DER WIDERSACHER. Eberhard Weidner
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Die beiden Mordermittler nickten.
»Es gibt sogar eine Reihe derartiger Fälle, in denen in den letzten Jahren dem Mordopfer Organe oder Organteile entnommen wurden«, antwortete Plattner, der sich an diesem Tag als der wahre Experte für Serienkiller entpuppt hatte, der sogar Kalenderdaten historischer Morde auswendig wusste. »Bei einigen dieser Mordfälle wurde den Opfern auch wie hier mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten, sodass man durchaus davon ausgehen kann, dass ein und dieselbe Person und damit ein Serienkiller hinter den Taten stecken könnte.«
»Wieso habe ich davon noch nie etwas gehört?«, fragte Anja.
»Davon erfährt die Öffentlichkeit in der Regel nichts«, sagte Englmair. »Schließlich wollen die ermittelnden Behörden keine Panik erzeugen oder Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer auf den Plan rufen. Und solange die Presse keinen Wind davon bekommt und anschließend in riesengroßen Buchstaben Schlagzeilen produziert, bleiben derartige Mordserien ein gut gehütetes Geheimnis der Ermittlungsbehörden.«
»Also haben wir es hier mit sage und schreibe drei Serienkillern gleichzeitig zu tun«, sagte Anja seufzend. »Als hätten Jack und zwei weitere Serienmörder nicht vollends gereicht, uns das Leben schwer zu machen.« Sie warf einen abschließenden Blick auf die Blutflecken, als wollte sie sich das Muster einprägen, und sah sich dann im Park um. Während der Unterhaltung mit den beiden Kollegen hatte sie die Umgebungsgeräusche komplett ausgeblendet, damit diese sie nicht in ihrer Konzentration störten. Erst jetzt wurde ihr das Lärmen der anderen Parkbesucher, vor allem das der zahlreichen Kinder und Hunde, die über die Wiesen rannten und teilweise Bällen hinterherjagten, wieder bewusst. Obwohl hier vor weniger als vierundzwanzig Stunden ein brutaler und grausamer Mord geschehen war, ging das Leben ringsherum scheinbar unbeirrt weiter. Die Leute machten lediglich einen Bogen um die drei Ermittler und die Blutflecken auf dem Weg.
Nachdem Anja das Wichtigste über die drei Mordfälle erfahren hatte, zwischen denen es aufgrund der aufgefundenen Visitenkarten einen unmittelbaren Zusammenhang geben musste, gingen sie zum Auto zurück.
Diesmal setzte sich Englmair hinters Lenkrad. Anja durfte auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, während Plattner sich nach hinten setzte. Zunächst fuhr Englmair zu ihrer Dienststelle in der Hansastraße im Stadtteil Sendling-Westpark. Dort verabschiedete sich Plattner von ihnen und stieg aus. Anschließend brachte der Mordermittler Anja nach Hause. Während der Fahrt sprachen sie allerdings nicht über die Morde, sondern über harmlosere Dinge wie Familie und Freunde. Beide Kriminalbeamten vermieden es auch, über den verstorbenen Anton Krieger und Anjas Suspendierung vom Dienst zu sprechen.
Schließlich brachte Englmair den BMW vor der Einfahrt zu Anjas Grundstück zum Stehen und schaltete den Motor aus.
Anja schnallte sich ab, öffnete aber noch nicht die Tür, denn offensichtlich hatte der Mordermittler noch etwas auf dem Herzen.
»Wir sollten über Personenschutz nachdenken«, sagte er unvermittelt.
»Für wen?«
»Für dich natürlich. Immerhin bist du es, die der Widersacher auf dem Kieker hat.«
Anja war sich dessen durchaus bewusst, doch der Gedanke, auf Schritt und Tritt überwacht und beobachtet zu werden, behagte ihr ganz und gar nicht. »Dafür ist es vermutlich noch viel zu früh«, sagte sie daher.
Englmair sah sie zweifelnd an. »Um dein Leben zu schützen, ist es nie zu früh.«
Doch Anja schüttelte entschieden den Kopf. »Ich denke nicht, dass ich jetzt schon in ernsthafter Gefahr bin. Der Mann, der meinen Vater und meinen Ehemann umgebracht hat, liebt es, mit seinen Opfern zu spielen und sie zu quälen, bevor er sie tötet. Das ist für ihn ein wichtiger Bestandteil der Tat und übt vermutlich einen ebenso großen Reiz auf ihn aus wie das Töten selbst. Deshalb wird er auch dieses Mal nicht darauf verzichten wollen. Das Problem ist eher, dass seine Werkzeuge vermutlich erst eine Menge anderer Leute ermorden, bevor sie sich auf mich konzentrieren, ohne dass wir etwas dagegen unternehmen können. Damit will er mir immer wieder meine eigene Hilflosigkeit vor Augen führen, weil ich nicht in der Lage bin, den Tod dieser Leute zu verhindern. So wie ich es auch nicht verhindern konnte, dass mein Vater und mein Mann umgebracht wurden. Der Widersacher will mich vermutlich gar nicht töten, sondern er will erreichen, dass ich daran zerbreche.«
»Das kannst du nicht mit Sicherheit wissen«, wandte Englmair ein. »Vielleicht ist er es allmählich leid und will dieser Sache jetzt rasch ein Ende bereiten, nachdem du ihm und seinen Handlangern jetzt oft genug in die Suppe gespuckt hast. Auch die geduldigste Katze tötet die Maus, wenn sie lange genug mit ihr gespielt hat. Und um diesmal auf Nummer sicher zu gehen, hat Jack jetzt sogar gleich drei von diesen Typen auf dich angesetzt.«
»Wenn es tatsächlich so wäre, dann wären die Kerle gleich bei mir aufgekreuzt und hätten mich ohne Vorwarnung umgebracht. Und dann bräuchte es auch nicht drei Psychopathen, sondern es hätte sogar ein einziger ausgereicht.«
Englmair seufzte und unternahm einen letzten Versuch, sie zur Vernunft zu bringen. »Bist du dir sicher, dass du keinen Schutz benötigst? Wir könnten einen Streifenwagen vor deinem Haus postieren, dann wärst du wenigstens hier geschützt, ohne dass dir ständig jemand folgt.«
»Die Kollegen werden woanders dringender gebraucht. Aber wenn ich irgendwann der Meinung sein sollte, dass ich in Gefahr bin, dann sage ich dir Bescheid.«
»Na gut«, meinte Englmair, obwohl seine verkniffene Miene deutlich zum Ausdruck brachte, dass es für ihn alles andere als gut war. Aber vermutlich hatte er eingesehen, dass er gegen Anjas Sturheit nichts ausrichten konnte. »Aber dann lass mich dir wenigstens etwas geben.«
»Was denn?«
»Mach doch mal das Handschuhfach auf!«
Anja zuckte mit den Schultern und öffnete das Fach. Sofort entdeckte sie eine vollautomatische Pistole, die neben einigen anderen Dingen, die vermutlich viele Autofahrer mit sich führten, wie ein Fremdkörper wirkte.
»Ich nehme mal an, dass du wegen der Suspendierung deine Dienstwaffe abgeben musstest«, sagte Englmair. »Also nimmst du einfach diese Waffe, dann bist du wenigstens nicht völlig schutzlos, und ich kann heute Nacht besser schlafen.«
Anja machte keine Anstalten, nach der Schusswaffe zu greifen. »Was ist das für eine Pistole?«
»Es handelt sich um eine GLOCK 17C, 9 mm Luger, mit einem 19-Schuss-Magazin.«
»Ich wollte nicht wissen, um was für ein Fabrikat es sich handelt, denn das kann ich selbst sehen, sondern woher die Waffe stammt.«
Englmair seufzte. »Sie gehörte Toni.«
Anja sah den Mordermittler aus großen Augen an. »Das war Kriegers Pistole?«
»Natürlich nicht seine Dienstwaffe. Eher so eine Art Ersatzpistole für den Notfall. Allerdings hat sie ihm am Ende auch nichts genützt, denn er hatte sie nicht dabei, sondern in seiner Schreibtischschublade liegen, als er seinem Mörder begegnete.«
Anja dachte daran, dass ihre Dienstwaffe auch mehr Zeit in der Schublade als in einem Holster an ihrem Körper verbracht hatte.
»Er hätte gewollt, dass du sie bekommst«, sagte Englmair.
»Bist