Die Gregoriuslegende Arnolds von Lübeck. Karoline Harthun
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V.2.3 Moralisch-anagogische Deutungen (C)
Arnolds Topik läßt sich als Schlüssel zu seiner Erzählperspektive und Intention gebrauchen, jedoch nur mittelbar, da sie als Element einer Erzählsymbolik131 mangels historischer poetologischer Anweisungen und vergleichbarer moderner Untersuchungen vorläufig nicht eindeutig dechiffrierbar ist.
Anders verhält es sich, wenn Arnold das Erzählgeschehen ganz offensichtlich kommentiert. Für gewöhnlich tut er dies nach dem Schema der Exegese, wie sie in der Predigt angewandt wird.132 Er begreift dann ein Ereignis der Erzählung als Exempel für einen weiteren Zusammenhang, auf den er den Rezipienten hinweisen möchte und den er moralisch zu werten sich bemüßigt fühlt. Anagogisch sind seine Deutungen bisweilen zu verstehen, weil die Thematik des Sünderheiligen ja einen starken Bezug zur Theologie des Jüngsten Gerichts hat und nur von ihrer anagogischen Auflösung her für den gläubigen Christen bedeutsam und überhaupt akzeptabel ist. Das glückliche Ende des Gregorius, dem seine Schuld schon auf Erden vergeben wird, nimmt anschaulich die Auferstehung des sündigen Fleisches vorweg.
Arnold leitet seine Deutungen, an der Predigtpraxis geschult, oftmals mit Floskeln („hoc signat“, II, 1, 6; „sunt enim plures“, Prolog, 14; „sic etiam iste“, Prolog, 48) oder durch die Nennung von Autoritäten („ut Salemon predixerat“, I, 12, 18) ein.
V.2.4 Biblische und theologische Anklänge (D)
Wenn Arnold biblische Allusionen einfügt oder auf theologische Grundsätze anspielt, hat dies natürlich teilweise die gleiche Funktion wie die in V.2.3 beschriebene Textexegese. Dieses Verfahren scheint aber nicht immer bewußt von ihm angewandt zu werden, sondern man hat den Eindruck, daß hier ab und an ein Automatismus greift, der dem literarisch eher unerfahrenen Kleriker eignet. Arnold assoziiert sein gelehrtes Wissen bei der Bearbeitung des Gregorius, und indem er es nicht für sich behält, hebt er den Text auf einen anderen Bildungsstand. Damit verändert er natürlich seine poetische Qualität, die bewußte Einfachheit der Hartmannschen Fassung, und wendet sich an ein neues, gelehrteres Publikum. Diese Umfunktionalisierung ist allerdings nur in Ansätzen spürbar. Insgesamt, dies muß man klar anmerken, färbt Arnold die Erzählung weit weniger theologisch ein, als es denkbar wäre. Den Grad der theologischen Bildung des Abtes hat Zäck anhand des Prologs genauestens untersucht.
V.2.5 Erklärende Zusätze (E)
Unter der Kategorie der erklärenden Zusätze kann man alle Hinzufügungen verstehen, die Arnold an solchen Stellen vornimmt, an denen ihm Hartmanns Erzählung unklar erscheint. Im allgemeinen erklärt er Vorgänge oder Vokabeln, die aus Hartmanns ritterlicher Erzählperspektive selbstverständlich sind, vor dem Hintergrund von Arnolds Klerikerkultur aber fremd wirken und für ein Publikum, das den Umgang mit höfischer Literatur nicht gewohnt ist, tatsächlich der Erklärung bedürfen mögen. Hierher gehören auch schwer übersetzbare mittelhochdeutsche Ausdrücke, die Arnold paraphrasiert, und bestimmte typisch deutsche Stilfiguren, die in wortgetreuer Übersetzung unlateinisch klängen und deren Denkform der traditionellen mittellateinischen Literatur nicht vertraut genug wären.
V.2.6 Inhaltliche Unterschiede (F) und Auslassungen (G)
Nur selten wandelt Arnold den Ablauf der Erzählung wirklich ab. Nichtsdestoweniger müssen solche Unterschiede bemerkt werden, auch wenn hier nicht entschieden werden kann, inwieweit für die inhaltlichen Differenzen möglicherweise Arnolds Quellhandschrift verantwortlich gemacht werden muß oder auch eine Kontamination in der Überlieferung des Gregorius-Stoffes, die jedoch nach allen Anzeichen – die Vie de Saint Grégoire ist inhaltlich weit von den Gesta Gregorii Peccatoris entfernt, eine ältere lateinische Fassung existiert nicht – eher unwahrscheinlich ist.
Dagegen scheinen die Textauslassungen aussagekräftiger zu sein, zeichnet sich doch ab, daß Arnold oftmals schwierige Stellen oder Bestandteile der höfischen Kultur nicht nach dem Schema von V.2.5 erklärt hat, sondern sie schlicht übergeht, weil sie ihm wohl nebensächlich oder gar störend vorkommen.
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