DER WIDERSACHER. Eberhard Weidner

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DER WIDERSACHER - Eberhard Weidner Anja Spangenberg

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verdeutlichte er seine Worte durch eine entsprechende Geste, als glaubte er, das sei notwendig. Allerdings irritierte es Anja, dass er dabei weiterhin grinste.

      »Er ist verblutet«, fügte er dann hinzu.

      »Das dachte ich mir bereits«, meinte Anja. »Denn das erklärt das viele Blut, das hier vergossen wurde.«

      »Das war aber noch nicht alles, was der Mörder seinem Opfer angetan hat«, sagte Englmair.

      »Eigentlich will ich es ja gar nicht wissen«, sagte Anja. »Für einen Tag habe ich nämlich schon genug Scheußliches erfahren. Aber ich befürchte, du wirst es mir trotzdem erzählen.«

      Bevor Englmair antworten konnte, platzte allerdings Plattner damit heraus, als wollte unbedingt er es sein, der Anja davon berichtete: »Der Täter hat der Leiche eine Niere entfernt und mitgenommen.«

      Anja verzog angewidert das Gesicht. »Echt jetzt?«

      Plattner nickte grinsend. »Voll der Hammer, oder?«

      Anja konnte seine offensichtliche Begeisterung nicht teilen und schüttelte den Kopf. »Da bin ich jetzt sogar doppelt und dreifach erleichtert, dass die Leiche bereits weggebracht wurde. Und kann mir bitte jemand erklären, warum man die Niere einer Leiche mitnimmt?«

      »Entweder wollte er eine Trophäe von seinem Opfer behalten«, meinte Plattner, »oder er hat vor, die Niere zu essen.«

      Sowohl Englmair als auch Anja sahen ihren Kollegen daraufhin entsetzt an.

      »Warum seht ihr mich so an?«, fragte Plattner und zuckte mit den Schultern. »Das habe ich mir nicht ausgedacht, so etwas ist alles schon mal da gewesen. Denkt nur an Jeffrey Dahmer. Der hob die Köpfe und Körperteile mancher Opfer auf und aß dann Teile davon. Und auch hier in Deutschland gab es bereits derartige Fälle. Zum Beispiel Karl Denke, den Kannibalen von Münsterberg. Er tötete in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts mindestens zwanzig Menschen, zerlegte sie, lagerte das Fleisch in Fässern voller Salzlake und verspeiste es anschließend. Und …«

      Englmair unterbrach seinen Partner: »Ich denke, das genügt! Wir haben auch so verstanden, was du uns damit sagen willst.«

      Anja wusste nicht, was sie mehr entsetzte. Die Unmenschlichkeit des Mörders, der sein Opfer nicht nur getötet, sondern ihm anschließend auch noch ein Organ für welchen Zweck auch immer entnommen hatte. Oder die sichtliche Begeisterung des frischgebackenen Mordermittlers für dieses Thema und sein beinahe enzyklopädisches Wissen über Serienkiller.

      »Eine Sache möchte ich in dem Zusammenhang noch hinzufügen«, wandte Plattner ein und sah seinen Partner um Erlaubnis bittend an. »Es könnte wichtig sein.«

      »Wenn es wirklich wichtig ist, dann heraus damit!«, sagte Englmair auffordernd.

      Plattner nickte erleichtert. Ausnahmsweise war sogar ihm das Grinsen vergangen, und er sah überraschend ernsthaft aus. Vermutlich kam die Ernsthaftigkeit daher, weil es hier um eines seiner Lieblingsthemen ging. »Ihr habt mir ja beim ersten Tatort in der Tiefgarage erzählt, dass sich dieser Widersacher, der sich im Hintergrund hält, im Darknet Jack nennt. Zuerst hielt ich das ja für einen Witz. Aber soeben ist mir eingefallen, dass Jack the Ripper am 30. September 1888 seinem vierten Opfer Catherine Eddowes, die auch unter dem Spitznamen Kate Kelly bekannt war, eine Niere entnommen hat. Am 16. Oktober 1888 erhielt George Lusk vom Whitechapel Vigilance Committee dann eine kleine Schachtel, dem ein angeblicher Brief des Rippers beilag. Die Schachtel enthielt einen Teil einer menschlichen Niere. Ob sie tatsächlich von Catherine Eddowes stammte, ist allerdings bis heute heftig umstritten. In dem Schreiben behauptete der Absender, dass er das fehlende Stück der Niere gebraten und gegessen habe.« Plattner verstummte und sah seine Kollegen bedeutungsschwer an. »Wenn ihr mich fragt, dann kann das nicht bloß ein Zufall sein.«

      Anja musste zunächst den ekelerregenden Bildern Einhalt gebieten, die aufgrund von Plattners Schilderung ihren Verstand überschwemmen wollten. Dann seufzte sie schwer und meinte mit einem zustimmenden Nicken: »Vermutlich ist es alles andere als ein Zufall, denn dafür passt das alles viel zu gut zusammen. Außerdem mag der Widersacher solche gruseligen Details.«

      Für mehrere Sekunden schwiegen die drei Ermittler und starrten nachdenklich auf die nur mehr zu erahnenden Umrisse des Mordopfers.

      Dann wandte sich Anja an Englmair. »Wann wurde das dritte Opfer eigentlich ermordet?«

      »Er hat die Wirtschaft um kurz nach Mitternacht verlassen. Wir gehen daher davon aus, dass er ungefähr um halb eins seinem Mörder begegnet ist.«

      »Um diese Uhrzeit dürfte außer den beiden kaum jemand im Park unterwegs gewesen sein«, meinte Anja. »Vermutlich gibt es daher auch keine Zeugen, die den Täter gesehen haben könnten.«

      »Genauso ist es«, erwiderte Englmair sichtlich zerknirscht.

      »Was ist mit dem Wirtshaus, in dem er arbeitete? Vielleicht hat der Mörder ihn bereits dort beobachtet und ist dabei jemandem aufgefallen.«

      »Wir haben natürlich den Wirt, die anderen Bediensteten und ein paar Stammgäste, die wir auftreiben konnten, befragt«, sagte Englmair.

      »Und?«

      »Niemandem ist ein Gast aufgefallen, der ein ungewöhnliches Interesse an Edgar Wimmer gezeigt hätte.« Englmair zögerte, bevor er weitersprach: »Es gab allerdings an diesem Abend einen Gast, der mehreren Leuten unangenehm aufgefallen ist.«

      »Was war das für ein Kerl?«

      »Die Zeugen beschrieben ihn übereinstimmend als dicken, ungepflegten Mann«, antwortete Plattner. »Allerdings gehen ihre Beschreibungen zu seiner Person ansonsten weit auseinander, sodass sie im Grunde nicht sehr hilfreich sind. Auf jeden Fall hatte er einen kleinen Hund dabei und benahm sich anscheinend unmöglich. So bestellte er für seinen Hund Mineralwasser, wollte aber nicht dafür bezahlen. Und er hatte scheinbar an allem etwas auszusetzen. Nicht nur Edgar Wimmer, der ihn bediente, war erleichtert, als der Mann schließlich bezahlte und die Wirtschaft verließ.«

      »Viel zu auffällig«, meinte Anja nach kurzem Nachdenken und schüttelte den Kopf. »So verhält sich doch niemand, der vorhat, den Kellner umzubringen, der ihn bedient hat und mit dem er unzufrieden war.«

      »Das denke ich auch«, sagte Englmair. »Davon ganz abgesehen hatte er einen Hund dabei. Und welcher Serienmörder nimmt schon seinen Hund mit, wenn er seine Morde begeht.«

      »Vielleicht hat er den Hund weggebracht und ist dann allein zurückgekommen«, gab Plattner zu bedenken. »Genügend Zeit hatte er ja, bis das Wirtshaus um Mitternacht zumachte und Wimmer nach Hause ging.«

      Anja wiegte den Kopf hin und her. »Wie ich schon sagte: Für einen Mörder verhielt sich der Kerl viel zu auffällig. Trotzdem kann er natürlich der Täter gewesen sein, wir sollten daher nichts ausschließen.« Sie überlegte, dann sah sie wieder Englmair an. »Ich gehe mal davon aus, dass es auch in diesem Fall eine Visitenkarte mit einem blutigen Fingerabdruck gab. Sonst stünde ich jetzt vermutlich nicht hier, sondern könnte, wie ich es eigentlich vorhatte, ein paar Runden laufen.«

      Englmair nickte. »Es ist genauso wie in den anderen beiden Fällen. Allerdings steckte die Karte in der linken Socke des Leichnams, sodass sie nicht sofort entdeckt wurde. Vermutlich, damit sie nicht blutig wurde. Abdruck und Blut auf der Rückseite der Visitenkarte stammen von einer weiteren, bislang unbekannten Person. Diesmal handelt es sich um die Blutgruppe AB negativ, der seltensten Blutgruppe in Deutschland und

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