Magic Stoner. Frank Pfeifer

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Magic Stoner - Frank Pfeifer

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Ebenen, die hierarchisch von unten nach oben geordnet sind. Im Erdgeschoss befindet sich der Kuchenstand, auf der sechsten Etage dagegen der Feinschmeckerservice. Man sieht, es geht um Genusssteigerung. Diesem Prinzip folgt auch die Anordnung aller anderen Waren, nur dass die Ebenen der Erleuchtung nicht mit den Stockwerken identisch sind, sondern sich vielfältig vernetzen. Überall pulsieren Maximierungsenergien und treiben die Kunden entlang ihrer Ströme. Vom Fressen zum Dinieren, von der Currywurst zu Pralinés. Einerseits über die mystische Zahl sieben als die Anzahl der Konsumebenen mit dem ewigen Rätsel des Kosmos verbunden, lag das KaDeWe in dem nicht weniger rätselhaften Fluss des Geldes. Alle Menschen fühlten diese ungemeine Energieanreicherung, aber alle reagierten verschieden. Nana fiel dabei unter die Kategorie Kleptomanie.

       Dann geh da halt nicht mehr hin, sagte ich zu ihr. Trink ein schönes kühles FUCKING-BIER-INTERNATIONAL und lass KaDeWe KaDeWe sein.

       Leichter gesagt als getan.

       Es gab ja auch noch Gropius-Passage, Potsdamer Arkaden und das Alexa. Irgendwo gab es immer eine Mall, ein Superkaufhaus, ein Ort, an dem sich die Waren in endloser Vielfalt übereinander stapelten. Man kam einfach nicht daran vorbei. Man konnte sich noch nicht einmal zu Hause einschließen und die böse Welt böse Welt sein lassen.

       Denn es gab einen Ort, der noch viel schlimmer war, als Luxuskaufhäuser und Einkaufspassagen: Das Internet.

       Damals waren wir schon ein Paar. An irgendeinem Morgen waren wir zusammen aufgewacht. Das war das erste Mal, dass sie mir von dem Virus erzählte. Yeah, geiler Scheiß, dachte ich, wir lassen das ganze System in die Luft fliegen. Aber mal ganz ehrlich: Videos streamen, irgendwelchen Idioten auf Youtube folgen und ab und zu mal eine E-Mail schreiben - so schlecht war das Internet auch nicht. Und man konnte FUCKING-BIER-INTERNATIONAL bei Zamaon-Fresh bestellen. Besonders dann gut, wenn man nicht mehr auf den eigenen Beinen stehen konnte. Also vergiss den Scheiß, sage ich zu ihr, und öffnete die nächste Dose.

       Aber sie hörte nicht damit auf.

       Gut, dachte ich anfangs. Spielen wir ihr Spiel.

       How to hack the Internet?

       Als Erstes kauften wir dutzende verschiedene Sonnenbrillen. Überwachungskameras waren ja überall. Versuchten, uns in verschiedenen Tonlagen und Akzenten zu artikulieren. Spracherkennungssoftware, schon mal davon gehört? Gewöhnten uns besondere Gesten und Körperhaltungen an, verzichteten aber letztendlich auf die Manifestation besonderer Kennzeichen wie Narben, Geschwüre und ähnliches. Bodyscans. Körperganganlysesoftware, dieser Mist eben. Unsere Sorge war, dass es jemand mitbekam, was wir vorhatten. Daher wählten wir als Erstes die altmodische Analog-Recherche in Bibliotheken. Was die NSA alles herausbekommen konnte, wenn sie unsere IP-Adresse kannte, wollte ich gar nicht wissen. Unser Ziel, Nanas Ziel, war ziemlich klar. Das Shopping-Monster des Internets, das sie fest im Griff hatte, war Zamaon. Diese Bestie musste zur Strecke gebracht werden.

       Ich hielt das anfangs für ein nettes Spiel. Es war ein wenig so, als ob man dem Rätsel einer Geheimgesellschaft auf den Grund ging. Das entsprach ja genau meinen Interessen. Es gab Codes. Gewisse Regeln, die man kennen und beherrschen musste, wollte man hier mitspielen. Eine spannende Sache. Und eben nur ein Spiel. Abends gab es ein schönes FUCKING-BIER-INTERNATIONAL und Welt, leck mich am Arsch.

       Um die ominösen virtuellen Feinde nicht aufzuschrecken, suchten wir in Büchern in anonymen Bibliotheksregalen nach Methoden, dem digitalen Feind beizukommen. Aber selbst der analoge Weg war nicht so einfach. Was sollte ich zum Beispiel sagen, wenn ich in der Stabi stand, in einem Buch über das Darknet blätterte und dabei von einem Bekannten erwischt wurde? Ich suche nach Spuren eines geheimen Kultes, hätte ich sagen können. Denn meine Freunde wussten von meiner manischen Besessenheit für rätselhafte Kulturen. Five, würden sie sagen, du spinnst. Den Spitznamen Five hatte ich wegbekommen, weil sie früher zu mir sagten: Du kannst ja noch nicht mal bis fünf zählen. Nur weil ich alles hinterfragte. Ich meine, nur weil alle Leute sagen, dass die Welt eine Kugel ist, muss sie doch keine Kugel sein? Bin ich schonmal um den ganzen Planeten gereist? Bin ich im Weltall gewesen und habe mir die ganze Sache mal von oben angeschaut? Alles nur vermittelte Realität. Eigene Erfahrungen zu machen, ist überflüssig. In Eigenverantwortung über diese Welt nachzudenken obsolet. Vor ein paar hundert Jahren war die Erde noch eine Scheibe. Und weil das alle glaubten, war das die Realität. Also: Realität ist eine Absprache. Wenn alle sagen, es gibt keine Ufos, dann gibt es keine Ufos. Aber was ist mit Roswell? Deswegen werde ich Five genannt. Weil meine Freunde und Kommilitonen meinen, ich könne nicht bis fünf zählen. Kann ich aber! Aber wer zu viele Fragen stellt, muss aufpassen, nicht als Idiot dazustehen. Doch die Wahrscheinlichkeit, einen Kommilitonen in der Analog-Bibliothek zu treffen, war relativ gering. Die nutzten dann doch lieber Laptop und Wlan, um für ihre Doktorarbeiten zu recherchieren. Selbst wenn sie wie ich Archäologie studierten.

       *

      Paris hatten wir bald hinter uns. Dieses Konglomerat aus Hochhäusern, Schnellstraßen und Untergrundbahnen war der Rückzugsort für die Menschen, die glaubten, in einer Stadt könnte man den Gewalten der Natur irgendwie entgehen. Kinder spielen dieses Spiel. Sie halten die Hand vor das Gesicht und glauben dann, dass ihr Spielkamerad sie nicht sehen kann. Unser Spielkamerad aber war das Weltall. Absoluter Nullpunkt. Sonnenwinde. Kometenregen. Wenn man sich lange genug die Hand vor das Gesicht hält, wird man einfach erschlagen. Dass es eine Macht gibt, die genau das von uns will, erscheint vielen Menschen als abwegig, magisch, wahnsinnig. Denn solange die Neonreklame leuchtet und das Internet funktioniert, kann es ja nicht so schlimm so sein. Dann kann man in Ruhe sein FUCKING-BIER-INTERNATIONAL trinken und den lieben Gott einen netten Mann sein lassen. Der uns nicht retten wird. Aber wer dann?

      2

      Ich lenkte den Alset auf einen Rastplatz. Wir hatten jetzt unseren Anteil geleistet zur Rettung der Welt. Mehr kann man nicht erwarten. Der Rest der Welt sollte sich gefälligst selbst retten.

      Nana kramte ein Brötchen heraus und fütterte damit einige Spatzen, die aus dem Nichts hervorgestoßen kamen, als hätte einer in die Essensfanfare getrötet. Seltsam, was die kleinen Viecher für ein Gespür hatten, wenn es um eine leckere Mahlzeit ging. Emsig, ein bisschen aufgeregt mit den Flügeln schlagend, pickten sie die Krumen auf. Das waren echte Überlebenskünstler.

      Die Spatzen waren zum Teil so vertrauensselig - oder war es Risikobereitschaft? - dass sie einem die Brotkrumen fast aus der Hand fraßen. Sie hüpften zwischen Nanas Schuhen umher, als wäre dort ein Restaurant. Einer saß sogar auf einer Schnalle und pickte ihr auf dem Spann herum. Nana redete mit ihnen, als wären sie entlaufene Gartenzwerge.

      »Na Kleiner, du hast aber Hunger, einen ganz leeren Magen hast du. Guck mal, wie die den Schnabel aufreißen, gib mir noch ein Stück von dem Brötchen.«

      Diese arglosen Besucher aus einem Paralleluniversum bekamen also ihre Happen, es war genug da. Nachdem alles in den Verdauungstrakten verteilt war, hüpften die Vögel wieder davon und ließen die Raste in ihrem Dreck zurück. In den Büschen zwischen Autobahn und Parkplatz hatten sich Papierfetzen und Plastiktüten ein Stelldichein gegeben, die Zivilisation zeigte sich hier von ihrer besten Seite. Selbst die weiß getünchten Wände der Imbissbude erschienen eher grau, an einer Seitenwand hatten anonyme Pisser, die es offensichtlich nicht bis zum Plastikklo geschafft hatten, ihre Zeichen in dunklen Flecken hinterlassen. Die Luft hier roch nach undefinierbarer Fäulnis. Überall lagen die Filter ausgetretener Zigaretten herum und auf den verstreuten Glasscherben funkelte das Licht der sterbenden Sonne.

      Ich begann Nana zu massieren. Sie hatte eine wunderbar weiche,

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