Der Sturm der Krieger. Paul D. Peters

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Der Sturm der Krieger - Paul D. Peters

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eine Wunde glänzte noch feucht und frisch, aber selbst wenn sie von Taubheit und Kälte beherrscht wurden, so bedeutete dies noch keinerlei Form von ausreichender Heilung. Am Gefährlichsten waren für ihn die schweren Bauchverletzungen. Offen klafften die Schlitze, die gerade noch so keine heraus quellenden Darmschlingen zeigten. Was seine Brüder und Schwestern noch an mit Leben verbliebenen Fleisch herunterholen konnten, wagte er sich gerade nicht vorzustellen.

      Warug spürte nicht einen Funken an verbliebener Regenerationskraft mehr in ihm. Alles war nur noch ein gleichförmiger, unbeweglicher, dumpf pulsierender Klumpen, zusammengeschnürt mit rissiger Haut, gestopft mit klammen Knochen und scheinbar zerfetzten Innereien, in dem eine Seele mit dem brechenden Rest von Stofflichkeit eingekerkert war.

      Und so dämmerte der Abend. Als er sie zum ersten Mal nach all den vielen Tagen wieder roch, bemerkte er erstaunt, dass er überhaupt noch riechen konnte.

      Er mochte nicht mehr sehen können, auch wenn er es noch einmal fast verzweifelt versuchte. Aber er konnte immer noch hören und er konnte ihren Duft in sich aufsaugen, ja das konnte er. Und er konnte träumen von ihr, im Geiste ein Bild von ihr formen. Er stellte sie sich vor, in all ihrer Schönheit, mit ihrer wundervoll blassen Haut, dem roten Haar, den grünen Augen, dem wohl geformten Leib. Er wünschte sie sich mit strahlendem Lächeln, das ihm dereinst alle Ruhe und alles Glück zu versprechen vermocht hatte, aber egal wie sehr er sich mühte mit seiner Fantasie, ihr Antlitz blieb immer traurig und ernst.

      Da wurde ihm gewahr, dass er beinahe vergessen hatte, wie stark die Sehnsucht sein konnte, so stark nach einem Anderen. Und wie sehr sie schmerzen konnte, wenn die Erfüllung so nah, so unmittelbar schien und doch so unmöglich sie zu leben.

      So trat Deva Sanara aus dem Wald der Welt heraus, so nahmen es seine Sinne wahr, ebenso erkannte er noch andere. Schwere Schritte von Brüdern, leichtere von zwei anderen Matronen, die ihre Stäbe vor sich in den Schnee aufsetzten. Sie kamen näher, mochten nun direkt unter ihm sein. Sie sprachen miteinander, aber er verstand sie kaum. Was noch an Leben in ihm war, entwich langsam und fast war er froh darüber, denn damit ging endlich ein vollkommenes Loslassen von Seele und Leib einher, was gerade so wohltuend und gerecht erschien.

      Ein Klanskrieger kletterte mit Klauen den Stamm hoch. Der silberne Nagel in seiner linken Hand wurde herausgerissen, dann der aus seiner Schulter, dann der nächste. Er hatte nur noch die Wahrnehmung von einem kurzen Ziehen irgendwo in seinem Körper, was mehr als einmal geschah. Er sank trotz Erfrierungen und Steifheit langsam nach vorne und weiter in sich zusammen, aber man hielt ihn fest, fing ihn auf. Iirgendwann glaubte er sich tatsächlich wieder auf dem Boden liegend wieder zu finden. Kalt knisterte es entlang seines gesamten Rückens. Seine Finger spürten keine Kühle mehr, aber den Widerstand der obersten Schicht der Schneedecke, die ihm gerade wie eine undurchdringliche Steinplatte vorkam.

      Er hörte die Matronen lauter sprechen, aber er verstand nicht ein Wort. Gava Meduna war jedenfalls nicht dabei. Warug versuchte Sanaras Stimme herauszuhören, aber es gelang ihm nicht und irgendwann fiel ihm auf, dass sie tatsächlich nichts zu ihm sagte oder gar überhaupt nicht sprach. Ihr Schweigen gegenüber ihm war gewiss eine weitere, schreckliche Strafe, die allein ihm und seiner Sünde gebührte.

      Die Zauberinnen des Zirkels begannen ihr heilendes Werk. Er nahm die Bewegungen ihrer Arme und Hände wahr, ihrer Stäbe über ihm. Und dann wollte alles Leben wieder in ihn kehren, plötzlich und schmerzhaft. Er stöhnte laut auf, zitterte und warf den Kopf von links nach rechts. Da war sie wieder, die berstende Regenerationskraft eines Werkriegers, die von den tiefsten Innereien herauf stürmte und jeden Nerv, jeden Knochen, jeden Muskel und jede Faser seines Körpers gänzlich zu erfassen begann. Doch ehe alles zu viel wurde, war da allein Entspannung und Ruhe in ihm. Sie stabilisierten seinen Zustand, hatten ihn vorerst versorgt und eine erste Heilung vollzogen.

      Warug wurde auf eine hölzerne Trage gelegt, dann wurde er mit dicken Fellen bedeckt. Er nahm wahr, wie er hochgehoben wurde, doch für einen Moment hielten sie noch inne, seine Brüder.

      Dann war Sanaras Gesicht direkt über dem Seinen. Tatsächlich spürte er sogar Strähnen ihres Haars auf seinen Wangen. So sehr wünschte er sich genau jetzt, dass sich ihre Blicke begegnen konnten, aber sein verbliebenes Auge wollte sich einfach nicht öffnen, egal wie sehr er sich auch anstrengte. Er hoffte so sehr, dass sie ihm nun ein gutes Wort ins Ohr flüstern würde, aber sie tat es nicht. Da spürte er ihren Daumen, der mit einem Gemengsel aus Blut und Erde eine Symbol auf seine Stirn malte: eine Rune der Genesung.

      Und dann tat sie noch etwas, das er nicht erwartet hatte: Sanara streichelte ihn mit sanfter Geste am Kopf. Er glaubte ihren traurigen Blick dabei zu spüren. Er glaubte ein überraschtes Schnauben einer alten Matrone zu hören und vielleicht das Knurren eines Bruders. Mit mehr als einer Erinnerung an die Barmherzigkeit seiner Begleiterin von Einst und mit diesem Moment des dankbaren Glücks schlief er ein und Warug Gottschlächter sollte so bald nicht mehr erwachen.

      Kapitel 3: HEILUNG IN DUNKELHEIT

      „Es war nicht Gorond, der nach euch geschickt hat“, hörte Warug die Erzmatrone sagen. „Ich war es.“

      Der Werwolf reagierte vorerst fast geschockt und ungläubig. Aber außer, dass er den Kopf in die Richtung ihrer Stimme drehen konnte und ihm ein kurzes Aufstöhnen entkam, vermochte er nicht viel mehr an Reaktion auf diese Offenbarung Gava Medunas.

      Es war nun fast eine Woche her, dass der Gottschlächter vom Baum der Anklage herab genommen worden war um sodann in einen eigens vorbereiteten Raum unter dem Tempel von Sonne und Mond gebettet zu werden. Dämmriges Licht durch Geisterfeuer und vereinzelte Kerzen. Mit Kreide aufgemalte Runen und Symbole an allen Wänden, an der Decke und am Boden. Amulette in verschiedensten Formen und Größen hingen von oben herab. Manchmal stießen sie aneinander und die Kristalle ertönten kurz mit sanftem Klingen. Warug lag auf einem großen Bett inmitten, von dicken Fellen eingehüllt. Dies war die Kammer der Heilung, in der nur jene ruhten, die besonders schwere und extreme Verletzungen hatten und die viele Wochen oder gar Monate hier verharren mussten um so gut wie irgend möglich zu gesunden.

      Tatsächlich heilte er gut. Und es gab sogar Hoffnung darauf, dass er vielleicht sogar wieder sprechen, in jedem Fall aber wieder mit beiden Augen sehen können würde. Täglich vollführten die Matronen mehrstündige Rituale, die jede noch so geringe, aber natürlich in erster Linie die besonders schweren Verletzungen genesen sollten. Bald würde er wieder über die volle Regenerationskraft und Stärke eines Werkriegers verfügen. Neben besonderen Zaubern und vielen aufgemalten Runen auf seiner Haut war es aber nicht zuletzt das wohl erlernte und gewissenhaft ausgeführte Handwerk der Heilkunst, welches mit Wasser und Feuer, sowie einer Vielzahl von Kräutern, Tränken, Verbänden und ebenso Nadel und Faden ihre Wirkung tat.

      Die Erzmatrone war die Erste, die überhaupt länger mit ihm sprach. Allen Werwölfen oder gar irgendwelchen einfachen Sterblichen war der Zugang in diese Kammer ohnehin verboten worden. Lediglich die oberste Heilerin Adeina Melithandra hatte ihn nach Verletzungen gefragt und mit Worten überprüft, ob er überhaupt noch bei Verstand gewesen sei. Sein Geist hatte sehr viel durchlitten, aber kein Wahn hatte ihn befallen. Tatsächlich war er gerade jetzt bei klarstem Verstand. Warug sah sie aber nicht, da abgesehen vom Großteil seines Körpers auch die Augen verbunden waren.

      „Ich weiß ihr versteht mich gut“, setzte Gava Meduna nach einer ganzen Weile fort. „Und ihr werdet als Stummer ein guter Zuhörer sein. Beste Dienste der Gesundung leisten meine Schwestern an euch. Wieder müsst ihr uns dankbar sein.“

      Sie saß ihm nur halb zugewandt auf einem kleinen Schemel. Die Ermatrone trug ihr silbrig-weißes Haar offen und hatte sich in ein Wollkleid von grüner Farbe gehüllt. Ihren Stab oder sonstige Insignien von Macht brauchte sie gerade in dieser Kammer nicht. Sie fühlte sich wohl hier, zu Hause, hier im Tempel,

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