Die Tote auf der Bank. Bärbel Junker

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Die Tote auf der Bank - Bärbel Junker

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      PROLOG

      Die einsame Frau auf der Bank liebte diesen idyllischen, von dichtem Wald und Holunderbüschen umgebenen Ort.

      In Gedanken versunken sah sie vor sich hin, durchlebte noch einmal die unerwartete Begegnung mit der Person aus ihrer Vergangenheit, die sie auch heute noch aus tiefster Seele verabscheute und hasste.

      Sie hatte ihn auf einem Parkplatz getroffen.

      Zufall oder Schicksal? Sie wusste es nicht.

      Noch einmal sieht sie sich dort stehen und zu den beiden sich gestenreich unterhaltenden Männern hinüberstarren, die mit lauter Stimme aufeinander einreden.

       Diese Stimme!

       Ist er es? Kann das wirklich sein? Als sie ihn erkennt, lodert das damalige Entsetzen erneut wie eine höllische Feuersbrunst in ihr empor.

       Sie lässt ihn nicht aus den Augen.

       Erinnerungen werden wach, Erinnerungen, die sie nur allzu gerne aus ihrem Gedächtnis löschen würde, etwas, dass ihr jedoch bis heute nicht gelungen ist. Versucht hat sie es, jedoch vergebens.

       Ja, er muss es sein, obwohl sein Gesprächspartner ihn mit dem Namen Homberger anspricht, einem ganz anderen Namen als der, unter dem sie ihn kennt.

       Aber er ist es, daran zweifelt sie nicht, denn seine arrogante Stimme ist unverwechselbar; und seinen Namen kann man ändern, sofern man die richtigen Beziehungen und das entsprechende Geld dafür hat.

       Aufgewühlt beobachtet sie ihn, lässt ihn keine Sekunde aus den Augen. Was soll sie tun? Ihn hier und jetzt zur Rede stellen? Oder ihn zuerst einmal heimlich beobachten? Vielleicht wäre das klüger, jedoch fehlt ihr dazu die Geduld. Sie entscheidet sich.

       Als er sich von seinem Gesprächspartner verabschiedet und sich auf den Weg zu seinem Wagen macht, folgt sie ihm.

       Trotz des fremden Namens ist sie sich absolut sicher ihren Peiniger von damals vor sich zu haben. Die Bestätigung seiner Identität lässt nicht lange auf sich warten. Als er sein volles Haar mit der linken Hand aus der hohen Stirn streicht, fällt ihr Blick auf seinen nur noch zur Hälfte vorhandenen Ringfinger. Eine Verunstaltung, an der er sich stets gestört hat.

       Und was nun? Zu ihm gehen und ihn mit seiner Vergangenheit konfrontieren?

       Sie zögert noch unentschlossen, als er vor einem BMW, einer silberfarbenen Luxuslimousine, stehen bleibt.

       Natürlich, ein solches Fahrzeug passt zu ihm, denn dem Luxus war er von jeher zugeneigt. Teure Luxuskarosse, kostspielige, elegante Garderobe. Dieser Mann strahlt aus jeder Pore Reichtum aus. Aber Geld war ja auch in der Vergangenheit nie ein Problem für ihn.

       Langsam geht sie auf ihn zu.

       Noch hat er sie nicht bemerkt, da er ihr beim Aufschließen seines Wagens den Rücken zukehrt.

       Jetzt oder nie, denkt sie entschlossen und spricht ihn mit seinem richtigen Namen an.

       Er wirbelt erschrocken herum und starrt sie geradezu entsetzt an. „Samantha? Verdammt, wo kommst du denn her?“, stößt er hervor.

       Diese Stimme! Diese arrogante Stimme, deren Klang sie über all die Jahre begleitet hat und die sie hasst wie nichts auf der Welt. Sie wird sie ihr Leben lang nicht vergessen.

       Er starrt sie so schockiert an, als sei sie eine Erscheinung. Aber letztendlich ist sie das wohl auch für ihn: Ein Geist, ein längst vergessenes Gespenst aus der Vergangenheit.

       Anders als für sie, denn sie hat ihn keineswegs vergessen!

       Hasserfüllt starrt sie ihn an. Was wird er tun? Sich umdrehen und einfach wegfahren?

       Doch er überrascht sie, lässt sie weder einfach stehen, noch steigt er in seinen Wagen und fährt davon. Erstaunlich bei einem Mann wie ihm, der sich nicht um andere Menschen schert, sie nur für seine Zwecke benutzt.

      „Wieso hast du mich nach all den Jahren sofort wiedererkannt?“, wundert er sich. „Ich habe mein Aussehen doch etwas verändert.“

       Sie mustert ihn schweigend an. Ich würde dich stets wiedererkennen, denkt sie hasserfüllt, obwohl ich dein Gesicht irgendwie anders in Erinnerung habe.

      „Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragt er, seine Überraschung abschüttelnd wie einen unbequemen Umhang, ironisch und so selbstsicher wie sie ihn kennt.

       Sie sieht ihn stumm an, während die Jahre schwinden, sich zurückschrauben zu dem einen, dem unsäglichen Tag, der ihr Leben so einschneidend verändert hat.

       Er trug die Schuld daran, war der Verursacher, dieser Mann vor ihr, dem Schuldgefühle fremd sind. Hass überwältigt sie unvermittelt und stark, unvergänglicher Hass, der sie nun schon seit fünfzehn Jahren begleitet und nie vergeht.

       Wie ein Sturzbach brechen Abscheu und Bitterkeit ungebremst aus ihr hervor.

       Eine Weile hört er sich mit steinerner Miene ihre Vorwürfe an. Doch dann wird es ihm zu viel.

      „Hör auf, Samantha. Was soll das Theater? Das führt doch zu nichts. Lass die Vergangenheit ruhen, andernfalls wird es deiner Gesundheit schaden“, warnt er eiskalt.

      „Ich habe keine Angst vor dir“, stößt sie verbittert hervor.

      „Das solltest du aber“, erwidert er kalt.

      „Sei deiner Sache nur nicht so sicher. Du weißt nicht alles, obwohl du dir das wahrscheinlich einbildest. Ich könnte dich vielleicht überraschen“, droht sie.

      „Diesmal wirst du nicht ungestraft davonkommen, dafür sorge ich.“

      „Ach, Samantha, mach dich doch nicht lächerlich. Was damals passierte interessiert doch heute niemanden mehr. Außerdem hast du keinerlei Beweise. Dein Lamentieren ändert nichts, verärgert mich nur. Du kannst mir nichts anhaben. Also verschwinde, so lange du es noch kannst. Und wenn du am Leben bleiben möchtest, dann rate ich Dir niemals wieder meinen Weg zu kreuzen. Hast du das verstanden?“

       Sie antwortet nicht, reagiert nicht auf seine Drohung. „Warum hast du deinen Namen geändert?“, fragt sie stattdessen. „Zwangen dich deine Schandtaten unterzutauchen? Bei deiner Veranlagung und deinem miesen Charakter würde mich das nicht überraschen.“

       Sein Blick ist mörderisch. „Wenn du so weitermachst, redest du dich noch um Kopf und Kragen“, stößt er finster hervor.

      „Ach ja? Willst du mir mal wieder drohen?“, fragt sie ironisch.

       Er schüttelt genervt den Kopf und öffnet die Wagentür. Nach einem letzten abschätzigen Blick steigt er ein und

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