Magic Stoner. Frank Pfeifer

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Magic Stoner - Frank Pfeifer

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beschoss. Außerdem den Port, die Anzahl der Threads und die Geschwindigkeit, mit der man die Anfragen an den gewünschten Server abschoss. Das ganze Tool war also viel mächtiger als die kleine Batch-Datei, die ich selbst geschrieben hatte. Ich nickte Nana zu. Wir hatten den Einsatz erhöht.

       Ich drückte auf den Fire-Button und der Angriff begann. Parallel hatte Nana die Zamaon-Seite geöffnet, um zu sehen, ob unser Angriff, irgendeine Auswirkung hatte. Meine Software schickte tausende von Pings in Richtung der IP-Adresse, unter der ich von meinem Rechner zuletzt die Zamaon-Seite aufgerufen hatte. Beim Abgleich mit Nanas Rechner mussten wir feststellen, dass sie eine ganz andere IP-Adresse hatte. Der Feind, denn das war Zamaon für uns in diesem Moment, arbeitete also unter verschiedenen Masken, die nach Außen alle gleich aussahen.

       Ich versuchte die verschiedenen Protokolle - TCP, UDP, HTTP - verschieden Threads, verschiedene Geschwindigkeiten. Mit dem gleichen Ergebnis, wie mit meiner Batch-Datei - meine IP-Adresse wurde irgendwann gesperrt. Der Feind hatte meinen Angriff bemerkt und die Tür zugemacht.

       Einsatz erhöht. Keinen Treffer gelandet. Dachte ich jedenfalls. Ehrlich gesagt war ich erleichtert. Das Bier rannte kühl und erfrischend die Kehle herunter.

       Aber Nana war alles andere als frustriert.

       »Five, die haben deine IP-Adresse gesperrt.«

       »So sieht es aus, Nana. Also, komm. Prost. Und vergiss den Scheiß.«

       »Nein, nein, Five. Das ist gut. Das ist sehr gut.«

       Ich sah sie verständnislos an. Wir waren gerade glorreich gescheitert. Zamaon-Goliath hatte uns Kunden-Davids gerade eins über den Schädel gehauen. Schluss. Aus. Zurück zum Kühlschrank.

       »Zamaon hat geantwortet.«

       »Ja klar, Nana. Die haben uns den Hahn zugedreht.«

       »Genau, Five. Aber genau das ist es, was ich doch will. Ich will in Ruhe gelassen werden. Ich fühle mich doch wie ein Junkie, dem das Heroin unter die Nase gehalten wird, wenn er die Wettervorhersage für seinen Sonntagsspaziergang abrufen möchte. Und jetzt werde ich ignoriert.«

       Ich schaute Nana an. Ein sichtliches Zeichen von Entspannung machte sich in ihren Gesichtszügen bemerkbar. Ihre Schultern waren etwas nach unten gesunken. Es tat mir wirklich leid, dass ich ihr das wieder nehmen musste.

       »Aber beim nächsten Einloggen in deinen Rechner wird dir eine neue IP-Adresse zugewiesen und Zamaon hat vergessen, dass du der böse Kunde bist, dann bist du wieder der gute, dem man tausend Sonderangebote unterschiebt.«

       Nana lächelte. Wissend und traurig.

       »Weiß ich, Five. Weiß ich. Aber das ist ein Anfang. Wenigstens für mich. Die ganze Zeit habe ich mich total ohnmächtig gefühlt. Überall wird man mit allem möglichen Scheiß überschwemmt. Man entkommt dem System einfach nicht. Aber es antwortet einfach nicht auf meine Schreie. Lasst mich in Ruhe, schreie ich immer wieder, aber niemand antwortet. Aber eben. Die Bestie hat geantwortet. Mein Schrei ist nicht sinnlos im Nebel verhallt. Ich wurde gehört. Denn die Bestie hat selbst gesagt: Lass mich in Ruhe. Aber das werden wir nicht, Five, oder? Wir lassen die Bestie nicht in Ruhe. Nicht, solange sie uns dauernd anbrüllt.«

       Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte ich schon sagen? Ich war mit meinem Latein am Ende. Wenn man den Riesen nicht mit den eigenen Waffen schlagen konnte, Software gegen Software, was sollte man denn da noch ausrichten können?

       »Und selbst? Was machen die Künste der Feindabwehr?«

       »Verschleierung!«

       »Was meinst du damit?«

       »Wie müssen unsichtbar werden. Vom Spielfeld verschwinden, um richtig spielen zu können. Pokerface. Keine sichtbaren IP-Adressen mehr. Keine GPS-Daten mehr. Rückzug ins Analoge.«

       Echt jetzt, dachte ein Teil von mir? Was für ein Aufwand. Mein geliebtes Handy weggeben? Denn damit konnte mich der INTERNATIONALE POLIZIST natürlich überall orten. Und auch Zamaon wusste, ob es mir Südfrüchte oder Schokolade anbieten musste, um meinen maximalen Kaufimpuls zu triggern. Im Schwimmbad die Südfrüchte, im Kino die Schokolade.

       Keine sichtbaren IP-Adressen? Die eigene IP-Adresse zu verschleiern war kein Kunststück. Man betrat das Internet einfach durch die anonyme Tür des Tor-Browsers.

       Beim Durchsuchen der Einstellungen der DOS-Software konnte man auch das Tunneln der IP-Adresse über den Tor-Browser einstellen. Unser anonymer Angriff auf Zamaon begann. Tausende von Anfragen und Handshakes mit dem fernen Server begannen. Und wie erhofft wurde unsere eigene IP-Adresse nicht gesperrt. Erneute schaute Nana voller Hoffnung auf das Display ihres Laptops, ob der Zusammenbruch des Systems sich offenbaren würde. Aber nichts geschah. Nana suchte nach Parfum bei BRILLE und schon wurde ihr bei Zamaon entsprechende Werbung dargeboten. Sie schrieb eine E-Mail mit dem Betreff Sonnenschein und schon wurden ihr auf Zamaon Urlaubsangebote unterbreitet. Mein anonymer Angriff lief auf Hochtouren und wurde einfach geschluckt. Mein kleiner Rechner gegen die Serverfarm eines Giganten. Nana hatte inzwischen sieben verschiedene Parfumsorten, eine Kreuzfahrtreise und zwanzig Liter Sonnenöl im Warenkorb. Ich musste sie vorsichtig vom Bildschirm wegziehen, bevor sie auf den Bezahlen-Button klickte.

       Ich drückte ihr ein schönes kühles FUCKING-BIER-INTERNATIONAL in die Hand. Sie zitterte. Aber sah mich glücklich an.

       »Das ist der richtige Weg, Five, das ist der richtige Weg, ich spüre es.«

       Ich nickte ihr zu. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so weit gehen würde. Es war doch nur ein Spiel. Aber die Frau vor mir sah nicht so aus, als ob das ein Spiel für sie wäre. Und auch mich selbst hatte ein gewisses Unbehagen ergriffen, das ich nicht einfach mit ein paar Schlucken kühlen Biers herunterspülen konnte. Wenn wir nicht auf diesem Weg weiterkommen würden, mussten wir uns irgendwo Hilfe besorgen. Und ich wusste auch schon, wo ich anfangen musste, zu suchen. Im Darknet.

      3

      Heute, nach einiger Erfahrung mit den Mächten dieser Welt, die uns über das Internet kontrollieren, erscheint mir unser kleines Attentat auf Zamaon fast lächerlich. Andererseits war es für mich und Nana zu diesem Zeitpunkt genau das Richtige gewesen. Die Ruhe, die ich, nachdem alles vorbei gewesen war, gespürt hatte, war unvergleichlich gewesen.

      Noch hatte ich keine Angst, obwohl Nanas innere Unruhe fast ansteckend war.

      Sie saß am Steuer, ich hatte die Füße hinter die Frontscheibe geklemmt, wir waren auf dem Weg nach Lissabon. Ich trank ein FUCKING-BIER-INTERNATIONAL nach dem anderen. Verirrte Insekten summten in meinen Ohren und nur das Brausen der vorbei rasenden Autos erinnerte mich ab und zu daran, dass unser Weg noch lange nicht zu Ende war. Ich war der Wolf nach dem Fressen, ich hatte meinen Hunger nach Chaos gestillt und verdaute nun meine Impressionen. Der Genuss des Wolfes, der sein Wild endlich geschlagen hatte, statt wie zuvor ziellos durch das Labyrinth des Lebens zu taumeln, ruhte in meinem Körper. Dabei hatte das mit dem Wolf so harmlos angefangen.

      *

      

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