Veyron Swift und der Orden der Medusa. Tobias Fischer
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Читать онлайн книгу Veyron Swift und der Orden der Medusa - Tobias Fischer страница 12
Tom war entrüstet, stemmte sich die Fäuste in die Hüften. Beindrucken konnte er Veyron damit allerdings nicht.
»Kurz gesagt: ja. Das eigentliche Problem ist ganz ein anderes. Ich bin an einer gefährlichen Sache dran. Zunächst hielt ich sie für trivial, aber nun weiß ich, dass dem nicht so ist. Medusa-Morde, Tom! Versteinerte Mordopfer, das hat man nicht alle Tage. Auf so einen Fall warte ich schon seit neun Jahren.«
»Das ist ja wieder einmal typisch! Sie interessieren sich lieber für versteinerte Leichen, als für Menschen, die in Not geraten sind!«
Veyron schaute Tom voller Verständnislosigkeit an.
»Was sonst sollte mich an diesem Fall interessieren?«
»Die betroffenen Menschen zum Beispiel? Die arme Iulia, die von Fenrissen verfolgt wurde? Oder was ist mit den beiden Brüdern, die in diesem Gefängnis verhungern müssen? Aber Ihnen sind die Belange Ihrer Mitmenschen vollkommen egal. Ich erinnere Sie an Weihnachten, wo wir oben in Schottland im Schnee standen und irgendwelchen Trollen nachgespürt haben, Trolle die es gar nicht gab!«
Veyron verdrehte die Augen und winkte ab. »Das war in der Tat ein vollkommener Reinfall. Wenigstens haben wir was gelernt: Vertraue niemals deiner Urteilskraft wenn du verzweifelt einen Fall suchst.«
»Meinen Geburtstag haben Sie auch vergessen!«
Veyron zeigte sich nun regelrecht erstaunt, als er diesen Vorwurf an den Kopf geschleudert bekam. Er blinzelte überrascht und betrachtete Tom voller Skepsis.
»Wann hättest du Geburtstag gehabt?«
»Am Dritten Januar!«
Veyron zuckte mit den Schultern. »Na, so wichtig kann der nicht gewesen sein. Ansonsten hätte mich sicher jemand daran erinnert.«
Jetzt platzte Tom endgültig der Kragen. Er spürte wie sein Gesicht blutrot anlief, er musste die Fäuste ballen, um nicht einfach auf diesen Mann loszugehen.
»Nicht wichtig? Ich bin fünfzehn geworden! Und wissen Sie was? Sechzehn werde ich auch noch, aber bestimmt nicht in diesem Haus! Ich hau ab! Jetzt sofort! Sie sind ein Unmensch, hier bleib ich keine weitere Nacht!«
Er stampfte die Treppen hinauf in sein Dachbodenzimmer. Es war groß und geräumig. Das einzige, riesige Fenster bot einen Überblick über die halbe Nachbarschaft. Schnell stopfte er ein paar Sachen in seinen Rucksack und eilte wieder nach unten. Ohne sich zu verabschieden, nahm er den direktesten Weg zur Haustür. Veyron war weit und breit nicht zu sehen. Dafür erklang das angenehme Rauschen der Dusche. Sein Pate tat einfach so, als wäre alles ganz normal! Toms Wut steigerte sich noch weiter. Er ließ die Tür extra laut ins Schloss fallen, sprang die Stufen zum Gartentor hinunter und stürmte hinaus auf die Straße.
Sein Zorn war immer noch heiß, als er die Wisteria Road entlang eilte. Erst acht Straßenlaternen später gelang es ihm, sich halbwegs zu beruhigen.
Dieser elende, herzlose, grausame Mistkerl! Warum musste ich ausgerechnet bei ihm landen? Konnten meine Eltern nicht einen netteren Menschen als Paten aussuchen? Warum um alles in der Welt ausgerechnet er? ging es ihm durch den Kopf. Er war wild entschlossen diesmal nicht so schnell nachhause zurückzukehren, jedenfalls nicht mehr diese Woche. Nur: wo sollte er bis dahin unterkommen? Tom hatte ein paar Freunde an der Schule, aber deren Eltern würden es sicher nicht erlauben, dass er bei denen länger als eine Nacht untertauchte. Er konnte ja schlecht jeden Tag aufs Neue umziehen. Jane wäre dann noch eine Möglichkeit.
Jane Willkins war Polizistin, sie hatte sich um ihn gekümmert, nachdem ihn seine Tante damals allein zurückgelassen hatte. Jane war eine echte Freundin und das Beste: sie konnte Veyron auch nicht besonders gut leiden. Zu ihr war Veyron auch jedes Mal recht gemein, wenn sie miteinander zu tun hatten. Darum also zu Jane.
Tom ging bis zur nächsten Bushaltestelle und wartete. Dabei fiel ihm ein Mann auf, der ganz in der Nähe an einem Laternenpfahl lehnte und telefonierte. Immer wieder schaute der Herr zu ihm herüber. Als Tom den Blick erwiderte, drehte sich der Mann um und sprach leise in sein Telefon. Das kam ihm seltsam vor, ein unangenehmes Gefühl beschlich ihn. Mit diesem Kerl war irgendetwas nicht in Ordnung, das sagte ihm seine Intuition.
»Sei nicht albern«, ermahnte er sich, »was sollte irgendwer von dir wollen, Tom Packard? Wahrscheinlich ist es einfach nur ein Spinner.« Trotzdem wollte er die Augen offenhalten.
Mit einem typisch knallroten Londoner Stadtbus ging es zur nächsten Underground-Station. Einige Haltestellen später war er endlich in Ealing. Den komischen Kerl hatte er im Bus nicht abschütteln können und auch in der Tube nicht. Er stieg sogar in den nächsten Bus ein, der Tom in die Reigate Street brachte. Wurde er tatsächlich verfolgt? Das Verhalten dieses Mannes kam ihm jedenfalls sehr verdächtig vor. Die Geschichte der Prinzessin kam ihm wieder in den Sinn, wie sie tagelang von Medusa verfolgt wurde. Erging es ihm hier ähnlich? Hatten Iulias Feinde sie etwa auch bis nach London verfolgt? Vielleicht war es aber auch irgendein verrückter Stalker. Als sein neuer Schatten diesmal jedoch nicht ausstieg sondern weiterfuhr, verflüchtigten sich Toms Sorgen wieder.
»Offenbar werde ich langsam paranoid. Es leben acht Millionen Menschen in der Stadt und der Typ war ja nicht der Einzige, der mit dem gleichen Bus und der Tube gefahren ist«, sagte er sich.
Jane Willkins Wohnung lag im vierten Stock von 270b Reigate Street, einem schmucklosen Wohnturm aus den Siebzigern. Dort lebte sie mit ihrem aktuellen Freund, Alex Finchley. Tom kannte ihn nicht besonders gut, denn er arbeitete sehr viel, war nur wenig zu Hause. Die Wahrscheinlichkeit lag daher hoch, dass er Jane allein antraf. Sie würde bestimmt nichts dagegen haben, wenn er übers Wochenende bei ihr blieb.
Er trat zur Eingangstür, klingelte. Es verging ungewöhnlich viel Zeit, ehe sich Janes helle Stimme an der Sprechanlage meldete.
»Ja?«
»Ich bin’s, Tom. Kann ich reinkommen?«
»Tom! Warum … ach, egal. Komm rauf.«
Die Haustür summte und Tom drückte sie auf. Das Treppenhaus war stockfinster, nur zögerlich sprangen die Bewegungsmelder an, eine Lampe nach der anderen begann zu glühen. Es roch nach Putzmittel und altem Schimmel.
Tom nahm den Lift, eine Klaustrophobie hervorrufende, enge Kabine mit billiger Holzimitat-Vertäfelung. Sie ruckelte fürchterlich und er war heilfroh, als er endlich oben ankam.
Jane stand in der offenen Wohnungstür, nur in einen Bademantel gewickelt. Ihre dunklen Haare waren noch feucht und sie hatte sie hochgesteckt. Offenbar kam sie gerade aus der Dusche.
Ein atemberaubender Anblick, wie es Tom durch den Kopf schoss. Jane war von bewundernswerter Schönheit, obwohl sie ziemlich genau doppelt so alt war wie er. Ihre großen, dunklen Augen musterten ihn skeptisch.
»Was machst du denn hier? Es wird gleich dunkel, solltest du nicht längst zu Hause sein?«, begrüßte sie ihn und bat ihn, in die Wohnung zu kommen.
»Ich hab Stress mit Veyron«, lautete seine knappe Antwort. Er schlüpfte an ihr vorbei, ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf die alte Couch fallen. Sie war so durchgesessen, dass er hart auf dem Gestell aufschlug. Den kurzen Schmerz ignorierte er, verfluchte das alte Ding jedoch heimlich.
»Ist Alex nicht da?«
»Er musste übers Wochenende auf ein Seminar, rüber auf den Kontinent. Mainz,