Schmutzige Hoffnungen. Myron Bünnagel
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Читать онлайн книгу Schmutzige Hoffnungen - Myron Bünnagel страница 21
Das Grollen des Donners drang bedrohlich in das Schweigen zwischen ihnen. Das Mädchen drehte sich um und schaute in Richtung der Hügel. „Gleich geht es los.“ Wieder ein Grollen. Der Wind frischte auf, trieb den Geruch von Regen vor sich her.
Als der erste Blitz die Red Hills aus ihrem nächtlichen Versteck riss, schreckte Cora zusammen. Der grelle Schein brannte die Umrisse der Hügel für Augenblicke in die Schwärze. „Gewitter sind unheimlich. Diese Hügel wirken dann geisterhaft.“ Sie wandte langsam den Blick vom Lichtspiel des nahenden Unwetters. Die Blitze zuckten jetzt in kürzeren Abständen über den Nachthimmel, das Donnergrollen hallte in der Erde nach.
Als sie Rays Gesicht sah, erschrak sie leicht. „Alles in Ordnung mit Ihnen? Sie mögen wohl auch keine Blitze?“
Seine Miene war verzerrt, der Mund zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Mühsam schüttelte er den Kopf „Ich habe keine guten Erinnerungen an Gewitter. Aber vermutlich liegt es am Wein.“ Er betrachtete missmutig die Flasche.
„Der Krieg?“
Ray zuckte mit den Schultern und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Schweiß stand auf seiner Stirn.
Zögerlich gingen die ersten Regentropfen nieder, schlugen einen unregelmäßigen Takt auf das hölzerne Dach der Veranda. In der Ferne rückte das Unwetter näher, zog über die Red Hills heran, war tiefes Grollen und grelle Zackenblitze. Der Regen wurde heftiger, rauschte in den vom Wind gepeitschten Bäumen und floss in groben Strömen vom Hausdach.
„Wir sollten für heute Schluss machen“, sagte Ray müde und erhob sich. Der Wein pochte in seinem Schädel. Er griff nach den leeren Gläsern, aber Cora schüttelte nur den Kopf: „Das mache ich schon. Sie sehen aus, als sollten Sie sich hinlegen.“
Er nickte, dann ging er langsam zur Haustür. „Gute Nacht, Ms. Reed.“
„Gute Nacht. Schlafen Sie gut.“ Sie sah ihm nach, wie er das Haus betrat.
Das Unwetter war ganz in der Nähe, als Ray sein Zimmer erreichte. Ein Blitz schälte die Einrichtung aus der Dunkelheit. Der Wind warf den Regen gegen die Scheibe, während im Hintergrund der Donner grollte. Er stand einige Augenblicke hilflos im Türrahmen, klammerte sich daran fest und kämpfte ein Gefühl von Übelkeit nieder.
Wieder flammte ein Blitz auf. Für den Bruchteil von Sekunden war Ray nicht mehr in seinem Zimmer. Der Gestank nach feuchtem Lehm und Pulverdampf stach ihm in die Nase. Die Regenschleier tanzten über unförmige Erdwälle, prasselten auf die grauen Leiber vor ihm nieder. Das Donnergrollen war das Lärmen der Artillerie, die die Luft mit einer unheimlichen Ahnung füllte. Die Bilder verschwanden genauso schnell wie sie gekommen waren, aber der Geruch schien noch einige Augenblicke in der Luft zu stehen. Es roch nach Tod.
Die Narbe an seiner Seite pochte schmerzhaft, als er die Tür schloss und schwankend sein Bett erreichte. Schwer fiel er darauf, unfähig, sich zu bewegen. Die Erinnerungen drückten ihn nieder, lasteten in der Dunkelheit. Schließlich schloss er die Augen, trieb den Lärm des Unwetters mühsam von sich.
Als er einschlief, glaubte er, Ira stöhnen zu hören.
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