Der gelbe Himmel und die graue Ebene. Jörg Röske
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Читать онлайн книгу Der gelbe Himmel und die graue Ebene - Jörg Röske страница 4
Die Freunde setzten sich auf den Quaderring und aßen das Fleisch und nach einigen weiteren Bollen gingen die beiden Ritter hinaus in den Burghof, um dem Schwertkampf zu huldigen und ihn erklingen zu lassen.
Mero lebte in einer Burg, die in nordöstlicher Richtung und eine Tagesreise mit dem Segelschiff entfernt lag. Lange schon kannten sich die beiden Ritter, hatten in früheren Zeiten in Schlachten gekämpft, Siege errungen und Verletzungen erlitten.
Nun war es still im Land geworden, und oft kam Mero in seinem schwebenden Segelschiff zur schwarzen Burg und suchte seinen Freund auf. Sie erzählten, tranken und schwiegen. Und manchmal fochten sie - zu wenig, wie Jero empfand.
Es wurde Abend, und die beiden Männer verschwanden im Sturmfried und tranken Bier. Nach einigen Krügen des Hefetranks sprach Mero vom Orakel, und die beiden Ritter verschwanden im Kellergewölbe unter dem Sturmfried. Die Fackel wies den Weg, und im Gewölbe war es noch düsterer und beklemmender und unheimlicher als im mächtigsten Turm von Jeros Burg.
In einer Ecke stand auf einem aufgerichteten Quader ein kleiner Schrein aus roten Diamanten und einem in asymmetrischer Weise aufgesetzten Goldteller. Durch das Feuer der immer mitgeführten Fackel erschienen auf dem Edelmetall seltsame Lichtspiele, die Jero und Mero versuchten zu deuten. Und manchmal meinten die Schauenden Erscheinungen gesehen zu haben, die unmöglich durch Teller und Fackel erzeugt worden sein konnten.
Burgangriff
Noch in derselben Nacht war Mero zurück gesegelt, denn auch er liebte die Dunkelheit und die Ruhe in ihr.
Jero erlebte am frühen Morgen ein Erlebnis anderer Art, da seine ohnehin schon trübe Morgenstimmung verstärkte und in ein Pulverfass verwandelte, dessen Funken nur einen unendlich kleinen Abstand davon entfernt war.
Es geschah, dass ein ausgesandter Torpedo die Luft der unteren Himmelssphäre durchschnitt und auf den Sturmfried zuraste. Die Nase des Geschosses traf auf die schwarzen Steine, und der Aufschlagzünder setzte die mitgeführte Ladung in Gang. Jero war wach und gleichzeitig betäubt von dem jeglichen Stein, jegliche Mauerritze und jeglichen Luftzug erschütternden und durchdringenden Krach. Die mächtige Mauer vom Sturmfried hielt - die Detonation hatte lediglich einen großen Flecken intensiveren Schwarzes auf dem Schwarz der Quadersteine des Gemäuers hinterlassen.
Der Ritter griff sich den Waffengürtel seines Schwertes und eilte die Treppe hinauf zum Turmdach. In einiger Entfernung schwebte ein U-Boot des Typs VII C, das mit seinem Bug, in dem vier Torpedorohre lauerten, auf die Burg gerichtet war. Und da sah Jero, wie ein nächster Torpedo das Stahlgefährt verließ. Der Ritter heftete mit Angst und mit Grimm seinen Blick auf das durch die sanftgelbe Luft schnellende Geschoss.
Dieser zweite Torpedo verfehlte um Haaresbreite sein Ziel - der beobachtende Jero hielt den Atem an - und schoss auf den kleinen Turm zu. Da geschah ein durchdringendes und kurzes und sehr lautes Geräusch. Es war das Metall des Torpedos und der Stein des kleinen Turms, die für einen kurzen Moment einander berührt und einen bestialisch und kreischenden Ton erzeugt hatten. Dem Ritter gefror sein Blut in den Adern, und er sah einige Steinbrocken vom kleinen Turm heruntersausen.
Bald verlor er das gefährliche Geschoss aus den Augen, und kurz danach stieg vom Boden der Ebene eine Staubwolke auf. Schnell wandte der Ritter seinen Blick, sah zum U-Boot, das dabei war abzudrehen.
Es zeigte dem Hinterherschauenden das Heck und verschwand nach einer Weile im gelben Dunst der unteren Himmelssphäre.
Turm
Jero tobte, polterte vor Wut, vor unglaublicher Ernsthaftigkeit des Geschehens und der Infamität der beiden Torpedos. Er schwor düstere Rache, drohte dem Davonschwebenden mit der rechten Faust hinterher und spukte dann einen unglaublichen Schwall Mundsekrets auf den Boden des Turmdachs.
Dann wandte sich sein Blick zu dem kleinen Turm, versuchte der Ritter die getroffene Stelle zu entdecken und eilte die Steintreppe im Sturmfried hinunter. Sein Weg führte ihn an der Eichenholztür seines Turmes vorbei, deren Schloss bei jedem Öffnen und Schließen und bei jedem Windzug klapperte. Jero stieg die wenigen Steinstiegen, die zum Sturmfried führten, hinunter und marschierte zum Tor, dessen Riegel er mit Wucht beseitigte.
Dann war er hinaus, hatte als erstes eine Windböe gespürt, die ihm entgegengeschlagen war. Beiläufig bemerkte er beim Öffnen des linken Torflügels das goldene Scheinen der mittlerweile völlig aufgegangenen Sonne.
Noch die Scheide mit dem Schwert in der rechten Hand wandte der Ritter, dem leicht in seinem grauen, baumwollenen Unterzeug fröstelte, seine Schritte zum kleinen Turm. Er fixierte ihn mit seinem Blick, erreichte ihn, folgte der Rundung. Dann sah er die Streifstelle, die jedoch keinen Blick ins Innere zuließ. Jero schaute auf den Ebenenboden, suchte und fand die abgesprengten Steinbrocken. Er ging zu einem, nahm ihn auf und wog ihn in seinen Händen - dabei nachdenkend und erneut hinaufschauend.
Der Blitz einer Erinnerung ließ den Ritter sich vom kleinen Turm abwenden und in die Richtung gehen, in der er die Staubwolke hochfahren gesehen hatte. Eine Weile musste er suchen und fand schließlich den silbrig schimmernden und schlanken Corpus, dessen todeseisige Ladung unberührt geblieben war - verharrt in ihrer Ursprünglichkeit.
Jero untersuchte mit aller Vorsicht den Aufschlagmechanismus, der vorne am Torpedo beim Aufschlagsfall für den Einsatz des Detonators zuständig war. Er zog sein Schwert und entfernte den Mechanismus und den Detonator und wunderte sich über sein Geschick und sein Wissen. Denn Zeit seines Lebens war er nur auf seinem zweimastigen Segelschiff gefahren. Da durchzog ihn das euphorisierende Gefühl einer Idee.
Er steckte sein spitzes und scharfes Schwert, das in der Mitte der Klinge in Längsrichtung und beidseitig mit grau unterlegten, rechteckigen Ornamenten verziert war, zurück in die Scheide und machte sich auf zurück zur Burg.
Über dem Sturmfried gelangte er auf sein Schiff, löste die beiden Leinen und setzte ein Segel. Das schwebende Schiff nahm Fahrt auf, und Jero steuerte es um das Sanctuarium herum, in dessen Richtung der Bug gezeigt hatte. Danach hielt er genau auf den Landeplatz des Geschosses zu und holte das Segel kurz vor Erreichen des Torpedos ein.
Über ihm angekommen, warf der Ritter mit Bedacht den Anker und kletterte an einem Seil hinunter - wobei er zuvor zwei Seile hinuntergelassen hatte. Diese band Jero an das längliche Geschoss, indem er zwei kleine Höhlen unter diesem grub und die Seile durch sie hindurch schob.
Nachdem er die beiden Knoten gebunden hatte, hangelte er sich wieder zum Schiff hinauf und suchte Rollen, in die er die beiden Seile einlegen konnte. Er fand eine, die leblos vom Großmast herab baumelte und bemerkte erst jetzt, daß in ihr der Rest eines anderen Seiles hing. Da erinnerte er sich an die Explosion, und erst jetzt wurde Jero in erschreckender Weise klar, dass sein Schiff sich in deren gefährlicher Nähe befunden hatte.
Der Ritter wurde hektisch, suchte sein Segelschiff nach Schäden ab und fand einige kleine Lecks im Heck. Jero erschrak ein zweites Mal, beruhigte sich aber wieder schnell, wusste er doch, dass dies keine Gefahr bedeutete. Denn in den Rumpf konnte nur Luft eindringen, das Element, das sich ohnehin schon dort befand.
Jero suchte weiter und fand lediglich einige Metallsplitter, die im Holz des Hecks steckten. Er war beruhigt und wandte sich nun wieder der Bergung des Torpedos zu, den er für eigene Zwecke nutzen wollte.
Er verließ das Achterdeck seines kleinen fast elf Meter langen Schiffes, das mit seinen zwei Segeln in einem ordentlichen Wind rasant