Gar greuliche Thaten. Erik Schreiber

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Gar greuliche Thaten - Erik Schreiber

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aufhielt und fragte: „Verzeihen Sie, aber vielleicht suchen Sie Hauptmann Wain?“

      Zu Pater Browns Entschuldigung – denn er selbst hätte sich gewiß aufrichtig entschuldigt – muß man anführen, dass er Amerika zum erstenmal sah – besonders aber diese besondere Sorte Hornbrille, die damals noch nicht in England Mode war wie heute. Er hatte im ersten Augenblick die Empfindung, ein Meerungeheuer mit riesigen, hervorstehenden Augen zu erblicken, das eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Taucher hatte. Der Herr war im übrigen höchst geschmackvoll gekleidet, und dem naiven Pater schien die Hornbrille den eleganten Menschen förmlich zu entstellen, als hätte sich ein Geck als letzten Schick ein Holzbein zugelegt. Auch die Frage setzte ihn in Verlegenheit. Ein amerikanischer Flieger namens Wain, ein Freund seiner französischen Freunde, stand allerdings auf der langen Liste von Personen, die er während seines Besuches in Amerika besuchen wollte, aber er hatte nie erwartet, ihn so bald zu treffen.

      „Verzeihen Sie“, fragte er zögernd, „sind Sie Hauptmann Wain? Oder – oder kennen Sie ihn?“

      „Dass ich nicht Hauptmann Wain bin, steht für mich so ziemlich fest“, antwortete der Bebrillte mit unbeweglichem Gesicht. „Das war mir klar, als ich ihn da drüben im Auto auf Sie warten sah. Aber die zweite Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Ich glaube Wain und seinen Onkel und den alten Merton zu kennen – ich kenne den alten Merton, aber der alte Merton kennt mich nicht. Verstehen Sie?“

      Pater Brown verstand nicht ganz. Er blinzelte die glänzende Seelandschaft und die Türme der Stadt an, und dann auch den Bebrillten. Nicht nur die Maske auf den Augen ließ sein Gesicht undurchdringlich erscheinen. Etwas in seinem gelben Gesicht sah asiatisch, ja sogar chinesisch aus – seine Sprache schien aus verschiedenen Lagen Ironie zu bestehen. Er gehörte zum Typ des rätselhaften Amerikaners, der sich mitten in der offenherzigen und geselligen Bevölkerung manchmal findet.

      „Ich heiße Drage“, sagte er, „Norman Drage, und bin amerikanischer Bürger, was vieles erklärt. Jedenfalls vermute ich, dass ihr Freund Wain ihnen so manches mitteilen möchte – also gedulden wir uns noch etwas.“

      Pater Brown wurde in benommenem Zustand zum Auto geschleppt, das in einiger Entfernung wartete. Ein junger Mensch mit Büscheln von zerzaustem blondem Haar und etwas gequältem und abgespanntem Gesichtsausdruck rief ihn von weitem an und stellte sich als Peter Wain vor. Bevor Pater Brown zur Besinnung kam, saß er schon fest im Wagen und fuhr mit beträchtlicher Geschwindigkeit durch die Stadt und darüber hinaus. Er war das heftige amerikanische Zugreifen nicht gewohnt und fühlte sich so verwirrt, als hätte ihn ein mit Drachen bespannter Wagen ins Märchenland entführt. Unter so beunruhigenden Umständen hörte er zum ersten Male in langen Monologen von Wain und in kurzen Sätzen von Drage die Geschichte des Koptenpokals und der beiden Verbrechen, die damit zusammenhingen.

      Wain hatte, wie es schien, einen Onkel namens Crake und dieser einen Kompagnon namens Merton. Dieser Merton war der dritte Besitzer des Pokals, wie die ersten beiden ein reicher Geschäftsmann. Der erste, der bekannte Kupferkönig Titus P. Trant, hatte von einem Unbekannten, der sich Daniel Boon nannte, Drohbriefe erhalten. Der Name war vermutlich ein Pseudonym, vertrat aber nun bereits eine sehr bekannte, wenn nicht volkstümliche Figur. Denn soviel stand bald fest: der Schreiber der Drohbriefe beschränkte sich nicht auf Drohungen. Jedenfalls wurde der alte Trant eines Morgens tot aufgefunden. Sein Kopf lag in seinem eigenen Zierteich, und vom Täter fehlte jede Spur. Glücklicherweise wurde der Pokal auf der Bank aufbewahrt. Er ging mit dem übrigen Vermögen an Trants Vetter Brian Horder über, der ebenfalls schwer reich war und von dem namenlosen Feinde bedroht wurde. Man fand ihn tot am Fuße eines Felsens in der Nähe seiner Strandvilla, in der ein Einbruch – diesmal großen Stils – stattgefunden hatte. Denn obwohl der Pokal wieder heil davonkam, wurden so viele Aktien und Pfandbriefe gestohlen, dass Horders Angelegenheiten in die größte Verwirrung gerieten.

      „Brian Horders Witwe mußte alle Wertgegenstände verkaufen, glaube ich“, erklärte Wain, „und wahrscheinlich hat Brander Merton damals den Pokal erworben, denn als ich ihn kennenlernte, war er bereits glücklicher Besitzer. Aber Sie werden sich selbst sagen, dass es nicht gerade bequem ist, ihn zu haben.“

      „Hat Herr Merton auch Drohbriefe bekommen?“ fragte Pater Brown nach einer Pause. „Ich glaube schon“, sagte Herr Drage, und ein Etwas in seiner Stimme ließ den Priester neugierig aufblicken, bis er bemerkte, dass der Bebrillte leise lachte, und zwar auf eine so sonderbare Weise, dass es dem Neuangekommenen kalt über den Rücken lief.

      „Ich bin ziemlich davon überzeugt“, sagte Wain mit Stirnrunzeln. „Ich habe die Briefe nicht gesehen. Er zeigt seine Briefe überhaupt nur seinem Sekretär, denn er ist in solchen Dingen sehr verschlossen, ganz begreiflich bei einem so großen Geschäftsmann. Aber ich war dabei, wie er sich über Briefe wirklich aufregte und bedrückt fühlte; und gerade diese Briefe zerriß er, bevor sein Sekretär sie zu Gesicht bekam. Jetzt ist sogar der Sekretär schon nervös geworden, er behauptet, dass irgend jemand dem Alten auflauert. Kurz und gut, wir wären Ihnen für ihren Rat sehr dankbar. Man kennt ihren Ruf, Pater Brown, und deshalb hat mich der Sekretär gebeten, Sie gleich in Mertons Haus hinüberzubitten.“

      „Jetzt verstehe ich“, sagte Pater Brown, dem endlich der Zweck der Entführung aufging. „Aber ich sehe wirklich nicht ein, was ich noch dabei soll. Sie sind doch an Ort und Stelle und müssen über hundertmal mehr Einzelheiten verfügen, aus denen Sie Schlüsse ziehen können, als ein zufälliger Besuch.“

      „Jawohl“, sagte Drage trocken, „unsere Schlüsse sind viel zu logisch, um wahr zu sein. Wenn Sie mich fragen: was Titus P. Trant getroffen hat, kam geradeswegs von oben, ohne auf eine logische Erklärung zu warten. Es war das, was man einen Blitz aus heiterem Himmel nennt.“

      „Sie wollen doch nicht behaupten“, rief Wain, „dass es übernatürlich war?“

      Aber es war zu dieser Zeit gar nicht so einfach zu verstehen, was Herr Drage eigentlich meinte. Wenn er von jemand sagte, er sei sehr klug, so meinte er damit vermutlich, er sei ein Esel. Herr Drage bewahrte eine geradezu orientalische Ruhe, bis nach einer Weile der Wagen hielt. Sie waren jedenfalls am Ziel. Der Ort war merkwürdig genug. Die letzte Strecke hatte sie durch dünn bewaldetes Gebiet geführt, das in eine weite Ebene überging; gerade vor ihnen befand sich ein Gebäude, das aus einer einzigen Mauer bestand, so rund war wie ein Römerlager und ein wenig einer Flughalle glich. Die Umfriedung sah weder wie Holz noch wie Stein aus; bei näherer Betrachtung ergab sich, dass sie aus Eisen bestand.

      Sie stiegen alle aus. In der Wand öffnete sich mit großer Vorsicht eine kleine Schiebetür, nachdem man daran manipuliert hatte wie an einem Geldschrank. Sehr zu Browns Erstaunen machte der Herr, der sich Drage nannte, nicht Miene einzutreten, sondern verabschiedete sich mit unheilvoller Lustigkeit. „Ich komme lieber nicht mit“, sagte er. „So viel freudige Aufregung darf man dem Alten nicht zumuten. Er liebt mich so heiß, er könnte vor Freude sterben, wenn er mich sieht.“

      Er marschierte ab, und Pater Brown, dessen Verwunderung wuchs, wurde durch die Stahltür eingelassen, die hinter ihm sofort einschnappte. Drin sah man einen großen, kompliziert angelegten Garten in vielen und heiteren Farben, aber ohne Baum, Gebüsch oder Strauch. Mitten drin erhob sich ein schöner, ja imposanter Bau, der jedoch so hoch und schmal war, dass er aussah wie ein Turm. Auf dem Dache funkelte das Sonnenlicht hier und da auf Glasfenstern, aber im unteren Teile schienen sich überhaupt keine Fenster zu befinden. Überall herrschte die fleckenlose, blitzende Sauberkeit, die so gut zu der klaren amerikanischen Luft paßte. Innerhalb des Portals fanden sie sich von prächtigem Marmor, Metallen und Emaille in strahlenden Farben umgeben – aber die Treppe fehlte. In der Mitte zwischen den kompakten Mauern stieg nur der Schacht für den Aufzug in die Höhe, und der Zugang wurde durch stark gebaute, große Leute bewacht, die aussahen wie Polizisten in Zivil.

      ***

      „Die Schutzmaßnahmen sind

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