Endora. Alegra Cassano

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Endora - Alegra Cassano

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sollte sie nur tun? So gerne sie an Jarons Rückkehr glauben wollte, so unsinnig schien sie. Der Rat würde sie doch nicht neu vergeben, wenn sie nicht sicher waren, dass ihr angestammter Ernährer tot war, oder? Zu gerne hätte sie nach einer Erklärung verlangt, aber Dimetrios hatte schon zu Anfang klar gemacht, dass er ihr als Frau keine Rechenschaft schuldig war.

      „Willst du selbst entscheiden, oder soll ich es für dich tun?“, fragte der Ratsherr, dem anzumerken war, dass er nicht länger warten wollte.

      Ayda versuchte, sich zusammenzureißen. Sie straffte die Schultern und ging einen kleinen Schritt auf Lando zu. Ihr Sohn Bale hatte sie längst los gelassen, nur Banja klammerte sich weiter an ihren langen Rock. Die Kinder kannten Lando gut. Er war wie ein Freund für sie und hatte schon oft mit ihnen und Jaron Ausflüge unternommen. Er hatte Bale einige Fallen gezeigt, die der Junge selbst stellen konnte, und Ayda verstand nicht, warum ihr Sohn sich jetzt so abweisend benahm. Ihr missfiel es ebenfalls, dass Jaron ersetzt werden sollte, aber was konnte sie dagegen tun?

      „Triff jetzt deine Entscheidung, Ayda“, forderte Dimetrios sie unmissverständlich auf. Wie sollte sie eine so wichtige Wahl unter diesem Druck treffen? Verzweifelt sah Ayda sich um. Sie fühlte sich, als würde alle Kraft aus ihr weichen. Ihre Knie wurden weich, und sie hatte Angst, zu fallen. Das Blau von Landos Augen zog sie förmlich in ihren Bann und gab ihr die Kraft, aufrecht stehen zu bleiben.

      „Bist du sicher?“, flüsterte sie kaum hörbar. Er nickte sofort.

      „Du weißt, was passieren kann …“, setzte Ayda noch einmal an, wurde aber von Rubion unterbrochen.

      „Ayda! Warum zögerst du? Unter diesen Dreien bin ich die beste Wahl. Das weißt du genau“, seine Stimme klang ungehalten und gekränkt.

      Ayda löste ihren Blick von Landos und wandte sich Rubion zu. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen, als sie ihn ansah. Sie hörte Bale hinter sich und meinte das Wort „Mutter“ zu verstehen, doch sie drehte sich nicht nach ihrem Sohn um. Diese Entscheidung musste sie alleine treffen, und Rubion kam überhaupt nicht in Frage. Sie musste ihre Absage jetzt nur so formulieren, dass er nicht beleidigt war.

      „Rubion“, begann sie und der Versuch, ihre Stimme ruhig zu halten, gelang ihr zu ihrem eigenen Erstaunen.

      „Es ehrt mich, dass du mir dieses Angebot machst. Doch du weißt, dass ich für dich nicht standesgemäß bin. Deshalb lehne ich ab. Es tut mir leid. Ich will dir mit den Kindern nicht zur Last fallen.“

      Schnell und bereits ein wenig erleichtert wandte Ayda sich dem nächsten Mann zu, und ließ Rubion mit einem ungläubigen Ausdruck auf seinem Gesicht einfach stehen.

      Kahn sah ihr gutmütig entgegen. Noch einmal erwog sie die Möglichkeit, ihn zu erwählen, doch ihr Herz konnte sich nicht dazu durchringen, auch wenn ihr Verstand ihr dazu riet. Er war fremd, aber vielleicht war das gerade gut?

      „Auch euer Angebot ehrt mich, und ich danke euch sehr“, sagte Ayda zu dem großen Mann, ohne ihm ins Gesicht zu sehen. Stattdessen starrte sie geradeaus auf seinen mächtigen Brustkorb. Sie sagte nicht direkt nein, aber es war jedem klar, dass sie ihm absagte.

      Nun drehte sie sich schnell zum Letzten in der Runde: „Ich nehme dein Angebot an, Lando. Du bist mir am vertrautesten und ich bin sicher, dass du ehrliche Absichten hast. Du weißt, wie sehr ich Jaron liebe, denn du liebst ihn selbst, wie man einen Bruder liebt. Deshalb möchte ich, dass du als Ernährer für mich und die Kinder sorgst.“

      Lando ahnte, wie schwer Ayda diese Wahl fiel. Er nahm ihre Hand und lächelte ihr aufmunternd zu. Ayda fühlte sich ein wenig besser, jetzt wo sie sich entschieden hatte. Sie traten zusammen vor Dimetrios, um sein Urteil zu hören. Rubions Blick sprach Bände, als er dem Paar hasserfüllt nachstarrte. Doch noch gab er sich nicht geschlagen. Mit großen Schritten trat er vor den Ratsältesten: „Ich verlange, dass Ihr als oberster Ratsherr die Entscheidung trefft“, forderte er mit fester Stimme.

      „Ayda ist dazu momentan nicht in der Lage. Die Verkündung kam zu plötzlich. Ich bin sicher, wenn sie mehr Zeit hat nachzudenken wird ihre Wahl anders ausfallen.“

      Lando hielt Aydas Hand ganz fest. Er spürte, wie sie zitterte. Es war noch nicht überstanden. Dimetrios sah ihn nun direkt an.

      „Was sagst du dazu?“

      Landos Stimme war ganz ruhig, als er entgegnete: „Das Gesetz ist eindeutig. Ayda hat sich entschieden. Ich kann sie und ihre Kinder ernähren und werde es mit Freude tun. Ich weiß nicht, was es daran zu zweifeln gibt.“

      Auf dem Platz war es vollkommen still. Die Sonne brannte unbarmherzig auf die Wartenden, denn sogar der Wind hielt den Atem an. Alle Leute warteten gespannt auf Rubions Reaktion, und diese kam prompt. Er war kein Mann, der lange über seine Worte nachdachte.

      „Wie will der Krüppel denn eine Frau und zwei Kinder ernähren?“, fragte er gehässig. Ayda hörte, wie Lando scharf die Luft einsog. Sie wollte nicht, dass er auf diese Provokation einging, deshalb drückte nun sie seine Hand ganz fest und sagte schnell: „Dimetrios, ich bin nicht froh darüber, mir einen neuen Ernährer suchen zu müssen, aber meine Wahl ist gefallen. Ich will Lando.“

      Der Ratsherr verkniff mürrisch den Mund, nickte aber. Er starrte eine Weile nachdenklich auf die Menschenmenge herab. Mit einem letzten Blick auf Rubion schwenkte er dann endlich die Fahne von Endora, um anzuzeigen, dass das Urteil gefällt war.

      „Lando ist hiermit als Ernährer für Ayda und ihre Kinder anerkannt“, bestätigte er für alle hörbar.

      Rubion schnaufte wie ein wütender Barbatus, sagte aber nichts mehr und trat mit hochrotem Kopf zurück. Auch Kahn verließ den Richtkreis und als Dimetrios die Fahne senkte und in die Halterung steckte, zogen sich auch Ayda, Lando und die Kinder zurück. Sie durften in den Ring der Zuschauer treten, mussten aber warten, bis der zweite Punkt für den heutigen Tag verhandelt worden war.

      Landos Knie zitterten immer noch und er schaffte es kaum, sich zu konzentrieren. Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum. Dass es nicht zum Duell gekommen war, war seine Rettung, aber er konnte noch nicht absehen, wie sehr sein Leben sich nun verändern würde. Lando ließ Aydas Hand nach einer Weile mit Bedauern los, aber Bale sah ihn weiterhin finster an. Mit dem Jungen musste er später in Ruhe reden, um ihm klar zu machen, dass er seinen Vater nicht ersetzen, sondern nur helfen wollte.

      4. Wolf

      Bales Aufmerksamkeit richtete sich auf jemand anderen, der in den Richtkreis gerufen wurde. Der Junge war groß, schmächtig und unglaublich dreckig. Bale wusste, dass er älter war, als er selbst, vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre. Dimetrios erklärte, die Bäckerin bezichtige den Jungen, der Wolf hieß, des Diebstahls. Er solle einen Laib Brot aus der Backstube gestohlen haben. So wie Wolf aussah, traute ihm jeder sofort diesen Raub zu, aber die wenigsten verurteilten ihn dafür, denn viele Leute kannten die Geschichte des Jungen.

      „Was hast du dazu zu sagen, Wolf?“, fragte Dimetrios in einem neutralen Ton. Er als Ratsältester und Richter durfte keine Partei ergreifen, auch wenn ihm das manchmal schwer fiel. Der Junge stand mit gesenktem Kopf da. Er trug zerlumpte Kleidung, die stellenweise nur noch von dünnen Fäden zusammengehalten wurde. Seine weichen Lederschuhe waren aufgeplatzt. Vorne schauten die Zehen und an den Seiten die nackte Haut hervor. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch an seinen Füßen Halt fanden.

      „Ich habe das Brot genommen. Es tut mir sehr leid“, brachte Wolf halblaut hervor. Seine Stimme klang viel zu jung, wie die eines Kindes. Eine Frau kämpfte

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