Secret of Time. Joachim Koller
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Die Menschenschlange stand inzwischen drei Straßenseiten der Kirche entlang. Beim Durchgang neben den überfüllten Kassen, der für vorreservierte Eintrittskarten bestimmt war, waren hingegen nur wenige Leute angestellt. Anstatt sich wahrscheinlich für ein bis zwei Stunden anzustellen, hatte Leon drei Personen vor sich und war binnen einer Minute am fast überfüllten Vorplatz der Kirche.
Laut seines Wissens stand er nun vor der Passionsfassade, die erst nach Gaudís Ableben vollendet wurde. Trotz der Motive rund um den Tod Jesus wirkte sie durch den hellgrauen Stein freundlicher. Die Statuen waren kantig, wenig detailliert und moderner als er es gedacht hatte.
Die hohe, massive Metalltür war mit unzähligen Worten übersät. Leon las über die Wörter, seine Vermutung war, dass es sich um einen lateinischen Text handelte. Neben den Worten waren auch einige Symbole in die Tür eingelassen. Besonders auffallend waren aber an der ansonsten schwarzen Tür zwei goldene Elemente. Zum einen der Name Jesus und ein kleines Quadrat, das gut erkennbar in der Mitte der Tür platziert war.
Die vier mal vier Zahlen darauf weckten Leons Neugier, doch sein Reiseführer verriet ihm nichts über die Bedeutung des Quadrats und der Zahlen. Die Zahlen selbst waren abgenutzt, aber noch lesbar.
An der Außenfassade fand er erneut das Quadrat. Größer und aus Stein, war es neben einem steinernen Paar positioniert, das Leon an eine Bibelstelle erinnerte.
Gab es da nicht etwas mit Jesus und Judas? Die Schlange zu deren Füßen würde auch gut dazu passen, überlegte Leon und fotografierte die Fassade aus mehreren Blickwinkeln.
Durch die Tür gelangte Leon ins Innere der Kirche, wo er nach wenigen Schritten stehen blieb und sich ergriffen umsah. Vor ihm waren hellgraue, glatt geschliffene Säulen, die bis zur hohen Kirchendecke reichten. Weit über seinem Kopf verzweigten sich die Enden der Säulen und sorgten dafür, dass er sich in einen modernen Steinwald versetzt fühlte. Im Gegensatz zur verspielten Fassade vor der Tür wirkte hier alles auf den ersten Blick schlichter, dennoch wirkte es monumental.
Der Altar kam ohne Verzierungen aus und war im Verhältnis zum sonstigen Raum sehr klein. Dafür stand dahinter eine gewaltige Orgel. Über dem Altar schwebte, unter einem beleuchteten Schirm, ein einfaches Kreuz mit dem Gekreuzigten aus Holz. Durch die großteils farblich eingekleideten Kirchenfenster strahlte die Sonne auf die bescheidenen Holzbänke und Stühle vor dem Altar. Leon war begeistert, alles wirkte viel imposanter als auf den Bildern, die er gesehen hatte. Vor lauter Staunen vergaß er fast darauf, seine Kamera zur Hand zu nehmen und einige Bilder zu machen.
Minutenlang ging er an den Seiten entlang, blickte immer wieder nach oben und konnte nur ergriffen auf die sternförmigen Säulenenden schauen. Gegenüber der Tür, durch die er eingetreten war, sah Leon eine Menschentraube, die vor dem Aufzug zu einem der Türme wartete. Er hatte weder Lust zu warten und schon gar nicht, in einen engen Aufzug gezwängt zu sein und ging ins Freie.
Nun konnte er die Geburtsfassade genauer betrachten.
Auch wenn er schon viele Bilder der Sagrada Familia gesehen hatte, als er nun direkt davor stand, war er fasziniert. Rund um den Haupteingang und den Seiteneingängen waren verschiedenste Szenen mit detaillierten Figuren in Stein gemeißelt. Eine deutsche Reisegruppe neben ihm bekam gerade eine ausführliche Erklärung, der Leon mit einem Ohr lauschte. So erfuhr er, dass diese Fassade den drei theologischen Tugenden gewidmet war. Die Liebe, der Glaube und die Hoffnung, dargestellt durch Jesus, Maria und Josef. Weiteres wurden die unterschiedlichen Musikengel beschrieben und einige Szenen genauer erklärt. Zum Beispiel die Verkündung der Maria, als der Erzengel Gabriel ihr eröffnet, dass sie die Mutter des Gottessohns sein wird. Manche Szenen konnte selbst er erkennen, unter anderem die Heiligen Drei Könige.
Leon war katholisch erzogen worden, aber mit der Zeit hatte die Religion immer weniger Stellenwert in seinem Leben eingenommen. Erst durch die Hochzeitsvorbereitungen kam er wieder mehr mit der Kirche in Kontakt, aber seitdem waren viele Jahre vergangen.
Leon konnte gar nicht alle Details aufnehmen, schoss unzählige Bilder und war verzückt über die vielen Einzelheiten, die diese Fassade verzierten. Von Säulen, die von einer Schildkröte getragen wurden und deren Enden Palmblätter aus Stein schmückten, bis zu den Inschriften aus Stein. Verglichen mit der Passionsfassade war das Material hier dunkler, was aber wohl daran lag, dass dieser Teil der Kirche um einiges älter war.
Sein nächstes Ziel war das Museum. Gleich beim Eingang zeigten mehrere alte Fotografien, wie der Bau dieser mächtigen Kirche angefangen hatte. Eine sehr detaillierte Zeichnung ließ erahnen, wie die fertiggestellte Kirche in vielen Jahren aussehen sollte. Ein noch weitaus höherer Turm mit einem leuchtenden Kreuz sollte diese Kirche zu einem unverwechselbaren Monument des Glaubens machen.
Im nächsten Raum standen Vitrinen mit Skizzen zur vorher gesehenen Passionsfassade, daneben blickte ein Steinkopf von Antoni Gaudí mit ernstem Ausdruck in den Raum. Leon blickte über die Vitrinen und sah erneut das Quadrat.
Dieses Mal war es aus Bronze mit einer Länge von ungefähr zwanzig Zentimetern. Die Zahlen und Linien waren in Schwarz eingekerbt. Endlich fand er eine Beschreibung, was es genau mit diesem Quadrat und den Zahlen auf sich hatte.
Es handelte sich um ein sogenanntes magisches Quadrat, bei dem die Summe jeder Spalte und auch jeder Zeile sowie die Diagonalen jeweils 33 ergab. Josep Maria Subirachs, der Bildhauer und Architekt der Passionsfassade hatte es sich erdacht. Die Zahl 33 bezog sich auf das Alter von Jesus, als er starb. Neben der Beschreibung hing noch eine Schautafel mit weiteren Kombinationsmöglichkeiten, die das Quadrat bot, um auf die 33 zu kommen.
Leon war gerade fertig geworden, den Text zu lesen, als er unsanft von zwei Männern zur Seite geschubst wurde.
„Hallo? Ich glaube es ist genug Platz für alle hier, oder?“, fauchte er. Die Männer beachteten ihn nicht und standen mit dem Rücken zu ihm. Kopfschüttelnd ging er einen Schritt zurück, als er stutzte. Die beiden Männer, beide von sehr muskulöser Statur, verdeckten die Sicht auf die Vitrine. Trotzdem konnte Leon erkennen, wie sich ein weiterer, junger Mann, sehr auffällig über den Schaukasten beugte. Er zwinkerte, sah noch einmal hin und stellte fest, dass die Hand des jungen Mannes in der Vitrine steckte.
„Wirklich?“, fragte er laut und überrascht. Sofort drehte sich einer der Männer um und blickte ihn mit bösem Blick an.
„Weg mit Dir, oder ich schlitze Dich auf“, keifte er ihn auf Spanisch an. Erst jetzt sah Leon das dünne, lange Messer in der Hand des Mannes. Der leicht dunkelhäutige Mann war einen Kopf größer als Leon, der immerhin ein Meter achtzig maß.
„Das kann jetzt aber nicht wahr sein?“, meinte Leon erstaunt, nun auch auf Spanisch und sah sich um. Außer ihnen waren nur wenige Leute im Raum und diese beachteten ihn nicht.
„Wenn Dir Dein Leben lieb ist ...“ wurde der Mann vor Leon deutlicher und machte einen Schritt auf Leon zu.
„Das ist keine gute Idee, wirklich keine gute Idee“, versuchte Leon, ihn zu beschwichtigen. Hinter dem Muskelprotz sah er, wie der junge Mann das bronzene Quadrat herauszog. Dieses Ding zog Leon aus unerfindlichen Gründen in seinen Bann.
„Verschwinde!“, keifte der Mann und fuchtelte mit dem Messer vor Leon.
Das