Das Dorf der Frauen. null Y.K.Shali
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Читать онлайн книгу Das Dorf der Frauen - null Y.K.Shali страница 3
Die Frau streichelte ihrem Mann über das Gesicht und sprach liebevoll:
»Danke schön, mein Mäuschen! Du bist mein Held. Ich liebe deine schöne Nase … Du opferst dich wirklich für uns. Aber, aber … Weißt du, Dollars können einer Frau ihren Mann nicht ersetzen.«
»Ach, vergiss´ es!...«
Erregt durch die Liebkosungen seiner Frau, stellte der Mann seinen Koffer auf dem Boden ab, zog sie zu sich heran, und während er ihre Lippen voller Begehren küsste, steckte er seine Hand in ihre Bluse und streichelte ihre Brust. Obwohl seine Frau große Lust auf das Streicheln und auf einen Beischlaf mit ihm hatte, trennte sie sich von ihm und sagte vielversprechend:
»Warte noch ein paar Minuten, Mäuschen! Gleich sind wir zu Hause. Komm´ schneller! Wir haben nicht viel Zeit! In ein paar Stunden, bis zum Ende deines Urlaubs, sollst du, wie die anderen Männer, zu jeder einzelnen unserer Nachbarinnen gehen und sie beglücken! Sonst geschieht mir das gleiche Unglück, was deiner Schwester widerfahren ist.«
»Was?! Ich soll zu den Nachbarinnen gehen?! Was für ein Unglück? Ist meiner Schwester etwas Schlimmes passiert?«
»Nein. Nicht wirklich etwas Schlimmes, mein Mäuschen. Sie hat bloß letztes Jahr ihren Mann, als er wieder zurückgekehrt war, zu Hause eingesperrt, das Bedürfnis anderer Frauen ignoriert und nicht zugelassen, dass sie auch etwas von ihm abkriegten. Daraufhin wurden die Nachbarinnen wütend, stürmten gemeinsam ihr Haus, erbarmungslos prügelten sie auf sie ein, bis es nicht mehr ging, dann fesselten sie ihre Hände und Füße, stopften ihr ein Tuch in den Mund, ließen sie in der Ecke liegen und gingen, eine nach der anderen, vor ihren Augen, mit ihrem Mann ins Bett. Komm´ schnell, mein Mäuschen! Wir dürfen unsere kostbare Zeit nicht hier auf der Straße verschwenden!«
Die vordere Seite der Hose des Mannes war unterhalb des Gürtels geschwollen. Er versuchte, seine durch das Berühren der Brust seiner Frau entstandene Erregung zu unterdrücken, richtete seinen Rucksack auf, nahm den Koffer und begab sich wieder auf dem Weg nach Hause, während er schimpfte:
»Verdammtes Ausland! Verdammte Dollars! Nur noch ein paar Jahre müssen wir durchhalten. Sobald es uns finanziell etwas besser geht, kein Ausland mehr! Auf keinen Fall! Das schwöre ich dir!«
Da verlor seine Frau die Geduld und das Verständnis, brach in Tränen aus und erwiderte:
»Was? Du willst diesmal auch wieder alleine ins Ausland gehen? Da vertust du dich aber mein Lieber! Wir kommen auf jeden Fall mit!«
»Blödsinn! Ihr kommt mit?! Das Ausland ist doch nicht der Ort, wo Milch und Honig fließen! So einfach kann man nicht dorthin. Sie haben ihre eisernen Mauern und Regeln. Ihre Tore sind vollkommen dicht. Überall, an den Grenzen, am Flughafen, im Flugzeug, im Bus, in der Bahn, im Zug, in den Häfen, Bahnhöfen, auf den Straßen und in den Geschäften, ja selbst auf den Toiletten, sind Kameras installiert. Jede Bewegung wird beobachtet. Keine Mücke oder Fliege kann ohne Visum da landen. Wie soll ich denn, bitte schön, für euch ein Visum beschaffen? Durch jede Menge Bestechungsgeld an unsere Beamten und an die Leute, die gute Kontakte zu den ausländischen Botschaften haben, durch Tricks, Erniedrigungen und jede Menge Quälerei habe ich es geschafft mir eins zu besorgen. Ein Visum, wodurch ich nur als Tagelöhner oder Schwarzarbeiter für wenig Geld drei Monate auf dem Friedhof, sechs Monate im Leichenhaus, zwei Monate in der Müllverbrennungsanlage, ein paar Monate beim Straßenbau, mal hier oder da in den Küchen einiger Restaurants und so weiter und sofort, malochen darf, ohne Krankenversicherung und ohne jegliche weiteren Rechte, die einem einheimischen Angestellten normalerweise zustehen. Das ist noch nicht alles; jeder Penner auf der Straße, der mich sieht, sagt zu mir: Scheiß Ausländer!«
Seiner Frau wurde plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie hatte bis jetzt nur ein schönes Bild vom Ausland vor Augen gehabt. Verzweifelt putzte sie sich die Nase und fragte verheult:
»Aber in den Filmen sieht das Leben im Ausland doch immer so schön aus?!«
»Ja, das scheiß Ausland ist eigentlich im Vergleich zu unserem Land sehr schön. Aber nur für die Ausländer, nein, ich meine natürlich nicht für „die Ausländer“, wir sind da ja die scheiß Ausländer. Ich meine nur für die Leute, die da geboren sind und zu dem Land gehören. Die Menschen leben dort in Frieden miteinander. Jeder darf das tun und lassen, was er will. Sie können dort sogar ihren Präsidenten selbst wählen, und zwar jeweils nur für ein paar Jahre. Sie haben verschiedene Parteien! Alle zusammen bilden den Staat. Der Staat steht da auf der Seite seiner eigenen Bürger und muss ihnen dienen. Man darf ihn kritisieren, ja ihn sogar beschimpfen, es geschieht einem dadurch nichts. Nicht wie hier, wo einer sich lebenslang zum Führer, zum Präsidenten oder zum Dingsbums erklärt, dem und dessen Gefolge wir dann zu dienen und zu ehren verpflichtet sind.«
»Na, siehst du, das Leben im Ausland ist doch schöner als hier!«
»Ach, du verstehst mich nicht. Ausland ist nicht Ausland! Es gibt viele Länder. Die Ausländer sind auch nicht immer Ausländer. Wir sind hier in unserem Land keine Ausländer, aber im Ausland schon. Wir sind da Fremde. Fremde. Verstehst du das? Genauso wie hier bei uns die Touristen für uns die Fremden sind, mit ihren komischen Lebensgewohnheiten, sind wir da auch Fremde. Aber Fremde, die da schwarz oder für wenig Geld arbeiten. Das heißt, wir geben da kein Geld aus, sondern verdienen dort Geld und bringen es dann in unser Land. Kurz, klipp und klar gesagt, wir klauen da den Menschen ihre Arbeit, deswegen mögen sie uns nicht. Würdest du einen Fremden mögen, der dir und deiner Familie das Brot vor dem Mund wegschnappt?«
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ihr war nun klar geworden, wie prekär die Lebenslage ihres Mannes im Ausland war. Nach kurzem Schweigen fragte sie ihn auf dem weiteren Heimweg:
»Heißt das, dass du wirklich nicht mehr im Ausland arbeiten gehen willst?«
»Das wünsche ich mir vom Herzen! Glaube mir!«
»Quatsch. Auf keinen Fall. Du wirst hier, wie schon deine Mutter sagt, unter den nymphomanischen Frauen einen Herzinfarkt kriegen. Wenn du es nicht schaffst, mich mitzunehmen, ist das nicht so schlimm. Du musst aber auf jeden Fall unseren Sohn aus dem Lande schaffen. Sein Leben ist hier nicht mehr sicher. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Jungs, die von gierigen Frauen erwischt werden, nach einer Weile aussehen. Sie werden nicht richtig groß, ihre Rücken werden krumm, ihre Gesichter sind voll von Falten wie bei alten Männern, und sie seufzen stets, dass ihnen der linke Unterbauch wehtut. Was soll ich dir erzählen? Du hast noch keinen von ihnen gesehen. Sie sehen aus wie ein Skelett. Ich schwöre bei Gott, unser Sohn wird blitzschnell weggeschnappt, falls wir nichts dagegen unternehmen. Oh Gott! Ich mache mir solche Sorgen um ihn. Lauf´ schneller! Er ist alleine zu Hause … Komm´ schon Mäuschen!«
Während der heimgekehrte Mann größere Schritte nahm, fragte er seine Frau misstrauisch:
»Sag´ mal, in den letzten vier Jahren, als ich nicht hier war, hast du auch wie die anderen Frauen …«
Seine Frau, die ihn schon verstanden hatte, unterbrach ihn und antwortete:
»Nein! Ich schwöre bei Gott, dass ich mich nicht mit anderen Männern eingelassen habe! Die ganze Zeit musste ich auf unseren Sohn achtgeben,