Der Sturm der Krieger. Paul D. Peters

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Der Sturm der Krieger - Paul D. Peters

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Macht lag schützend über dem Wald der Welt, und ebenso über den freien Marken Dalrida und Kecht, dort wo unser verbündetes Volk der Kelltonen noch immer ungebrochen an ihn glauben. Jemand wird ihnen bald erzählen müssen, dass ihr Gott tot ist.“

      Warugs Lippen wurden schmal. Er spürte einen stechenden Schmerz auf seinem Rücken.

      „Wer wird entscheiden, wie für sie den Alten Glauben ohne Gorond weiter leben sollen?“, fragte Brander nach.

      „Das Allthing entscheidet es“, sagte sie. „Für manche mag es nur eine unwesentliche religiöse Problematik am Rande sein und wahrlich Wichtigeres gilt es zu entscheiden, aber gerade in den okkupierten und freien Stammlanden nördlich des Klanreviers wurde der Wolfsgott sehr verehrt. Einige von ihnen haben sich auch freudvoll als Menschenopfer dargeboten, als es darum ging, seinen Geist und seinen Leib vor weiterem Verfall zu bewahren. Letztlich waren diese Opfer wohl umsonst.“

      Sanara senkte den Kopf. Es tat ihr wahrlich leid, dass es soweit gekommen war. Warug erinnerte sich an die Schreie eines Menschenopfers, die aus der Höhle Goronds heraus ertönt waren, als die gläubigen Sterblichen zu seiner Fütterung hinein marschiert waren.

      Zuerst hörte es Warug. Die Ohren eines Werwolfs vernahmen es schneller und lauter, demnach entging es Brander mit seinen verbesserten Sinnen ebenso wenig. Aufgeregte Stimmen von draußen. Schnelle Schritte im Schnee. Lautes Heulen. Etwas musste passiert sein und der Aufruhr auf der Hainstatt verhieß nichts Gutes.

      Ein Blutfolger kam mit Kälte und Schneeflocken herein gestürmt, beinahe wäre er gestolpert und längs zu Boden gefallen. Eigentlich durfte der Halbwüchsige nicht so einfach und ohne Erlaubnis eine Behausung der Matronen betreten, aber offensichtlich ging es um etwas von äußerster Dringlichkeit. Zudem wirkte er so, als hätte ihn niemand geschickt, sondern in aller Aufregung verbreitete er eilig die Botschaft, die ihm zu Ohren gekommen war. Keuchend und mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf die drei Erwachten, die ihre Köpfe zu ihm hin gewandt hatten.

      „Krieg!“, schrie er gänzlich unvermittelt.

      „Was?“, fragte Warug so streng wie überrascht.

      Sanara sprang auf. Brander erhob sich mit Warug.

      „Krieg!“, schrie der junge Mann erneut. „Die Skrael greifen an! Der Lange Wall wird attackiert. Es ist soweit! Der Feind marschiert gegen das östliche Königreich der Menschen!“

      Dann stürmte er so plötzlich hinaus, wie er hinein gekommen war.

      Das Thing der Werwölfe war mit aller größtmöglicher Eile einberufen worden. Keiner der verantwortlichen Führer von Klan und Zirkel hielten sich mit Ritualen oder Formalitäten länger auf, als es im Mindesten erforderlich war. Die Matronen entsandten ihre Botschaften durch das Geisterreich noch in derselben Stunde, da vom Angriff der Skrael berichtet worden war. Die besten Heuler wurden entsandt, auf dass sie mit eilender Pfote und lautem Ruf alle im Revier und an dessen Grenzen ehe baldigst informierten. So schnell ging alles vonstatten, sodass man schließlich nicht einmal darauf gewartet hatte, dass die Rudel aus der Ferne, wie aus dem Lande Korgard oder im tiefen Weltschatten, rechtzeitig eintreffen konnten.

      Nach nicht einmal einer Stunde war die Wahl zum Magnor entschieden und mit dem klaren Licht des frühen Nachmittags war der erste Abschnitt der gemeinsamen Tagung bereits erledigt. Zu Ungereimtheiten kam es dabei nicht, aber auffällig blieb eine Minderheit, die zuerst den chancenlosen Kandidaten Swikull Grimmbringer aufstellen wollte und sich dann gänzlich ihrer Stimme enthielt. Wie von vielen erwartet und auch von der Mehrheit erhofft, wurde es Velric Sigthunson Eisheuler, der mit gebührendem Dank annahm und vom Hohesitz des Magnors herab die beste Rede seines Lebens hielt. Das Brüllen der Wölfe heulte mit seinen abschließenden Worten über den gesamten Hain hinweg und hallte weit hinein in die Tiefe des Forstes.

      Dann wurde von einem Ausrufer und Botenläufer, der sich zuvor mit einer kleinen Delegation von Werraben im Norden des Waldes getroffen hatte, offiziell verkündet, dass die Schnabelbrut, angeführt von den Harpyiengötzen und im Bunde mit Schwarzen Drachen gegen das östliche Königreich Talarun gezogen war. Sein vorläufiger Kriegsbericht offenbarte alle soweit bekannten Details. Neben der geflügelten Garde und mutierten Abscheulichkeiten waren sogar Hexer in den Reihen des Heereswurms erblickt worden. Noch hatten sich nicht alle herbei marschierenden Kontingente und Kolonnen des Feindes zu einer massierten Streitmacht zusammengefunden. Noch hielt der Lange Wall, der dereinst in der Zeit der Letzten Allianz errichtet und durch Zauber verstärkt worden war, den ersten Attacken stand, aber es war lediglich eine Frage von Wochen oder wenigen Monaten, bis dieser brechen und die Schnabelbrut in einer so großen Zahl wie nie zuvor über das Königreich herfallen würde. Noch war die Moral der gepanzerten Ritter, der Militärsoldaten und der Söldner hoch, denn auch das Banner der Kirche wehte mit ihnen und die entsandten Kontingente von Kampfpriestern spien ihre weißen Zauber auf den Feind. Trotz mehrerer offizieller Bittgesuche wurden aber keinerlei Hilfstruppen vom westlichen Königreich Avandor entsandt, wie es angesichts dieser schrecklichen Bedrohung zu erwarten gewesen wäre. Bald schon würde die Belagerung mit voller Heeresstärke an ganz gezielt gewählten Stellen des Langen Walls beginnen und die gesamte, berstende Wucht der Lakaien des Untergangs würde dann gegen die wichtigste Abwehrlinie der Königreiche der nördlichen Welt prallen. Wenigstens die Schwarzen Drachen wurden vorerst noch zurückgehalten und die mächtigen Harpyiengötzen beobachteten das Geschehen bisher bloß aus weiter Ferne.

      Für das Wilde Heer und seine Götter war gänzlich klar: wenn erst die Reiche der Menschen fielen, so zog der Sturm schnell weiter gegen die Reviere aller Klans. Am Rande des Waldes der Keiler, dessen Ausläufer im Osten bis an die Suwanische Steppe heranreichten, und im letzten verbliebenen Stammesgebiet der Inu Suwasi gab es bereits erste Geplänkel mit kleineren Verbänden der Schnabelbrut, die natürlich allesamt gänzlich vernichtet worden waren, aber deren bloßes Auftreten deutete auf eine gesteigerte Dreistigkeit des Feindes hin. Gegen Korgard zogen noch keine Truppen der Skrael, denn dies würde für sie eine weitere Front bedeuten und vorerst strategisch keinen Sinn ergeben. Der Große Vater Bär brüllte laut und befahl seinen Werkriegern bereits Attacken im Hinterland um wenigstens die Versorgungslinien zu unterbinden und vorerst zurück bleibende Reserveeinheiten zu schwächen. Klan Rabe sorgte vom Gebirge des Ehernen Rückens hinauf eilend für Unterstützung aus der Luft. Die mehr als eigensinnigen Werflederbiester machten zwar von ihren Höhlen im Nordosten aus bereits Jagd auf die Brut, doch ohne jegliche Absprache mit ihren Bruderklans. Noch zeigte sich aber natürlich kein Soldat und kein Gott des Wilden Heeres offen vor den Augen der Menschen, denn nach wie vor galt des Gebot des Verhüllens und dies hieß auch vorerst, dass es keinen Großangriff auf die Legionen der Skrael geben würde.

      Als ein einzelner Werwolf unvermittelt alle Brüder dazu aufrief vereinigt und mit eiliger Klaue gegen die Schnabelbrut zu ziehen, bekam er sofort die Antwort durch einen wilden Chor. Das Heulen über den Hain hinweg hätte nicht lauter sein können und übetraf noch den Jubel nach der ersten Rede Sigthunsons. Tatsächlich fiel dabei ein guter Teil der Schneedecke, die auf dem Tempel lag, krachend und knarzend herunter. Manche hielten dies für ein gutes Omen, andere lachten einfach darüber.

      Zu jener Stunde des Things schien die lähmende Melancholie, die nach Wut und Trauer so lange vorgeherrscht hatte, zum ersten Mal fast gänzlich verschwunden. Die Kriegslust war groß und sollte sich noch steigern. Dafür waren sie geboren worden und kein Klan hatte mehr Grund und Antrieb, sich in die erste Reihe zu werfen und im eigenen Blut freudvoll zu vergehen.

      So schrien sie alle: „Für den Allvater! Für Gorond!“

      Er mochte tot und vernichtet sein, aber durch ihn waren sie geboren worden und seit mehr als einem Zeitalter geleitet worden. Sein Blut floss in all ihren Adern. Seine Kinder waren sie für immer. Dies alles konnten sie niemals vergessen.

      Warugs Tätowierung auf dem

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