede zu unterbrechen. Doch selbst dann machen sie den Eindruck auf ihn, als wären sie noch immer nicht ganz bei der Sache.
„Hört mir jetzt bitte genau zu“, erklärt Sabine und sieht einen nach dem anderen an. „Ich möchte, dass mir jeder die Sachen bringt, die ich ihm jetzt nennen.“
Sie gibt ihnen eine lange Liste auf denen sich allgemein Dinge, wie Kleidung befinden. Kaum hat sie ausgesprochen drehen die Geschwister sich um und stürmen die Treppe in die obere Etage.
„Wenn sie mal immer so schnell wären“, murmelt Andreas als er sieht, wie flink sie verschwinden.
Es dauert nur wenige Sekunden, bis man hört, wie sie in ihren Zimmern alles zusammensuchen, was sie brauchen.
„Das würde einiges einfacher machen“, fügt seine Frau hinzu und lächelt leicht. In der nächsten Sekunde lacht sie leise.
Es dauert nur wenige Minuten, bis die Geschwister mit den ersten Sachen wieder unten stehen. Ordentlich werden sie in den Koffern verstaut, bevor sie die nächsten holen.
„Können wir die Inliner mitnehmen?“, erkundigt sich Leon und hält sie ein Stück nach oben, als er zum zweiten Mal in das Wohnzimmer kommt.
„Ich würde lieber das Skateboard mitnehmen“, wendet Lucas ein und sieht seine Eltern an.
„Und ich meinen Roller“, meldet sich auch Lina zu Wort, als sie hinter ihren Brüdern auftaucht.
„Wir können weder das eine noch das andere mitnehmen. Das passt nicht alles ins Auto. Außerdem habe ich keine Ahnung, ob ihr dort überhaupt damit fahren könnt.“
Sabine schüttelt entschieden den Kopf. An den schmollenden Gesichtern ihrer Kinder erkennt sie, dass sie nicht glücklich über diese Entscheidung sind. In diesem Punkt bleibt sie jedoch hartnäckig.
„Ich bin mir sicher, dass wir uns dort Räder leihen können, wenn ihr eine Radtour machen wollt“, versucht sie ihre Laune wieder zu heben.
Ohne ein weiteres Wort von sich zu geben, verlassen die Kids wieder das Wohnzimmer und gehen nach oben. Dabei lassen sie jedoch die Schultern hängen und bringen so zum Ausdruck, dass sie nicht zufrieden mit der Entscheidung ihrer Eltern sind.
„Kommt mal her“, flüstert Leon, nachdem sie den Flur vor ihren Zimmern erreicht haben.
„Was ist?“ Lina sieht ihren großen Bruder, der nur elf Monate älter ist, mit einem fragenden Blick an.
„Nachher schummeln wir die Sachen ins Auto, wenn Mama und Papa es nicht merken. Sie haben gerade soviel um die Ohren, dass sie es sicherlich überhaupt nicht merken. Wir verstecken sie einfach unter dem Gepäck. Bei der Menge, die sie wieder mitschleppen, werden sie es erst merken, wenn wir schon da sind. Einer muss sie nur ablenken“, bestimmt Leon leise.
Zustimmend nicken die jüngeren Geschwister, wobei sich ihr berühmtes freches Grinsen auf ihren Gesichtern bildet.
„Bist du dir sicher, dass wir nur für eine Woche fahren?“, stöhnt Andreas, als er einen Blick in den Kofferraum wirft.
Der Van, der mit seinen sieben Sitzen eigentlich genug Platz bietet, ist bis unter das Dach beladen und auch die Dachbox ist voll. Eigentlich sollte es ihn nicht wundern, da es jedes Mal so aussieht, doch genau das ist nicht der Fall.
„Ich habe nur das wichtigste eingepackt, was ich dort nicht unbedingt neu kaufen will. Aber wir sind fünf Personen, da ist es normal, dass man soviel mitnehmen muss“, erinnert Sabine ihren Mann ein zweites Mal an diesem Tag. „Ganz davon abgesehen würde es auch nichts bringen, wenn wir alles neu kaufen, schließlich müssen wir es dann auch wieder mit nach Hause nehmen.“
Sabine zuckt mit den Schultern, sodass ihr Mann leise lachen muss.
Sie sind so sehr auf ihre Unterhaltung konzentriert, dass sie nicht merken, wie die