Gar greuliche Thaten. Erik Schreiber

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Gar greuliche Thaten - Erik Schreiber

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Feind tödlich würde? Ich meine damit nicht, dass Sie Herrn Merton nicht schützen werden, wenn es in ihrer Macht steht, sondern dass es Ihnen erst in zweiter Linie wichtig ist. Die Vorbereitungen sind etwas kompliziert, wie Sie selbst sagen und gehen wohl auf Sie zurück. Aber Sie scheinen auch eher dazu angetan zu sein, einen Mörder zu fangen, als einen Menschen zu retten.“

      „Hochwürden“, sagte der Sekretär, dessen Stimme sich beruhigt hatte, „Sie sind verdammt klug – aber sonderbarerweise sind Sie noch etwas mehr. Irgendwie gehören Sie zu den Leuten, denen man die Wahrheit sagen möchte – und außerdem wird man es ihnen ohnedies erzählen, denn man neckt mich ja bereits damit. Man sagt allgemein, dass ich eine fixe Idee habe – nämlich den Verbrecher zur Strecke zu bringen – und vielleicht stimmt das auch. Aber ich werde ihnen jetzt etwas sagen, was sonst niemand weiß: ich heiße in Wirklichkeit John Wilton Horder.“ Pater Brown nickte, als sei ihm nun alles klar, doch der andere fuhr fort:

      „Dieser Mensch, der sich Daniel Boon nennt, hat meinen Vater und meinen Onkel getötet und meine Mutter zugrunde gerichtet. Als Merton einen Sekretär suchte, nahm ich den Posten an. Ich dachte, wo der Koptenpokal sei, würde sich auch der Verbrecher früher oder später einfinden. Aber ich wußte nicht, wer es war, und konnte also nur auf ihn warten. Ich hatte die feste Absicht, Merton treu zu dienen.“

      „Ich verstehe“, sagte Pater Brown sanft, „aber ist es nicht eigentlich an der Zeit, dass wir hineingehen?“

      „Ja gewiß“, erwiderte Wilton; er war wieder zusammengefahren, und der Priester schloß daraus, dass er sich einen Augenblick wieder seinen Rachegelüsten überlassen hatte. „Gewiß – gehen Sie nur hinein.“

      Pater Brown ging geradeswegs in das innere Zimmer. Was folgte, waren keine Begrüßungen, sondern nur ein totes Schweigen. Einen Augenblick später erschien der Priester wieder in der Türe.

      Im selben Augenblick bewegte sich der stumme Wächter, der an der Tür saß – es sah aus, als sei ein Riesenmöbel lebendig geworden. Etwas in der Haltung des Priesters hatte wie ein Signal gewirkt. Sein Kopf hob sich vom Licht des Fensters ab, aber sein Gesicht blieb im Schatten.

      „Jetzt werden Sie wohl auf den Knopf drücken müssen“, sagte er mit einem Seufzer.

      Wilton schien mit einem Ruck aus seinen wilden Grübeleien zu erwachen und sprang auf. Seine Stimme überschlug sich.

      „Es war kein Schuß!“ rief er aus.

      „Ja“, sagte Pater Brown, „es kommt darauf an, was Sie unter einem Schuß verstehen.“

      Wilton sprang vor, und zusammen stürzten sie in das innere Zimmer. Es war verhältnismäßig klein und einfach, aber höchst luxuriös ausgestattet. Ihnen gegenüber stand ein großes Fenster weit offen – die Aussicht ging auf den Garten und die bewaldete Ebene. Nahe beim Fenster standen ein Sessel und ein Tischchen, als hätte der Gefangene während des kurzen Glücks seiner Einsamkeit gar nicht genug Licht und Luft bekommen können.

      Auf dem Tischchen am Fenster stand der Koptenpokal. Der Besitzer hatte ihn jedenfalls beim günstigsten Licht betrachtet. Und es war auch der Mühe wert. Das weiße, blendende Tageslicht verwandelte die kostbaren Steine in vielfarbige Flammen, so dass er wie ein Urbild des Heiligen Gral aussah. Es war der Mühe wert, ihn zu betrachten. Aber Brander Merton betrachtete ihn nicht. Sein Kopf hing über die Lehne des Sessels, seine weiße Mähne berührte fast den Boden, und sein grauer Spitzbart wies zur Decke – in seinem Hals aber steckte ein langer, braunangestrichener Pfeil mit roten Federn.

      „Ein lautloser Schuß“, sagte Pater Brown leise. „Ich hatte gerade an die neuen Erfindungen gedacht, die geräuschlosen Feuerwaffen. Dies ist freilich eine alte Erfindung – aber genau so geräuschlos.“

      Einen Augenblick später fragte er: „Er ist tot, fürchte ich. Was werden Sie tun?“

      Der blasse Sekretär riß sich mit einem plötzlichen Entschluß zusammen. „Ich werde natürlich auf den Knopf drücken“, sagte er, „und wenn das noch nicht genügt, um Daniel kaltzumachen, werde ich ihn in den Wäldern jagen, bis ich ihn finde.“

      „Geben Sie bloß acht, dass Sie keinen unsrer Freunde kaltmachen. Sie müssen in der Nähe sein, eigentlich sollte man sie rufen.“

      „Die wissen ja alle Bescheid mit der Mauer“, erwiderte Wilton. „Und sie werden auch nicht versuchen, 'rüberzuklettern – außer, wenn einer von ihnen es sehr eilig hat.“

      Pater Brown ging zum Fenster, durch das der Pfeil anscheinend hereingeflogen war, und sah hinaus. Tief unten lag der Garten mit seinen ebenen Blumenbeeten wie eine zart getönte Landkarte der Erde. Die ganze Aussicht sah so weit und leer aus, der Turm schien so hoch in den Himmel zu ragen, dass ihm ein seltsamer Ausdruck in den Sinn kam.

      „Ein Blitz aus heiterem Himmel“, sagte er. „Hat nicht jemand vor kurzem von einem Blitz aus heiterm Himmel gesprochen, vom Tod, der aus den Lüften kommt? Sehen Sie bloß, alles sieht so weit entfernt aus – wie unwahrscheinlich, dass ein Pfeil so weit her kommen sollte! Außer freilich ein Pfeil vom Himmel.“

      Wilton war zurückgekehrt, antwortete aber nicht. Der Priester fuhr fort:

      „Man denkt dabei an Luftschiffahrt. Ich muß mal den jungen Wain fragen ... nach Luftschiffahrt.“

      „Der junge Wain war es sicher nicht!“ rief der Sekretär mit fast wütender Gebärde.

      „Vielleicht ist er auch zu jung, um der Verbrecher zu sein“, bemerkte Pater Brown. „Man wird natürlich auch auf den alten Onkel verfallen – wir müssen ihn über Pfeile ausholen. Dieser hier sieht wie ein Indianerpfeil aus. Ich weiß nicht, wer den Indianerschuß abgegeben hat. Aber erinnern Sie sich an die Geschichte, die der Alte erzählte. Ich bemerkte, dass sie eine Moral hat.“

      „Wenn sie eine Moral hat“, erwiderte der junge Mann mit Wärme, „so doch höchstens, dass ein Indianer weiter schießen kann als man annimmt. Wenn Sie den Alten verdächtigen, ist das purer Unsinn.“

      „Ich glaube, Sie verstehen die Moral nicht ganz“, sagte Pater Brown.

      ***

      Es dauerte einen Monat, bevor Pater Brown das Haus, in dem der dritte Millionär die Vendetta Daniels erlitten hatte, zum zweiten Male besuchte. Die am meisten Beteiligten hielten eine Art Kriegsrat ab. Am obern Ende des Tisches saß der alte Crake, seinem Neffen zur Rechten und dem Anwalt zur Linken; der Riese mit dem Negergesicht, der Harris hieß, war in voller Größe zugegen, wenn auch nur als Zeuge; ein rothaariges, spitznäsiges Individuum namens Dixon schien als Vertreter einer Detektei anwesend, und Pater Brown setzte sich bescheiden auf einen freien Stuhl neben ihm.

      Alle Zeitungen der Welt waren voll von der Katastrophe, die diesen Finanzkoloß, diesen großen Organisator der weltbeherrschenden Großindustrie betroffen hatte. Aber von den Wenigen, die ihm im Augenblick des Todes am nächsten gewesen waren, konnte man nicht viel erfahren. Onkel, Neffe und Anwalt erklärten, dass sie längst außerhalb der Mauer standen, als Alarm geschlagen wurde. Die Wächter an den beiden Schranken gaben etwas verwirrte, aber doch im Ganzen zufriedenstellende Antworten. Nur eine einzige Komplikation mußte besonders überlegt werden. Ungefähr zur Zeit seines Todes hatte sich ein Fremder auf geheimnisvolle Weise am Eingang zu schaffen gemacht und Herrn Merton sprechen wollen. Die Dienstboten konnten ihn nur mit Mühe verstehen, denn er sprach sehr unklar. Aber gerade das fiel später als belastend auf, denn er hatte gesagt, dass ein Bösewicht durch ein einziges Wort aus dem Himmel vernichtet werden könne.

      Peter Wain beugte sich vor. Die Augen

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