Mörderliebe. Elke Maria Pape
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Den Fernseher musste er ausgeschaltet haben, sonst wären Nachbarn vielleicht durch den Lärm eher aufmerksam geworden.
Karla stellte sich in Gedanken die arme, alte Frau vor. Eben noch hatte sie entspannt Fern gesehen, sich vielleicht an einer Volksmusiksendung erfreut oder über einen lustigen Film gelacht, und in der nächsten Sekunde hatte sie um ihr Leben gekämpft. Verzweifelt versucht, mit ihren Händen die Schlinge des Tuches um ihren Hals zu lockern, am ganzen Körper gezuckt in ihrem Todeskampf, bis sich nach endlosen Minuten, und es dauerte ungefähr fünf Minuten einen Menschen zu erwürgen, eine gnädige Ohnmacht einstellte.
Karla schaute in ihren Kühlschrank. Fast leer! Wieder nicht geschafft, einen Großeinkauf zu machen. Das einzige, was sie vorfand waren eine Milchtüte, ein bisschen Toast, ein Glas Gurken und etwas Salami. Aus den wenigen Zutaten bereitete sie sich ihr Nachtmahl. Danach aß sie noch eine ganze Tafel Vollmilchschokolade, die sie sich auf dem Nachhauseweg an einer Tankstelle geholt hatte, die einzige, die hier in der Gegend noch nicht geschlossen war.
Der Kollege Weinfeld hatte etwas eher Feierabend gemacht. Ich wette, dass er bestimmt noch in irgendeinem Gasthof schick zu Abend gegessen hat, dachte Karla. Zwei ungeklärte Mordfälle waren vielleicht in der Großstadt nicht so Aufsehen erregend wie hier auf dem Lande. Er schien jedenfalls nie seine Ruhe zu verlieren, arbeitete von früh bis spät an Berichten und Akten und sah abends noch genauso smart aus wie morgens. Nie waren seine feinen Hemden verschwitzt, nie seine Haare ungekämmt oder gar zerzaust. Was allerdings die Befragung der heimischen Bevölkerung betraf, war sie ihm voraus, stellte Karla nicht ohne eine Portion Stolz fest.
Oft hatte sich in den letzten Tagen seine städtische Steifheit als schwierig herausgestellt, sprach er etwas zu abgehoben mit den Leuten. Dann war Karla dazugekommen, hatte die Menschen mit ihrer lockeren und direkten Art angesprochen und oft war es so gewesen, dass sie die Befangenheit mit der Polizei etwas verloren und Rede und Antwort standen.
Zacharias Weinfeld beobachtete ihre Vorgehensweise genau, enthielt sich allerdings, auch später im Auto, jeglichen Kommentars.
Karla konnte nicht wirklich erkennen, ob er beleidigt war oder vielleicht sogar erleichtert, dass er eine Kollegin an seiner Seite hatte, die eine gute Kenntnis über das Landleben und die Bewohner der Region besaß. Eines überließ sie ihm allerdings mit großer Erleichterung. Den Umgang mit den Medien! Da war er zweifelsohne die bessere Wahl. Wie ein Politiker sprach er mit diplomatischem Geschick in die Kameras einiger Privatsender, die sich genüsslich auf das Thema „Zwei Morde in einer Kleinstadt” stürzten. Auch auf der Titelseite der ansässigen Tageszeitung wurde spekuliert und die Arbeit der Kripo genau beobachtet.
Genug für heute, Karla zog sich ihren warmen Schlafanzug an und warf noch einen Blick in die Fernsehzeitung. Gleich würden sie noch einen alten Hollywoodstreifen mit Clark Gable bringen. Den schau ich mir an, überlegte sie. Ein bisschen abschalten würde ihr gut tun. Morgen komme ich früher nach Hause, ganz bestimmt, sprach sie zu sich selbst, und dann werde ich Frank anrufen. Der wird sich bestimmt freuen, wieder von mir zu hören! Frank war der zweite Mann in ihrem Leben, oder der, der immer schon da war. Sie kannte ihn seit sie sechszehn war. Es war einfach mit ihm und in dieser Einfachheit lag der Reiz ihrer langjährigen freundschaftlichen Beziehung, ohne dass man sie oberflächig nennen konnte, im Gegenteil. Ab und zu schliefen sie miteinander. Schließlich musste sie auch mal an etwas anderes denken als an Arbeit! Und das ging mit Frank sehr, sehr gut. Zufrieden schaltete sie ihren Fernseher im Schlafzimmer an und kuschelte sich in ihrem Bett unter die schwere, warme Daunendecke. Sie war eingeschlafen, bevor Clark Gable auf dem Bildschirm erschien.
Kapitel 14
Eduard rauchte. Das war jetzt bereits seine dritte Zigarette in einer Stunde.
Was ungewöhnlich war. Er rauchte nur, wenn er lange warten musste, er geduldig zu sein hatte. Dann brauchte sein Körper das. Heute Abend, dachte er, ja heute Abend ist genau der Richtige Zeitpunkt eine weitere Vorbereitung für Rosemarie zu schaffen. Dazu musste er die Firma erneut beobachten, damit alles seine Richtigkeit hatte.
Er verbarg sich hinter einer Mauer, von der aus er einen guten Blick auf das Gebäude der Firma hatte. Dort hinten, da arbeitete Rosemarie! In einer Knopffabrik. Nicht irgendeine Knopffabrik. Sondern eine der wenigen, die es noch in Deutschland gab. Eduard hatte sich genau erkundigt. Die Firma stellte besondere Knöpfe her. Die nicht alltäglich waren! Und die von sehr bekannten Designern für ihre hochwertigen Roben geordert wurden. Knöpfe aus edlen Materialien. Eduard stellte sich vor, wie reiche Damen der Gesellschaft die Kleider ausführten, an denen sich die wertvollen Knöpfe befanden, die vielleicht Rosemarie mit ihren zarten Händen verpackt hatte. Obwohl seiner Meinung nach eher sie es verdient hätte, die schönsten Kleider zu tragen.
Er malte sich aus, wie sie voll Freude in einem solchen Kleid vor ihm herumwirbelte, bis der Rock sich wie ein Teller drehte, wie ihre Augen dabei leuchten würden wie bei einem Kind.
Aber Rosemarie trug nur abgetragene Kleidung, alte Sachen, die schon längst aus der Mode waren.
Sie sah trotzdem wunderschön aus, fand er.
In der Firma arbeitete sie nun schon länger als zehn Jahre. Zehn Jahre, in denen man ihr doch eigentlich endlich einen besseren Posten anbieten könnte, wo sie doch so zuverlässig arbeitete. Aber Rosemarie war eben Rosemarie, verhielt sich stets still und bescheiden, und so rückten die anderen, die Vorlauten, die die es besser verstanden, sich in den Vordergrund zu drängen, nach oben. Und Rosemarie arbeitete immer noch an der Packstation. Sie hatte ihm das nicht erzählt, aber er hatte es mit eigenen Augen gesehen. Vor einem Jahr gab es in der Firma einen „Tag der offenen Tür“. Dort war er auch gewesen, hatte sich aber im Hintergrund gehalten, hatte es anderen überlassen, den Arbeiterinnen auf den Leib zu rücken, um ihnen auf die Finger zu sehen.
Trotzdem hatte er alles mitbekommen, gesehen wie unwohl und angespannt Rosemarie die Knöpfe sortiert und eingepackt hatte, wie sie große Pakete in der Fabrikhalle hin und her geschleppt hatte, außer Atem keuchend, weil diese so schwer waren.
Er war kurz in Versuchung geraten, ihr zu Seite zu springen, um ihr zu helfen, hatte sich aber dann doch zurückgehalten, weil er es besser fand, sie allein anzutreffen, um sie kennen zu lernen.
Doch vielleicht war seine Sorge in dieser Hinsicht unbegründet gewesen, dass ahnte er heute. Die stupide und manchmal auch schwere Arbeit schien gar nicht Rosemaries Problem zu sein. In dem letzten Jahr hatte er genau beobachtet, wenn Rosemarie und ihre Kolleginnen mittags nach einem vier-Stunden-Halbtagsjob aus der Firma strömten. Er saß dann oft in seinem Auto, hatte die Scheibe heruntergedreht und lauschte dem lauten Geschwätz einiger dieser Frauen. Eine war ihm dabei besonders unangenehm aufgefallen. Sie war sehr schlank, hatte platinblond gefärbte Haare, was ihre viel zu spitze Nase noch stärker aus ihrem Gesicht hervortreten ließ und ihn an eine Feldmaus erinnerte.
Außerdem war sie extrem dick geschminkt, was wohl er in einen Nachtclub als in eine Fabrik gepasst hätte.
Wenn Eduard an Information herankommen wollte, dann schaffte er es.
Ihr Name war Desiree Hausmann, sie war 25 Jahre alt und wohnte hier am Ort. Sie ging immer zu Fuß zur Arbeit.
Sie selbst hatte ihm diese Angaben gegeben. Eines Morgens hatte er sie abgefangen auf dem Weg zur Arbeit, hatte sie eingelullt in ein Gespräch. Es gehe um den Erhalt des örtlichen Hallenbades, sprach er auf sie ein, und ob sie denn nicht auch dafür unterschreiben wollte. Er hatte sogar extra eine Liste mit Spalten für Namen, Adressen und Geburtstaten