Geboren im Jahr 1933. Georg M Peters

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Geboren im Jahr 1933 - Georg M Peters страница 6

Geboren im Jahr 1933 - Georg M Peters

Скачать книгу

zur Erreichung dieses irren Zieles nötig schienen, wurden dann ja auch bis zum letzten Augenblick mit einer teuflischen Konsequenz ins Werk gesetzt.

      Im Film „Unter Bauern“ spielt Veronica Ferres die Rolle der Jüdin Marga Spiegel, die in den Jahren 1943 bis 1945 zusammen mit ihrem Mann und ihrem Kind von fünf bäuerlichen Familien im Münsterland versteckt gehalten wurden. Ein Psychologe analysiert die Motivation der Retter, die sich selbst dabei in allerhöchste Gefahr brachten. Er vermutet, dass die Bauern auf Grund ihres katholischen Glaubens und der Isolation ihrer Gehöfte an Auto­nomie gewöhnt waren. Die wollten nicht Helden sein oder Widerstand leisten; sondern unabhängig von der Obrigkeit taten sie einfach das, was ihnen der Situation am angemessensten erschien. Wie konnte eine so spektakuläre Aktion, an der fünf große Familien irgendwie beteiligt waren, verborgen bleiben? Auf den Besuch von Nachbarn konnte man sich meistens einstellen und die Verborgenen rechtzeitig warnen, damit sie sich zurück zogen. Gefahr ging von den Kindern aus, die neugierig waren, überall herumstöberten und denen nichts verborgen blieb. Der Gefahr begegnete man, indem man einfach sagte, durch diese Tür dürft ihr nicht gehen, diese Treppe dürft ihr nicht betreten, was da oben ist, das geht Euch nichts an. Für die Kinder war das ein Tabu, an das sie sich hielten. Auch wenn ihnen das Geheimnis, das sie dahinter vermuteten, unheimlich erschien. Ich erwähne das, um den Nachge­borenen verständlich zu machen, dass eine so spektakuläre Aktion wie die Judenvernichtung durchgezogen werden konnte, ohne dass wir Kinder davon etwas ahnten.

      Typisch ist auch eine Erinnerung, die mein Freund Gerd erzählt. In seiner Schulklasse wurde ein Hitlerbild angeboten, das die Schüler für einen Obolus von 50 Pfennigen erwerben konnten. Gerd wollte das Bild gerne haben und bat seine Mutter um das Geld. In der Küche, wo dieses Gespräch stattfand, war auch Gerds Tante zugegen. Gerds Eltern gehörten vor dem Krieg der sozialdemo­kra­tischen Partei an und waren gegen das Hitlerregime eingestellt. An der reservierten Haltung seiner Mutter erkannte Gerd, dass die Mutter die Begeisterung über das Hitlerbild nicht teilte. Ganz erstaunt fragte er „mögt Ihr unsren Führer denn nicht?“ Die Mutter lief auf ihn zu, umarmte ihn und rief mit gespielter Begeisterung, „aber natürlich lieben wir unseren Führer, wo er doch so viel für uns getan hat“, und er bekam seine fünfzig Pfennige. Mir wurde in der Schule kein Hitlerbild angeboten - und das passt vielleicht auch wieder nicht in das überlieferte Bild dieser Zeit: Ich erinnere mich überhaupt nicht daran, dass in einer der vielen Schulen, die ich vor oder nach der Ausbombung besucht habe, irgendeine Art von politischer Indoktrination versucht wurde. Politische Themen gab es in den Schulen, soweit ich mich erinnern kann, überhaupt nicht. Ich erinnere mich auch nicht daran, ob in den Schulklassen mit „Heil Hitler“ gegrüßt wurde. In den Kaufläden scheint es selbst­verständlich gewesen zu sein. Denn ich weiß noch, dass ich in den letzten Monaten des Krieges ernsthaft besorgt war, weil Kunden den Laden betraten und nicht mit „Heil Hitler“ grüßten. Das machte mich ernstlich besorgt. Denn wir wollten doch den Krieg gewinnen. Wie sollte das gehen, wenn die richtige Einstellung fehlte?

      Gerd hat aus dieser Zeit eine ähnliche Erinnerung. In den Nachrichten hatte er gehört, dass die Engländer in der Lüneburger Heide den Ort Hützel besetzt hätten. Das war der Ort, in dem seine oben erwähnte Tante wohnte. Gerd war ziemlich entsetzt, und fragte ängstlich seine Mutter, ob der Krieg vielleicht verloren gehen könne. Seine Mutter war nicht dumm, sondern klug. Denn auch in diesen letzten Monaten musste man noch mit allem rechnen. Die Mutter nahm ihn trostreich in den Arm und beruhigte ihn: „Aber Gerd, Hützel ist doch nicht Deutschland“. Diese Klugheit drückte sich auch in einer anderen Episode aus. In der Nachbarwohnung lebte ein Parteifunktionär. Wenn geflaggt werden musste, entrollte er eine riesige Fahne, die bis auf das Straßenpflaster hinab reichte. Daneben nahm sich die kleine Fahne von Gerds Mutter recht kümmerlich aus. Als Gerd seine Mutter auf diesen Missstand aufmerksam machte, sprach sie ihn an: „Hör mal zu Gerd! Eine so kleine Fahne ist in Wirklichkeit viel schöner als die große vom Nachbarn.“ Gerd war beruhigt.

      Wenn ich mich heute frage, was ich damals von der Judenproblematik erfahren habe, dann fallen mir nur zwei oder drei Ereignisse ein. An beson­deren Gedenk- und Feiertagen, und davon gab es ziemlich viele, musste geflaggt werden. Jede Familie hängte dann mindestens eine Haken­kreuz­fahne aus dem Fenster. Wenn man dann (vor dem Bombenangriff) die Missundestraße entlang schaute und links und rechts, oben und unten hingen überall die schwarz-weiß-roten Hakenkreuz-Fahnen aus dem Fenster und wehten im Wind, war das ein sehr eindrucksvolles Bild. Da fiel es dann schon auf, wenn eine Wohnung im Erdgeschoss kurz vor dem Kranken­haus nicht geflaggt hatte. „Warum haben die nicht geflaggt?“ hieß es dann. „Da wohnen Juden“. Juden! Keine Ahnung, was das heißt! Aber wenn man fragt, erhält man keine Antwort, außer vielleicht den Hinweis, dass man danach nicht fragt, und es bleibt ein unheimliches Gefühl. Von meiner Mutter kam manchmal der Seufzer, ihr Arzt, ein Jude, sei ein so guter Arzt gewesen, und leider prakti­zie­re er nun nicht mehr.

      Eines Tages war bei meiner Großmutter etwas passiert. Uns Kindern wurde nichts erzählt. Aber einiges verstanden wir, was hinter vorgehaltener Hand weiter gegeben wurde. Der Nachbar, ein Herr Karthaus, habe sich das Leben genommen. Seine ganze Wohnung habe voller Bilder, voller Gemälde, gehan­gen, zum Teil übereinander und auch an den Türen. Und an einer Tür habe er sich erhängt. Erst vierzig Jahre später ist mir klar geworden, dass Herr Kart­haus offenbar ein Jude gewesen war.

      Die dritte Episode bestand daraus, dass ich nach der Ausbombung, als wir in Wandsbek wohnten, einmal einen Mann mit dem gelben Judenstern gesehen habe. Was das in mir ausgelöst hat? Befremden, glaube ich. Gerd war anscheinend ein größerer Rassist als ich. Ihm begegnete eine Frau, die einen Judenstern trug. Sie hatte zwei kleine Kinder bei sich, schob eine Karre vor sich her und machte einen sehr verhärmten Eindruck. Sein Gedanke war, dass dies doch tatsächlich eine andere Art von Menschen sei als wir Deutschen.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBBoC7gDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwDV+GPw x8G6/wDDrSNU1TRUuL2dZDJKZ5V3YldRwGA6AV13/CmPh9/0Lsf/AIEzf/F0fBn/AJJJoP8AuS/+ jnrvKAOD/wCFMfD7/oXY/wDwJm/+Lo/4Ux8Pv+hdj/8AAmb/AOLrvKKAOD/4Ux8Pv+hdj/8AAmb/ AOLo/wCFMfD7/oXY/wDwJm/+LrvKKAOD/wCFMfD7/oXY/wDwJm/+Lo/4Ux8Pv+hdj/8AAmb

Скачать книгу