Das Dorf der Frauen. null Y.K.Shali
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Y.K.Shali
Das Dorf der Frauen
Tumult
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Inhaltsverzeichnis
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Kapitel 1
Frauen und Kinder eilten, vor Freude jubelnd, in Richtung Bahnstation, als sie schon von weitem das Pfeifen eines Zuges vernahmen. Der hatte die Haltestelle noch nicht erreicht; das wussten die Frauen aber bereits. Sie wussten auch, dass zu diesem Zeitpunkt die Lok gerade nur soeben mit dem Kopf aus dem Tunnel hervorragte und dabei die Sonne und den halb ausgetrockneten kleinen Fluss, der durch die schöne Landschaft an ihrem Gebirgsdorf vorbeifloss, gesehen hatte und nun den Dorfbewohnern die freudige Rückkehr der Männer kundtun wollte.
Eine junge Mutter, die Hand ihrer kleinen Tochter in der ihren haltend, erreichte gerade rechtzeitig vor Einlauf des Zuges die Bahnstation, beugte sich über ihr Kind, und sagte, während sie sein Aussehen in Ordnung brachte:
»Papa kommt und wird sich sehr an seiner groß und hübsch gewordenen Tochter erfreuen!«
»Wo ist denn der Zug, Mama?«
»Er wird gleich kommen, mein Schatz!«
Die Mutter hob ihre Tochter gerne hoch, wenn auch unter Mühen, küsste sie, wies dann auf die Richtung, aus der jeden Moment der Zug erscheinen musste und sagte:
»Da!... Da!... Schau´ in die Ferne, mein Schatz! Gleich taucht dort der Zug auf, in dem Papa sitzt!«
Das Mädchen hörte auf, weiter ziemlich gelangweilt, in die Ferne, in der nichts zu sehen war, zu starren. Sie fragte:
»Meinst du Mama, Papa wird mir wirklich eine echte Barbie aus dem Ausland mitbringen?«
»Ja, mein Schatz! Wenn Papa sie dir versprochen hat, wird er sie dir bestimmt mitbringen.«
»Vielleicht bringt er sie doch nicht mit, Mama.«
»Es gibt keinen Grund, warum er das nicht tun sollte. Das Ausland ist voll von originalen Barbiepuppen.«
»Aber du hast immer gesagt, dass ich die Männer nicht ernst nehmen soll, sie machen einem tausend Versprechungen, halten aber keine davon?«
»Mein Schatz, ich habe gesagt, du muss die Männer nicht ernst nehmen, meinte damit aber natürlich nicht deinen eigenen Vater.«
»Was ist der Unterschied, Mama? Papa ist auch ein Mann, oder?«
»Schatz, ich habe über fremde Männer geredet. Es ist etwas anderes, wenn Väter ihren Kindern etwas versprechen. Schau` dahin!«
Als das Mädchen endlich den sich nähernden Zug sah, schrie sie vor lauter Aufregung:
»Ich habe ihn gesehen! Ich habe ihn gesehen! Er kommt …«
Sie stellte aber bald fest, dass ihre Mutter ihrer Aufregung keine gebührende Beachtung schenkte. Daraufhin würdigte sie den Zug keines Blickes mehr, hielt gekränkt ihre Hand vor die Augen der Mutter, hinderte sie dadurch beim Hinschauen und fragte:
»Mama, was, wenn Papa auch diesmal nicht zurückkommt?«
Die junge Mutter befürchtete in ihrem Innersten genau das, dennoch wollte sie an diese Vermutung noch nicht einmal denken. Sie runzelte ihre Stirn und zischte genervt:
»Psst! Sei still! Warte noch eine Minute! Habe ich dir seinen Brief nicht vorgelesen? Wie oft hat dein Papa ausdrücklich betont, dass er dieses Jahr wegen deines Geburtstages zurückkommt?«
»Nee! Nee! Ich glaube es nicht. Letztes Jahr hatte Papa das Gleiche gesagt, ein Jahr davor hatte er vielleicht auch das Gleiche gesagt. Weißt du Mama, Papa ist auch genauso wie die anderen Männer. Man muss ihn nicht ernst nehmen …«
Eine ungeschminkte, in sich gekehrte und deprimiert wirkende Frau in den Dreißigern, die neben der jungen Mutter und deren Kind stand und ebenfalls gespannt nach dem Zug Ausschau hielt, wurde auf die Beiden aufmerksam. Sie begrüßte erst die Mutter, wechselte ein paar Worte mit ihr, wie es eben in einem kleinen Ort, wo jeder den Anderen zumindest flüchtig kennt, üblich ist. Dann wandte sie sich dem kleinen Mädchen zu,