Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Der Pfadfinder - James Fenimore Cooper страница 31
„Ach! Hayfische, oder Bären, oder Wölfe — es ist gleichgültig, wie Ihr das Ding nennt. Es ist eben Etwas, was die Lust und die Macht hat, zu beißen."
„Hilf Herr! Mensch, fürchtet Ihr ein Geschöpf, das in einem amerikanischen Forste gefunden werden kann? Ich will zwar zugeben, daß eine Pantherkatze ein ungeberdiges Thier ist; doch was will das heißen, wenn ein geübter Jäger bei der Hand ist? Sprecht von den Mingo's und ihren Teufeleien, so viel Ihr wollt; aber macht mir keinen falschen Lärm mit Euren Bären und Wölfen."
„Ja, ja, Meister Pfadfinder, das ist wohl Alles gut genug für Euch, der Ihr wahrscheinlich den Namen einer jeden Kreatur, mit der Ihr zusammen trefft, kennt. Gewohnheit ist schon Etwas, und macht einen Mann kühn, wo er sonst vielleicht schüchtern wäre. Ich habe in der Nähe des Aequators die Matrosen stundenlang unter fünfzehn bis zwanzig Fuß langen Hayfischen herumschwimmen sehen, und sie hatten dabei keine andern Gedanken, als die ein Landbewohner sich macht, wenn er Sonntags Nachmittags unter Seines Gleichen aus der Kirchthüre geht."
„Das ist außerordentlich!" rief Jasper, welcher in seiner Treuherzigkeit sich jenen wesentlichen Theil seines Gewerbes, den man die Fähigkeit „ein Garn zu spinnen" nennt, noch nicht angeeignet hatte. „Ich habe immer gehört, daß der Tod gewiß sei, wenn man sich in das Wasser unter die Hayen wage."
„Ich vergaß, zu sagen, daß die Jungen immer Spillenbäume, Kanonenspacken oder Kuhfüße mit sich nahmen und die Bestien auf die Nase schlugen, wenn sie ihnen lästig wurden. Nein, nein, ich finde kein Behagen an Bären und Wölfen, obgleich ich mir aus einem Walfisch so wenig mache, als aus einem Häring, wenn er getrocknet und gesalzen ist. Mabel und ich halten besser Stich in dem Kahne."
„Mabel würde gut thun, das Fahrzeug zu wechseln," fügte Jasper bei. „Das meine ist leer, und der Pfadfinder wird zugeben, daß auf dem Wasser mein Auge sicherer ist, als das seine."
„Das thue ich mit Freuden, Junge. Das Wasser gehört zu Euren Gaben, und Niemand wird in Abrede ziehen, daß Ihr sie auf’s Beste erprobt habt. Ihr habt Recht, wenn Ihr glaubt, daß des Sergeanten Tochter in Eurem Kahne sicherer sei, als in dem meinigen, und obgleich ich gerne selber in ihrer Nähe wäre, so liegt mir doch ihre Wohlfahrt zu sehr am Herzen, um sie nicht aufrichtig zu berathen. Bringt Euren Kahn dicht an unsere Seite, Jasper, damit ich Euch das, was Ihr als einen kostbaren Schatz betrachten müßt, übergeben kann."
„Ich betrachte es als einen solchen," erwiederte der Jüngling, welcher keinen Augenblick verlor, um dieser Aufforderung nachzukommen; und als Mabel von dem einen Kahn in den andern getreten war, setzte sie sich zu dem Gepäcke, welches bisher die einige Last desselben ausgemacht hatte.
Nachdem diese Anordnung getroffen war, trennten sich die Kähne und fuhren in einiger Entfernung von einander, wobei man sich vorsichtig, ohne ein Geräusch zu erregen, der Ruder bediente. Die Unterhaltung hörte nach und nach auf, und die Annäherung der gefürchteten Stromenge machte auf Alle einen inhaltsschweren Eindruck. Es war fast gewiß, daß ihre Feinde sich alle Mühe gegeben hatten, diesen Punkt vor ihnen zu erreichen, und der Versuch, in der tiefen Dunkelheit auf dem Strome über ihn weg zu kommen, schien so wenig wahrscheinlich, daß der Pfadfinder der Ueberzeugung lebte, die Wilden hätten sich an beiden Ufern vertheilt, in der Hoffnung, sie beim Landen abzufangen. Er würde auch seinen früheren Vorschlag nicht gemacht haben, wenn er es nicht seinen eigenen Fähigkeiten zugetraut hätte, dieses Vorgefühl eines günstigen Erfolgs von Seiten der Irokesen zu einer Vereitelung ihrer Plane zu benützen. Da aber nun die Anordnung fest stand, so hing Alles von der Geschicklichkeit der Kahnführer ab. Denn wenn ein Fahrzeug auf einen Felsen stieß, so mußte es, wenn es nicht zertrümmert wurde, fast nothwendig aufsitzen, und dann war man nicht blos den Zufällen des Stromes, sondern Mabel auch der Gewißheit ausgesetzt, in die Hände ihrer Verfolger zu fallen. Es war daher die äußerste Umsicht nöthig, und Jeder blieb zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, um sich geneigt zu fühlen, mehr zu äußern, als was gerade die Dringlichkeit des Augenblicks erforderte.
Die Kähne stahlen sich ruhig vorwärts, und das Brausen der Stromenge wurde hörbar. Cap mußte aller seiner Tapferkeit aufbieten, um sich auf seinem Sitz zu erhalten, indeß jene bedeutungsvollen Töne immer näher kamen, wobei die Finsterniß kaum die Umrisse des waldigen Ufers und das darüber hängende dunkle Himmelsgewölbe erkennen ließ. Der Eindruck, welchen die Wasserfülle auf ihn gemacht hatten, arbeitete noch in seiner Seele, und seine Phantasie war nicht unthätig, die Gefahren der Stromenge mit jenen des jähen Absturzes, den er durchgemacht hatte, sich gleich zu denken, wenn nicht der Zweifel und die Ungewißheit sie gar noch steigerte. Hierin war jedoch der alte Seemann im Irrthum, denn die Stromenge des Oswego und seine Fälle sind in ihrem Charakter und in ihrer Heftigkeit sehr verschieden, da die ersten nichts weiter als eine Stromschnelle war, welche über Untiefen und Felsen geht, indeß die letzteren den Namen, den sie trugen, wie wir eben gesehen haben, in der Wirklichkeit verdienten.
Mabel mochte allerdings Beklemmung und Furcht fühlen. Aber ihre ganze Lage war so neu, und das Vertrauen zu ihrem Führer so groß, daß sie sich in einer Selbstbeherrschung erhielt, deren sie wohl nicht mächtig gewesen wäre, wenn sie sich hätte klarere Vorstellungen von der Wahrheit machen können, oder die Hilflosigkeit des Menschen, wenn es den Kampf gegen die Macht und Majestät der Natur gilt, besser gekannt haben würde.
„Ist das die Stelle, deren Ihr erwähnt habt?“ sagte sie zu Jasper, als ihr das Geräusch des Stromschusses zum ersten Mal frisch und deutlich zu Ohren kam.
„Sie ist es; und ich bitte Sie, Vertrauen zu mir zu haben. Unsere Bekanntschaft ist zwar noch jung, Mabel; aber wir leben hier in der Wildniß viele Tage in Einem, und es kommt mir bereits vor, als ob ich Sie schon Jahre lang gekannt hätte."
„Auch ich fühle gegen Euch nicht, wie gegen einen Fremden, Jasper. Ich habe einiges Vertrauen zu Eurer Geschicklichkeit sowohl, als zu Eurem guten Willen, mir einen Dienst zu leisten."
„Wir werden sehen, wir werden sehen. — Pfadfinder peitscht die Schnellen zu nahe am Mittelpunkt des Flusses; das Wasserbette ist gegen das östliche Ufer zu enger; aber ich kann mich ihm jetzt nicht verständlich machen. Halten Sie sich fest an den Kahn und befürchten Sie nichts.“
Im nächsten Augenblick hatte die rasche Strömung sie in den Stromschuß getrieben. Drei oder vier Minuten sah das mehr von heiliger Scheu als von Furcht ergriffene Mädchen rund um sich nichts als die Güsse glänzenden Schaumes, und hörte nichts, als das Brausen der Wasser. Zwanzigmal schien der Kahn von irgend einer kräuselnden, glänzenden Welle, die man sogar in der Dunkelheit der Nacht erkennen konnte, überschüttet zu werden; und eben so oft glitt er unbeschädigt daran vorbei, getrieben durch den kräftigen Arm dessen, der seine Bewegungen leitete. Einmal, aber auch nur Einmal, schien Jasper seine Herrschaft über die zerbrechliche Barke zu verlieren, in welchem kurzen Augenblick sie rund herum wirbelte; aber durch eine verzweifelte Anstrengung brachte er sie wieder in seine Gewalt, gewann das verlorene Fahrwasser wieder und fühlte sich bald für alle seine Beängstigungen dadurch belohnt, daß er den Kahn ruhig in dem tiefen Wasser unterhalb der Stromschnellen dahin schwimmen sah, ohne daß dieser von dem Elemente so viel eingenommen, als zu einem Trunke hätte dienen können.
„Alles ist vorüber," rief der junge Mann freudig. „Die Gefahr ist vorbei, und Sie dürfen nun hoffen, noch in dieser Nacht ihren Vater zu umarmen."
„Gott sei gepriesen! Jasper; Euch verdanken wir dieses große Glück.«
„Der Pfadfinder kann einen guten Theil des Verdienstes in Anspruch nehmen. Aber was ist aus dem andern Kahn geworden?"
„Ich sehe Etwas in der Nähe auf dem Wasser. Ist es nicht das Boot unserer Freunde?"
Wenige Ruderschläge brachten Jasper an