Das ungeteilte Vertrauen. Norbert Johannes Prenner

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Das ungeteilte Vertrauen - Norbert Johannes Prenner

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mit Stern befestigt.“ „Na also“, sagte Carl zu sich, „jetzt macht gar schon der KGB Jagd auf mich. Zeiten sind das!“

      Kapitel 7

       Innenpolitik

      Es war bereits ziemlich spät geworden. Erich rieb seine schmerzenden Augen, schob den Schlitten der schweren Schreibmaschine mit einem Schwung nach links und erhob sich mühsam aus seinem Arbeitssessel. Mit beiden Händen stützte er seinen schmerzenden Rücken, ganz steif vom langen Sitzen, und begab sich schlurfenden Schrittes in Richtung Redaktionsküche, um sich für heute eine letzte Tasse Kaffee zu holen. Währenddessen untersuchten seine geübten Finger das Zigaretten-päckchen in seiner linken Rocktasche nach Rauchbarem und – wurden fündig. In der kleinen Küche brannte noch Licht. „Du bist noch da, Willi?“, fragte Erich den erstaunten Sportredakteur, der bisher auch geglaubt hatte, der letzte hier zu sein und etwas erschrocken schien. „Hast du mich jetzt – also wirklich! Schleichst da so einfach um die Ecke. Aber zu deiner Frage, du siehst mich in voller Größe anwesend, ja! Ich ärgere mich mit einem blöden Artikel herum, seit zwei Stunden, weil mir die Angerer die Mitschriften weggesperrt hat. Jetzt improvisiere ich, wie halt im richtigen Leben auch immer!“

      „Na, da hast du ja ein Glück“, sagte Erich, nahm sich Kaffee aus der Kanne, steckte sich die Zigarette an und blickte schweigend aus dem Fenster. Willi, dem die Ruhe unangenehm wurde, versuchte sie mit dem Satz: “Und, was haben die Kommunisten letztendlich denn schon erreicht?“, zu durchbrechen, „wenn du mich fragst, nichts!“ Erwartungsvoll blickte er auf Erich. Willi fuhr fort: „Immerhin sind die Österreicher geschlossener denn je zusammengestanden, das hat man gesehen. Vom ersten Augenblick an“, fügte er noch hinzu. Stille. „Der Kanzler hätte ihnen nicht in die Augen gesehen, diesen Idioten“, brach Erich endlich sein Schweigen, „und? Was haben sie selber geboten?“, fragte er, „nichts, außer dummes Geschwätz, sich mit Polizisten prügeln, das können sie“, gab er sich selbst die Antwort. Willi nickte artig. „Die Demonstration auf dem Ballhausplatz wäre der Auftakt zu ersten, großen Kämpfen um Lohn und Brot. Lächerlich, das Theater!“ fauchte Erich, nachdem er sich gesetzt hatte. Willi rührte mit dem Löffel nervös in der Zuckerdose herum. Krampfhaft dachte er nach, was er dazu sagen könnte, was Sinnvolles, aber es fiel ihm nichts ein. Erichs Worte hingen wie eine dunkle, schwere Wolke im Raum, nicht bereit, sich in Nebel der Entspannung aufzulösen. Schließlich setzte dieser fort: „Die größte Tat war bisher wohl, dass sie dreiundzwanzig Polizisten krankenhausreif geschlagen haben.“

      „Und? Der Stromausfall, den sie verursacht haben, hat mich drei Tage gekostet“, konstatierte Willi. „Ja, die Arbeiterklasse! Möglicherweise wohnen sie demnächst auch bald alle im Imperial, wie ihre hochverehrte Kommandatur!“ ätzte Erich. „Wer weiß?“ Willi legte den Löffel weg. „ Das bisschen Demokratie, das Quäntchen Freiheit wollten sie aufs Spiel setzen! Der einzige Lichtblick für unsere Zukunft, wenn wir überhaupt noch eine haben. Stattdessen blockieren sie die Straßen, Sandkisten haben sie daraus gemacht, die Kindsköpfe! Autos umschmeißen, darin sind sie wahre Meister! Wenn das meines gewesen wäre, du, ich glaub´, ich hätte einen von ihnen höchst persönlich erwürgt, das sag´ ich dir!“ „Ja“, seufzte Willi. „Was sagst du zu unserem Gewerkschaftshelden, Willi?“ „Allerhand! Der hat sich was getraut. War´s Heldenmut oder Dummheit? Die Russen haben bei uns noch ein paar Panzer stehen. Ob er das gewusst hat?“ „Weiß nicht“, sagte Erich, „aber wenn dich der Zorn packt, da – ich mein´, da wird man zum Tier. Da setzt der Verstand völlig aus. Ich war an der Westfront ...“, Hier brach Erich jäh ab.

      Wieder lag für kurze Zeit das Schweigen zwischen ihnen. Endlich sagte er: Es war ganz richtig, dass der Polizeichef gegen die eigenen Leute vorgegangen ist. Der hat wenigstens die Stirn, sich nicht von den Kommunisten über den Tisch ziehen zu lassen.“ „Immerhin, 0:1 gegen Schottland“, warf Willi ein, „vielleicht geht´s langsam bergauf mit uns?“ „Worum ich dich schon lange beneide, Willi, ist dein Ressort, ehrlich“, grinst Erich, und zündete sich eine Zigarette an. „Bis jetzt ist uns doch ohnehin Un-menschliches gelungen. Was ist seit damals nicht alles wieder aufgebaut, neu gemacht und unternommen worden, überleg´ einmal. Und jetzt so etwas ...“. Erich rieb seine brennenden Augen und fuhr fort: „Wenn du nur einmal die letzten Jahre her nimmst. Wir haben die Produktion steigern und mehr Leute beschäftigen können. Ja, gut, man muss sagen, mit amerikanischer Hilfe. Vielleicht war dieses patscherte Lohn-Preisabkommen nur der Auslöser für das ganze Theater. Hätten sie es eben transparenter machen sollen. Nachher sind immer alle g´scheiter, das kennen wir ja zur Genüge.“ „Da hat man Milliarden an Subventionen ausgegeben und plötzlich wirft man der Regierung vor, dass diese in Zukunft aufgehoben würden“, meinte der Sportredakteur. „Eben. Und die Amerikanerhilfe geht nur bis 52, und sie soll nicht die Konsumgüter verbilligen, sondern der Wirtschaft auf die Beine helfen“, meinte Erich. „Dann hätten uns die Herrschaften besser informieren sollen, oder? Mangelhafte Strategie das, oder was sagst du?“ „Kann schon sein. Den Kommunisten war´s Recht so. Die haben die ´Russische Stunde´ schon gefeiert.“ „Immerhin, zur Revolution hat´s nicht ganz gereicht“, sagte Willi, „wie sie in Floridsdorf gestartet sind, waren sie beinahe eine Armee. Bis zum Schottentor sind es leider nur mehr 1500 gewesen.“ „Aber genug zum Radau machen“, sagte Erich, „nachdem sie alles sorgfältigst vorbereitet haben. Ich ärgere mich heute noch über den Stromausfall am 26. September, du ja auch, wie gehört habe. Alles ist gestanden, keine Post ist durchgekommen, telefonieren hat man nicht können ...“. „Ja, das werde ich ihnen nicht vergessen. Meine Schwiegermutter hätte mit dem Zug aus St. Pölten kommen sollen. Es ist keiner gefahren.“ Willi schmunzelte. Erich sah ihm tief in die Augen, dann lachten sie beide. “Aber dass sie Meldungen unterschlagen haben, dafür gehört ihnen der Strick. Die Redelsführer sitzen heute ungestraft im Nationalrat. Wenn du sowas anzettelst, bist du in Sibirien.“, ärgerte sich Erich, und zog sich einen zweiten Stuhl näher, um seine Beine darauf zu legen. Auch Willi machte es sich so gemütlich, wie es eben in einer Tee-küche möglich war. „Willi, du sitzt so nahe beim Fenster, sei so lieb und lass ein bisserl frische Luft herein.“ Willi hob seinen Arm und öffnete im Sitzen das Fenster. Die kühle Abendluft, die zu ihnen in die Küche drang, roch nach Erde und frischem Grün aus den Gartenan-lagen der Innenhöfe. Das Krächzen der Raben übertönte den Straßen-lärm, den die Fuhrwerke, Autos und die Straßenbahnen verursachten. „Machen wir uns noch einen Kaffee, in Ordnung?“ Erich willigte ein, dann sagte er: „Zuerst haben sie einen Antrag zur Schaffung eines modernen Presserechtes gestellt.“ „Wer?“ „Die KPÖ-Journalisten, der Reiter, allen voran der Binder. Der hat verlangt, dass man die Eindämmung des Einflusses der Nazi – und SS-Publizistik vorantreiben soll. „Aha!“ „ Und dann, ich weiß, du warst nicht dabei, dann haben sie einen Antrag auf Ächtung der Atombombe und eine verstärkte Friedenspolitik der Gewerkschaft gestellt.” „Na und?“ fragte Willi. „Naja, der Herr Vorsitzende hat alle Hände voll zu tun gehabt, dass er die Versammlung heil über die Runden hat bringen können. Der „Abend“ hat dann geschrieben, dass dieser Landestag die bedenklichsten Hass-ausbrüche der sozialistischen Journalisten zum Ausdruck gebracht hätte. Sogar von der Phalanx der Kriegstreiber war die Rede.“ „Interessant! Davon weiß ich ja gar nichts“. „Das ist ja auch kein Wunder. Du läufst ja andauernd nur hinter irgendwelchen Bällen her“, meinte Erich und zwinkerte mit einem Auge. Willi schmunzelte. „Ach was, eine rauch´ ich noch“ beschloss Erich. Willi reichte ihm Feuer. „Danke, Herr Kollege! Weißt du“, fuhr er nach einer kleinen Weile fort, „was die Sache so ekelhaft macht ist, dass die Kommunisten überhaupt nicht kapieren, welche Bedeutung der Presse für die Sicher-heit unseres Landes zukommt, und schon gar nicht, welche Bedeutung die Gewerkschaft für die Entwicklung der Gesellschaft einnimmt und welche Verantwortung ihre Funktionäre haben.“ „Dessen sind sich jedoch nicht alle bewusst!“, wandte Willi ein. „Das mag in Ein-zelfällen schon stimmen. Alles in Allem – was haben sie also wirklich mit ihren Agitationen erreicht, frag´ ich mich? Bevor das Lohn-Preisabkommen ausgehandelt und beschlossen worden ist, haben sie begonnen, die Leute in den Betrieben verrückt zu machen. Dann ha-ben sie die Bundesregierung erpressen wollen, in gepflegter Straßen-manier versteht sich, und schließlich

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