Oskar trifft die Todesgöttin. Jörgen Dingler

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Oskar trifft die Todesgöttin - Jörgen Dingler

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Daher behielt er die neuen Freizeitsachen gleich an und steckte stattdessen Anzug, Hemd und Schuhe in die Plastiktüte. Die alte Freizeitkluft müffelte schon merklich nach Schweiß und Meerwasser, würde also nicht mehr zum Einsatz kommen. Er wollte noch das Einschießen der Walther erledigen, am besten außerhalb der Stadt. So trug er alles ins Hotel, um sich danach wieder in die Calle Joan Miró zu begeben. Sein Leihmotorrad stand noch beim Verleiher, obwohl er die Schlüssel und Papiere schon in Empfang genommen hatte. Erstmal galt es, die anderen Dinge im Hotel abzulegen, sich motorradtauglich umzuziehen und seine Walther nebst zwei vollen Magazinen – eins in der Waffe, eins extra – in einen kleinen Rucksack zu bugsieren, den er ebenfalls frisch erstanden hatte. So einen, den man beim Motorradfahren bequem auf den Rücken schnallen kann. Wegen der Hitze verzichtete er darauf, die Motorradlederhose und -stiefel anzuziehen und ließ seine neue Jeans sowie sein rustikales Freizeitschuhwerk an. Schließlich ging es diesmal nicht um eine rasante Überlandverfolgungsjagd, die maximale Schutzkleidung erforderte. Auch der Motorradverleih war bequem in Fußweite. Die Wahl des ‚Boquería Hostal‘ hatte sich als richtig erwiesen.

      »Buen viaje, Oskar!« Ein Mitarbeiter des Motorradverleihs war auf die Straße getreten, als Oskar das Motorrad bestieg. Es war kurz nach sieben Uhr abends, er sperrte das Geschäft zu. Wie üblich war man gleich beim Vornamen. Oskar besaß trotz seines kühlen Auftretens für manche Menschen eine distanzfreie, sympathische Ausstrahlung. Außerdem waren hier Motorradfahrer unter sich – alles Brüder und Schwestern, gleich welchen Alters.

      »Gracias, Paco.«

      »Where you go?«, fragte Paco.

      »Outside Barcelona.«

      »I see. Good choice. City is too hot, too full… overcrowded. Have fun, amigo!«

      »Yes, it is. Gracias, amigo.«

      Paco winkte zum Abschied, Oskar hob kurz die Hand und fuhr los. Wrumm!

      »Verdammte Scheiße!«

      Er war gerade erst losgefahren, fuhr auf der Plaça dels Voluntaris in den Kreisverkehr am Yachthafen ein, als es ihn riss. Ein großer SUV drängte sich vor ihm in den Kreisverkehr. Noch bevor er ihn sah, hatte er ein Aufgrollen animalisch-technischer Kraft vernommen, die abgerufen wurde, um spielerisch an der BMW vorbeizuziehen. Dieser SUV war mattschwarz, hatte schwarze Fensterscheiben, keine Zierleisten, kein Chrom, monsterbreite Räder… und war in seiner ursprünglichen Form mal ein VW Touareg. Der große dunkle Klotz fuhr direkt vor ihm. Noch bevor er dessen italienische Kennzeichen mit dem großen SP für ‚La Spezia‘ lesen konnte, riss es ihn schon. Und es riss ihn nicht, weil ihm dieser rollende Bomber die Vorfahrt genommen hatte. Es stach richtig, als der durchgehend schwarze Wagen in sein Blickfeld geriet und mit seiner optischen Erscheinung die Geräuschkulisse bestätigte. Bei ‚Spiderman‘ würde man sagen, dass sein ‚Spinnensinn‘ anschlug – und zwar so laut wie die Glocken der Sagrada Familia. Das war kein Zufall!

      Das Kalimobil befuhr in moderatem Tempo die Ronda del Litoral, die Straße entlang des Hafens. Oskar blieb hinter ihm. Der Stealthbomber auf Rädern hätte seine PS-Power sogar ein wenig abrufen können, da die Straße nicht gerade überfüllt war. Entweder saß jemand am Steuer, der die erlaubte Geschwindigkeit peinlich genau einhielt, oder es wurde darauf geachtet, dass ein Verfolger bequem dranbleiben konnte. Möglichkeit eins schloss Raserin Christine als Pilotin aus, Möglichkeit zwei offerierte zumindest den engsten Kali-Dunstkreis als Lenker: doch Christine, Jean-Pierre und natürlich die Legende höchstselbst.

       Also, was haben wir hier? Ich tippe auf M ö glichkeit zwei.

      Oskar wurde langsamer – ein Test der genau das herausfinden sollte. Das Kalimobil wurde ebenfalls langsamer. Die BMW bremste sich weiter ein, der Touareg beschleunigte wieder auf normale Geschwindigkeit. Die Feierabend-Rush hour der Büromenschen war ebenso vorbei, wie der nächtliche Verkehr noch nicht eingesetzt hatte. Diese Kombination sorgte für einen übersichtlichen Großstadtverkehr, der solche Manöver ohne Verkehrsbehinderung zuließ. Zudem war die Straße am Hafen keine der Hauptverkehrsadern der katalanischen Metropole. Der Durchgangsverkehr wurde parallel über den Paseo de Colon geleitet.

      Sie passierten die Anleger für Kreuzfahrtschiffe, um dann weiter über zwei kleine Kreisverkehre direkt auf das Hafengelände zu fahren. Muelle Costa, direkt an der ‚AIDAbella‘ vorbei. Der Touareg strebte weiter zum Containerhafen. Oskar bremste seine BMW ein, hielt. Er drehte seinen Kopf nach links zum weißen Kreuzfahrtriesen mit dem roten Kussmund, tat, als ob er sich das Schiff anschauen wollte, drehte seinen Kopf wieder nach vorn. Gut hundert Meter vor ihm hatte sich das Kalimobil ebenfalls eingebremst, hielt.

      Auf dem Schiff befanden sich vereinzelt Passagiere auf den Balkons vor ihren Kabinen. Manche davon winkten dem augenscheinlich gaffenden Motorradfahrer zu. Oskar hatte sich des öfteren schon gedacht, dass Winken wohl zu den menschlichen Ur-Instinkten gehört. Oder eine Konditionierung im Kleinstkindalter ist, die viele Menschen Zeit ihres Lebens nicht ablegen können oder wollen. Oder beides. So saß er auf der F800GS und frönte einem seiner häufigsten Zeitvertreibe. Er dachte nach. Aber er winkte nicht zurück.

       Das ist eine Falle! Eine zu offensichtliche Falle obendrein.

      Oskar drehte seinen Kopf wieder nach vorn. Das Kalimobil hielt immer noch. Aus den vier kantigen, mattschwarzen Auspuffenden des allradgetriebenen Monsters entsprang das sonore, gleichmäßige Brummen seiner zwölf Zylinder, das man nur aus der Nähe vernahm. Die vom hundert Meter entfernten Verfolger (war er ein Verfolger?) nicht hörbare Geräuschkulisse änderte sich ins dumpf grollende Motorengeräusch, das bei einem Gasstoß des Piloten kurz vor dem Wuuuuh einsetzte. Die Sonderanfertigung fuhr vehement an. Kali – oder wer auch immer sich darin befand (Christine, Jean-Pierre?) – gab Gas. Der gepanzerte Stealthbomber schoss mit gut zehnmal soviel Pferdestärken wie das ihn verfolgende Zweirad dahin und bog dann nach links zu einem Lagerhauskomplex am Containerhafen ab. Oskar hörte Grollen und Wuuuuh und rollte an. Er vernahm noch Gejohle von Passagieren des Kreuzfahrtschiffes, die die sowohl geräusch- als auch beschleunigungstechnisch eindrucksvolle Performance des sonderbaren schwarzen Wagens mitbekommen hatten.

      Kalis Monstervehikel war in Sichtweite abgebogen und würde wohl kaum über die Kaimauern ins Meer hinausrasen. Denn sooo wasserfest waren Christines Geländewagen auch wieder nicht. Das galt wohl auch für Kalis Vehikel.

      Da stand es. Er erreichte den Parkplatz des gepanzerten Boliden zwei Minuten nach dem vehementen Vorauspreschen. Das Sonderfahrzeug stand vor einem Lagerhaus, dessen Stirnseite ein vertrautes weißes Schild mit schwarzen Lettern zierte: ‚Christine Vaarenkroog‘, darunter ‚Italia‘. Ihr Lagerhaus. Oskar wendete, fuhr zwanzig, dreißig Meter zurück, machte den Motor aus, stellte die BMW auf den Seitenständer und stieg ab. Er ging in Richtung Lagerhaus und linste durch die einzig nicht absolut schwarze Fensterscheibe des Kalimobils – die Windschutzscheibe. Es war unbesetzt. Er ging an dem Wagen vorbei, zurück zu seinem Motorrad. Erst jetzt begriff er, dass die schwarzen CV-Zeichen an Front und Heck, die er seinerzeit zuerst für normale VW-Logos gehalten hatte, nicht für die Initialen von Kalis Chefin standen – sicherlich der freundlichen Zur-Verfügung-Stellerin des Dienstwagens. Da hatte er Kalis bürgerlichen Vornamen noch nicht gekannt. Es war Kalis Dienstfahrzeug. Kali und Christine waren ein Team, wie Oskar und Greg ein Team aus operativer und organisatorischer Hälfte. Nein, das runde C mit dem darin befindlichen V bedeutete nicht Christine Vaarenkroog. Es stand für Christine und Victoria. Sicher. Er ging zur BMW zurück. Jetzt erst setzte er den Helm ab und zog die Handschuhe aus.

      Die BMW war um die Ecke geparkt, stand im Schatten des ersten und einzig separat stehenden Lagerhauses. Nach einem Abstand von etwa zwanzig Metern setzte sich eine ganze Reihe dieser Lagerhäuser bis fast zum Ende des Kais fort. Sollte die Person das Lagerhaus gleich wieder verlassen, würde sie das im toten Winkel geparkte

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