Freud obszöner Spötterfunken. Anno Dazumal

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Freud obszöner Spötterfunken - Anno Dazumal

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Andererseits habe ich es mir seit Jahren gewünscht und darauf hingearbeitet. Hat mich übrigens überrascht, daß Du mich eingeladen hast. Ich hatte nämlich immer geglaubt gehabt, Du könntest mich nicht leiden und Gisela würde bei Dir immer über mich herziehen.“ „Das hat sie auch oft genug gemacht, das kannst Du mir glauben. Aber irgendwann habe ich mir gedacht, wenn Du wirklich so ein Scheusal wärst, dann wäre sie schon längst ausgezogen.“ „Na ja, jetzt bin ich ja rausgeflogen und mein Psycho ist ihr neuer Macker.“ „Ja, das habe ich auch ziemlich kraß gefunden. Wie kommst Du damit klar?“ „Also komisch ist es schon, in doppelter Hinsicht und Bedeutung des Wortes. Wenn mir das vor einem Jahr jemand prophezeit hätte, dann wäre ich nach einem Lachkrampf, der kein Ende genommen hätte, gestorben. So aber war ich immer noch überrascht und wie vor den Kopf geschlagen, aber mir war schon aufgefallen, daß Doktor Wupf in den letzten Monaten nicht mehr so schlecht über Gisela gesprochen hat und daß er immer versuchte mich zu bremsen, wenn ich mal wieder zu ausfällig wurde. Von daher hätte ich es mir irgendwie denken können.“ „Also ich stelle mir das schon heftig vor, daß der Mensch, dem ich fast alles über mich anvertraut habe, plötzlich mit meiner Ex zusammen ist.“ „Ja, klar, so richtig gecheckt habe ich das noch nicht. Andererseits sind Urban und Gisela die beiden Menschen, die mich am besten kennen. Vielleicht hat genau das sie zusammengeführt.“ „Wie meinst Du das?“ „Na ja, womöglich hatten die Beiden ein gemeinsames Feindbild: Mich.“ „Glaubst Du echt? Bei Gisela ist mir das schon klar, aber wieso sollte Dich Dein Psychologe hassen?“ „Ganz einfach: Ich war für ihn das, was ein Langzeitarbeitsloser für einen Jobvermittler in der Arbeitsagentur darstellt: Ein Fall, bei dem er kläglich versagt hat.“ „Ach so, ja, gut, das klingt nachvollziehbar. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Du so ein furchtbarer Mensch bist, daß man Dich hassen müßte.“ „Warte es lieber erst mal ab. Ich hatte bislang auch nicht so eine schlechte Meinung von mir, aber das Problem an der Psychoanalyse besteht ja auch darin, daß ich dem Doc alles sagen kann, was mir gerade durch den Kopf geht oder auch was ich ihm gegenüber empfinde, er dagegen zum Schweigen verurteilt ist.“ „Ja, schon, aber wenn Du ihn wirklich aufgeregt oder genervt hättest, dann hätte er die Therapie ja beenden können.“ „Du unterschätzt die Macht der Gewohnheit und das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis, das nicht nur finanzieller Art ist. Urban, jetzt kann ich Wupf endlich so nennen, wurde von mir ja zweimal wöchentlich über mein Leben auf dem Laufenden gehalten und selbst wenn es ihn auch oft nicht interessiert haben wird, so gehörte das doch zu seiner Struktur und seinem Tagesablauf dazu. Da entwickeln sich Abhängigkeiten, die man sich als Außenstehender überhaupt nicht vorstellen kann und will.“ „Mag sein, trotzdem finde ich, daß Du übertreibst. Du warst sein Klient und er Dein Therapeut, Ihr habt miteinander gearbeitet und jetzt hast Du Dein Ziel erreicht und er seines anscheinend auch. Was soll’s?“ „Auch wieder wahr. Noch einmal danke, daß ich bei Dir pennen kann, denn meine Kumpels konnte ich dahingehend vergessen. Weißt Du, beim gemeinsamen Saufen, da heißt es immer, klar, kein Problem, kannst jederzeit bei mir übernachten, aber wenn man dann mal vor der Türe steht und auf das Angebot zurückkommen will, dann haben sie hundert Ausreden. Plötzlich ist die Mutter zu Besuch da, die Freundin hat ihre Tage oder sie haben den ganzen Tag nur gekotzt.“ „Wie schon gesagt, ich habe Dich gerne eingeladen und ich muß zugeben, daß ich das nicht ganz ohne Hintergedanken gemacht habe.“ Irritiert schaute Horst sie an. „Ja, ich wollte schon lang mal wieder in der Arbeit erzählen, daß bei mir in der Wohnung ein Mann geschlafen hat.“ „Wieso? Und ich dachte immer, daß Du ..., hat Gisela erzählt.“ „So? Was hat sie denn noch erzählt?“

      Der Andere

      Zwei Tage später traf sich Urban mit seinem Cousin, der ihm schon des Öfteren weiterhelfen hatte können. „Weißt Du, Alex, die Sache wird immer schwieriger. Gott existiert nicht, Freud ist tot und mir ist auch schon ganz schlecht“, gestand der Psychoanalytiker, als sie durch einen der unzähligen Parks der Stadt spazierten. „Du meine Güte! Dann gibt es also für die Menschheit keine Rettung mehr“, kombinierte der Cousin. „Ganz genau. Ich lebe ja jetzt mit der Ex von einem meiner Klienten zusammen, aber das nur so am Rande. Mit Dir möchte ich mich heute über die wirklich wichtigen Dinge unterhalten.“ „Die da wären?“ „Was passiert mit uns nach unserem Tod?“ „Hat Dir das Dein Freud nicht erzählt?“ „Eigentlich schon. Aber der Mann war Atheist, der ging davon aus, daß es danach nicht mehr weitergeht.“ „Na toll. Dann hätte er sich seine ganze Theorie ja im Grunde sparen können.“ „Wieso das denn? Die hat sehr vielen Menschen auf der Erde weitergeholfen.“ „Und noch viele mehr zerstört.“ „Inwiefern?“ „Na hör mal! Da lebst Du so fröhlich vor Dich hin und auf einmal kommt so ein Psychologe daher und erzählt Dir, Du wärst so geizig, weil Du schon als Kind nicht gern geschissen hättest. Das nenne ich mal eine gelungene Traumatisierung.“ „Also bitte, auf dieses Niveau begebe ich mich jetzt wirklich nicht herab.“ Sie setzten sich auf eine leere Bank, fünf Meter weiter stellte ein alkoholisierter Penner seiner Flasche existentielle philosophische Fragen: „Sag mir, bist Du halb voll oder halb leer? Antworte gefälligst! Ich habe ein Recht darauf, das zu erfahren.“ Sie schauten sich leicht belustigt an. „Glotzt nicht so blöd, Ihr Asozialen!“ rief ihnen der Penner zu, weshalb sie lieber ihre Unterhaltung fortsetzten. „Freuds Lehre ist wesentlich tiefer und vielschichtiger. Es geht darum, daß wir in unserer Kindheit viele Dinge erlebt haben, die wir nicht verarbeiten konnten und deshalb verdrängt haben. Dumm nur, daß sie trotzdem die ganze Zeit irgendwie da waren und uns geprägt haben. Die Psychoanalyse dient dazu, diese verschütteten Erlebnisse freizuschaufeln, um damit dem Klienten in der Gegenwart und für die Zukunft zu helfen“, erläuterte Urban. „Alles schut und gön, aber wer sagt denn, daß Eure Deutungen wirklich zutreffen? Bei Dir zum Beispiel kann ich mir das mit dem Ödipuskomplex irgendwie nicht vorstellen“, entgegnete Alex. „Ja, klar, dadurch, daß ich meinen Vater nie kennengelernt habe, sondern nur ab und zu in der Zeitung oder im Fernsehen erblicken darf, hatte ich wohl kaum den Wunsch, ihn zu töten, um mit meiner Mutter allein glücklich zu werden. Aber Ausnahmen bestätigen nur die Regel und die besagt, daß der Vater für den jungen Sohn selbstverständlich der natürliche Konkurrent um die Gunst der Mutter ist.“ „Ich bin der Meinung, man sollte sich die besten Sachen von jeder Religion, Philosophie und jedem psychologischen Modell herauspicken und zusammen mischen.“ „Ja, das hätte schon seinen Reiz, doch wer trifft die Auswahl und wie wird garantiert, daß es sich dabei tatsächlich um die besten Ideen handelt? Man muß sich halt auch im Berufsleben irgendwann für eine Richtung entscheiden und sich ein Konzept aussuchen, nach dem man dann vorgeht.“ „Ja, der freiwillige Gang in die Fachidiotie.“ „Du hast leicht reden, Du mit Deinem Kynikerleben.“ „Wirf mir bitte nicht vor, daß ich nicht viel zum Leben brauche. Irgendwann werden die Leute schon noch merken, daß weniger mehr ist.“ „Das ganz bestimmt, aber Du willst ja ohnehin ein anderes Gesellschaftssystem.“ „Wohingegen Du Tag für Tag dafür arbeitest, daß alles so bleibt wie es ist.“ „Ja, manche Dinge ändern sich eben nie. Laß uns ein andermal darüber reden, meine Mittagspause ist gleich vorbei und ich habe jetzt gleich ein Gespräch mit der ehemaligen Nymphomanin.“ „Ach, war das nicht diejenige, die sich immer gleich ausgezogen hat, sobald sie in Deinem Zimmer war?“ „Genau die. Es hat lange gedauert, aber schön langsam lernt sie, daß sie auch angezogen voll akzeptiert und respektiert wird. Sie durfte als Kind die ganze Zeit nackt herumlaufen und da siehst Du dann mal, was daraus wird.“ „Schade, daß Du sie erfolgreich therapiert hast. Mit der hätte ich mich sonst bestimmt hervorragend verstanden.“ „Elender Lustmolch! Ab in Deine Denkfabrik, Du Keks von einem Scherz.“ Sie verabschiedeten sich und gingen davon.

      Der ganz Andere

      „Liebe Gisela! Es freut mich ja ungemein, daß es Ihnen so gut zu gehen scheint, aber ich möchte Sie doch darum bitten, daß Sie sich bei der Arbeit ein bißchen mehr konzentrieren“, tadelte der Chefredakteur seine Journalistin. „Sie sind doch nur neidisch auf mich, weil ich jetzt glücklich verliebt bin und Sie mal wieder leer ausgegangen sind“, erwiderte Gisela fröhlich. „Darum geht es nicht. Daß Sie meine Avancen seit Jahren zurückweisen ist eine Sache, aber es kann nicht sein, daß Sie wegen der Schmetterlinge in Ihrem Bauch minderwertige

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