Die Liebe in deinen Spuren. Nancy Salchow
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Unliebsame Disteln unterbrachen die Perfektion des Strandes nur am Rande. Hier und da Reste einer Serviette oder ein Stück Papier, in dem die Fischbrötchen am nahegelegenen Campingplatz ausgegeben wurden. Dennoch strahlte das Bild, das sich jedem Haffbesucher bot, in erster Linie Ruhe und Unberührtheit aus.
Mit dem Ziel, einen klaren Kopf zu bekommen, ließ ich die wenigen Menschen am Strand hinter mir und folgte mit energischen Schritten dem milden Wind, der wie unsichtbare Finger durch mein offenes Haar fuhr und den dünnen Stoff meines Hemdkleides aufblähte.
Doch in meinem Kopf wurde nichts klarer. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass mit jedem Schritt auch meine Unsicherheit zunahm. Was hatte es mit dem Namen Mella und diesen seltsamen Botschaften auf sich? Und warum schlichen sich diese fremden Worte immer wieder in meinen Text? Hatten mich die jahrelange Arbeit mit Reimen und die geradezu akribische Suche nach den geeigneten Wortverbindungen mittlerweile den Verstand gekostet?
Ich atmete tief ein. Wie ein Durstiger das Wasser sog ich die Luft regelrecht auf. Ich atmete aus, wieder ein, aus.
Eine Stimme unterbrach meine Schritte.
„Hey, nicht so schnell!“
Ich wusste, dass es Celine war, bevor ich mich zu ihr umdrehte.
Die Hände in die Knie stemmend, blieb sie neben mir stehen, um zu verschnaufen. „Mann, du hast aber ein Tempo drauf!“
„Kann schon sein“, antwortete ich. „Vielleicht hatte ich so eine Ahnung, dass mich jemand verfolgt.“ Ich unterdrückte ein Lächeln, das der Wahrheit nur die Schärfe genommen hätte. Hatte diese Frau denn nichts anderes zu tun, als mich rund um die Uhr zu belästigen?
„Und? War dein Termin erfolgreich?“
„Wie man's nimmt“, antwortete ich knapp, während ich meinen Weg fortsetzte. „Und du? Bist du nur zufällig hier?“
„Na ja, ich jogge, wie du siehst.“
Ich versuchte, ihre pinkfarbene Caprihose und das silberne Paillettentop als Joggingoutfit zu identifizieren. Das platinblonde Haar hatte sie zu einem aufwendigen Dutt zusammengesteckt, wie ich ihn – wenn überhaupt – allenfalls zu einer Party getragen hätte.
„Ich find's toll, dass wir uns so schnell wiedersehen“, sagte sie mit leichter Schnappatmung, die sich ihren Trippelschritten anpasste.
„Ich hätte nicht damit gerechnet“, antwortete ich diplomatisch.
„Das Leben steckt eben voller Überraschungen.“
Ich nickte schweigend und sinnierte, wie ich sie möglichst schnell wieder loswerden konnte.
„Hör mal, Celine“, begann ich schließlich. „Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber ich befürchte, dass ich im Moment kein besonders unterhaltsamer Gesprächspartner bin. Der einzige Grund, warum ich hier am Haff entlanglaufe, ist der, dass ich mit einem Text, an dem ich gerade arbeite, nicht weiterkomme. Und um ebendiesen toten Punkt zu überwinden, bin ich an die frische Luft gegangen. Sozusagen, um die Worte gedanklich zu sortieren.“
„Oh, dann erwische ich dich praktisch gerade bei der Arbeit“, antwortete sie mit wissendem Lächeln.
„Ja genau. Bei der Arbeit.“
Die Bedeutung meines Blicks ließ sie unberührt. Manche Menschen waren scheinbar immun gegen die berühmten Worte durch die Blume.
„Oh, wir müssen uns auch gar nicht unterhalten“, sagte sie mit wegwerfender Handbewegung. „Ich freue mich einfach, wenn ich ein bisschen Gesellschaft beim Laufen habe.“
Während ich darüber nachdachte, ihr direkt ins Gesicht zu sagen, dass ich auch schweigend auf ihre Gesellschaft verzichten konnte, setzte sie ihren Redeschwall fort. „Außerdem habe ich heute schon so viele unterhaltsame Gespräche geführt, dass mir ein bisschen Ruhe ganz guttun wird.“
Ich ärgerte mich über meine Feigheit, die mich davon abhielt, ihr einfach den Rücken zuzukehren.
„Vorhin erst habe ich fast eine Stunde lang mit einer guten Bekannten telefoniert“, sagte sie. „Kennengelernt habe ich sie durch einen Urlaub, den sie hier vor einer Weile mit ihrem Mann verbracht hat.“ Sie lächelte. „Übrigens in demselben Ferienhaus, in dem du gerade wohnst.“
„Schön“, antwortete ich knapp.
„Sie war übrigens ganz begeistert von dem Haus. Noch heute schwärmt sie davon. Die dunkelrote Holzfassade und die weißen Fensterrahmen erinnern sie an Schweden.“
„Tatsächlich“, murmelte ich abwesend.
„Sie sagt, dass sie, wann immer sie auf die Bank hinter dem Haus saß, den Himmel so gut beobachten konnte wie sonst nirgends. Die Wolken sehen hier anders aus, meint sie. Wie Luftblumen.“ Sie lachte. „Seitdem spricht sie immer vom Luftblumenhaus.“
Ihre Sätze wurden zur monotonen Ansammlung ausdrucksloser Worte. Wie ein nicht enden wollender Piepton zog sich ihr Wortschwall in die Länge.
„Aber Mella verbindet nicht nur positive Erinnerungen mit dem Haus“, fuhr sie fort. „Immerhin wird sie dieser Ort immer an den letzten Urlaub erinnern, den sie mit ihrem Mann vor der Trennung verbracht hat. Nicht unbedingt etwas, an das man gern zurückdenkt.“
Ich blieb stehen. Auch wenn es mich wunderte, dass es überhaupt eines ihrer Worte in mein Bewusstsein geschafft hatte – ich spürte, dass dies kein Zufall sein konnte.
„Wie war der Name noch gleich?“, fragte ich.
„Luftblumenhaus.“
„Nein, der Name der Frau.“
„Mella. Wieso?“ Sie blieb ebenfalls stehen. „Ist das wichtig?“
„Nein“, antwortete ich, während ich versuchte, meinen tobenden Gedanken Einhalt zu gebieten. „Eigentlich nicht.“
*
Wer auch immer Mella war, sie hatte recht. Irgendwie sahen die Wolken von der Bank hinter dem Haus tatsächlich wie Luftblumen aus. Nicht auf den ersten Blick. Auch nicht auf den zweiten. Wenn man jedoch von hier aus nach oben schaute, tief durchatmete und sich bedingungslos seiner Phantasie hingab, wurden die Wolken mit der Zeit zu Blumen. Die Blumen zu Gedanken. Und die Gedanken zu Gefühlen, die jede Faser des Körpers belebten.
Wie friedlich es hier war! Ein Frieden, der wie von selbst alles ein wenig schöner aussehen ließ. Aus dem Augenwinkel sah man das Wasser. Es war über einen kleinen Sandweg erreichbar, der an den Ferienhäusern vorbeiführte. Außer der Bank, auf der ich Platz genommen hatte, gab es auf dem kleinen Grundstück hinter dem Haus einen schmalen Streifen mit gelben und roten Tulpen, der an einem weißen Holzzaun entlangführte. Ein Tor trennte den akkurat gemähten Rasen vom Sandweg; daneben standen zwei Fliedersträucher mit weißen und violetten Blüten.
Ich senkte den Blick erneut auf das Buch mit dem blassgelben Einband, das noch immer auf meinem Schoß lag. Das Gästebuch des Hauses. Klein, aber liebevoll gestaltet. So wie das Haus selbst.
Ich spielte nicht ernsthaft mit dem Gedanken, etwas in das Buch zu schreiben, schon gar nicht zu Beginn meines Aufenthaltes. Den Grund, aus dem ich